Kaum ein Fahrer dominierte die Königsklasse der Motorrad-Weltmeisterschaft so wie Mick Doohan. Fünf Mal en suite holte er sich den 500ccm-Titel zwischen 1994 und 1998. Eine derartig Erfolgsserie gelang außer ihm bislang nur Giacomo Agostini und Valentino Rossi. Doohan fuhr alle seine Siege für Honda ein. Der Australier und seine NSR500 war eine beinahe unschlagbares Gespann.

Gut zwei Jahrzehnte später findet sich Honda in einer der massivsten Krisen seiner Geschichte im Motorradsport wieder. 2022 gelangen gerade einmal zwei Podiumsplatzierungen. Kein HRC-Fahrer konnte einen Sieg einfahren. Honda landete auf dem letzten Rang der Konstrukteursweltmeisterschaft. "Es war eine enttäuschende Saison von Honda. Sie sind vom Weg abgekommen", analysiert Doohan im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Doohan und Marc Marquez: Elf WM-Titel für Honda, Foto: Honda
Doohan und Marc Marquez: Elf WM-Titel für Honda, Foto: Honda

Die Lösung der Honda-Probleme liegt für 'Quick Mick' auf der Hand: "Meiner Meinung nach müssen sie sich wieder auf die Mentalität besinnen, die geherrscht hat, als Soichiro Honda oder seine direkten Nachfolger am Ruder waren. Seither gab es viele Personalwechsel und man hat vergessen, wieso man bei Honda eigentlich einst Rennsport betrieben hat - und zwar um zu jedem Preis zu siegen!"

Firmengründer Soichiro Honda verstarb 1991 während Doohans dritter 500ccm-Saison. Aus dem Unternehmen zurückgezogen hatte er sich bereits 1973, doch der Arbeitsethos des Self-Made-Mannes wirkte noch lange nach. "Das war der Grund, warum ich so lange bei Honda geblieben bin. Ich habe immer mal wieder mit anderen Herstellern wie Yamaha oder Suzuki gesprochen, aber diese Hingabe für den Rennsport konnte ich einfach bei keiner anderen Marke erkennen", verrät Doohan, der Honda bis zu seinem verletzungsbedingten Karriereende 1999 treu blieb. "Da ging es gar nicht um finanzielle Dinge. Honda hat damals alles gemacht und sehr hart gearbeitet, um an der Spitze zu bleiben. Jetzt scheint es eher eine 'Mehr können wir nicht tun'-Mentalität zu sein. Sie arbeiten nicht richtig. Es scheint, als würden sie sich zu leicht verunsichern lassen, anstatt sich wirklich auf das zu konzentrieren, was sie in Zukunft für das Motorrad brauchen."

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Für das kommende MotoGP-Jahr hegt Doohan keine großen Hoffnungen, nachdem die Wintertestfahrten in Valencia für Honda bereits ernüchternd verlaufen waren. "Ich denke, dass 2023 ein weiteres hartes Jahr für sie wird. Hoffentlich gibt es dann einen echten Neustart und sie können 2024 mit einer neuen Maschine wieder richtig durchstarten. Das wird auch wichtig sein, um Marc Marquez zu halten", verweist Doohan auf den dann auslaufenden Vertrag des Honda-Superstars.