Jorge, der letzte Wintertest steht unmittelbar bevor. Bist du mit der Arbeit der Yamaha-Ingenieure bisher zufrieden?
Jorge Lorenzo: Ja, die Ingenieure in Japan haben einen großartigen Job erledigt, besonders beim neuen Chassis. Dieses gibt mir am Kurvenausgang mehr Kontrolle. Unser Hauptziel ist nun die Verbesserung des Motors, da fehlt uns noch etwas um noch schneller zu werden.

Was fehlt der M1 noch, um ein perfektes Motorrad zu werden?
Jorge Lorenzo: Der Motor ist vermutlich der größte Schwachpunkt. Schritt für Schritt probieren wir dort neue Dinge aus, damit wir hoffentlich eine bessere Beschleunigung aus den Kurven hinbekommen. In diesem Punkt verlieren wir ein bisschen auf die Konkurrenz. Aber verglichen zu 2011 stehen wir besser da.

Die Saison dürfte spannend werden. Wie denkst du über deine drei Hauptrivalen, über Valentino, Dani und Marc?
Jorge Lorenzo: Sie sind alle starke Piloten mit viel Erfahrung und einigen WM-Titeln am Konto. Valentino ist mit neun Erfolgen und über hundert Siegen ein starker und kompletter Fahrer. Und im Rennen kann er seine Strategie blitzschnell ändern. Pedrosa ist schnell, nicht nur auf eine Runde, sondern mittlerweile auch über eine gesamte Renndistanz. Marquez kommt mit viel Energie und sehr aggressiv aus der Moto2. Er hat alles, was es braucht, um in der MotoGP von Beginn an konkurrenzfähig zu sein.

Wie sehr unterscheidet sich der aktuelle Jorge Lorenzo als zweifacher Weltmeister von jenem von Ende 2010?
Jorge Lorenzo: Es sind ja nur zwei Jahre seither vergangen. Da verändert sich eine Person nicht so gravierend. 2010 hatte ich als Fahrer eine nahezu perfekte Saison, in der ich auch den Punkterekord knackte. Damals gab mir aber mein Motorrad einen großen Vorteil gegenüber meinen Gegnern. Letztes Jahr hatte ich diesen Vorteil nicht, weshalb die Saison um einiges härter war. Gottseidank habe ich einen kühlen Kopf behalten, wenn die Situation schwierig wurde.

Nach deinem ersten WM-Titel hattest du die Nummer eins am Motorrad. Wieso diesmal nicht?
Jorge Lorenzo: Damals brannte ich richtig darauf, sie zu ändern, weil ich sie ja zum ersten Mal auf einer MotoGP-Maschine tragen durfte. Am Ende hat es mir aber kein Glück gebracht, auch wenn ich Zweiter in der WM wurde. Mit der 99 habe ich aber zwei Titel eingefahren und die Fans kennen diese als meine Nummer Deshalb habe ich sie diesmal beibehalten.

Solltest du in diesem Jahr die WM gewinnen, würdest du mit Wayne Rainey gleichziehen. Bedeutet dir das etwas?
Jorge Lorenzo: Wayne ist eine Legende und jeder Titel, dem ich ihm näher komme, ist eine große Ehre für mich. Er ist ein guter Freund von mir und seine Marke einzustellen wäre ein Traum!

Wie sieht deine aktuelle Beziehung zu Valentino aus? Spornt dich sein Comeback an oder hindert es dich?
Jorge Lorenzo: Unsere Beziehung ist besser als vor drei Jahren. Wir sind älter und ich bin reifer, als damals, wie ich als 20-Jähriger in die MotoGP gekommen bin. Wir müssen keine Freunde sein, da Motorradsport nicht Fußball oder Basketball ist. Aber eine gute Beziehung ist trotzdem besser für das Team und uns. Wir werden versuchen, ruhig zu bleiben und gemeinsam an einem Strang zu ziehen.

Was bringt Valentinos Comeback dem Team und dem Motorrad?
Jorge Lorenzo: So ein erfahrener Pilot wie Valentino, mit all seinem Gefühl, bringt den Ingenieuren bei Yamaha und mir gute Vergleichswerte für Dinge, die ich auf der Strecke fühle. Wenn zwei Fahrer unterschiedliches Feedback um selben Material geben, ist es schwer in eine Richtung zu entwickeln. In Sepang hatten wir die gleichen Vorschläge und das macht uns sicher, dass wir in die richtige Richtung arbeiten.

Casey Stoner hat sich verabschiedet, Marc Marquez ist dafür aufgestiegen. Wen siehst du als gefährlichsten Rivalen um den Titel?
Jorge Lorenzo: Das ist schwierig vorherzusagen. Ich weiß nicht, was passieren wird und vielleich sind die anderen ja schneller als ich. Dani, Valentino, Marc und ich sind die Favoriten, aber es kann alles passieren. Es ist wichtig, schon bei den Wintertests gut zu arbeiten um bestmöglich vorbereitet in die neue Saison zu starten.

Bis auf Valentino wir es also eine spanische Angelegenheit um den Titel. Wie wichtig ist es dir, am Ende bester Vertreter deines Landes zu sein?
Jorge Lorenzo: Fahrer aus demselben Land haben immer eine besondere Rivalität. Wir wollen alle der beste Spanier werden, das ist wie eine eigene Liga innerhalb der Meisterschaft. Das macht unser Leben aber auch schwieriger.

Hat dich deine Vertragsverlängerung um zwei Jahre zusätzlich motiviert?
Jorge Lorenzo: Mehr als Motivation! Die Unterschrift gibt mir die nötige Ruhe, die ich brauche, um mich auf die Meisterschaft zu konzentrieren.

Vor kurzem war zu lesen, dass du über ein Karriereende nachdenkst. Ist dem so?
Jorge Lorenzo: Ich weiß nicht, warum das geschrieben wurde. Ich will die MotoGP so lange wie möglich genießen. Ich habe zwar nur für zwei Jahre bei Yamaha uterschrieben, würde aber gerne noch viel länger bleiben. Ich habe - so ich von Verletzungen verschont bleibe - hoffentlich noch viele Jahre vor mir.