Casey Stoner ist der erfolgreichsten Fahrer in der 800cc-Ära, denn seit die Kategorie in Katar 2007 eingeführt wurde, wo Stoner gleich seinen ersten Sieg in der Königsklasse feierte, holte er insgesamt 27 Triumphe. Die Meisten in einer Saison in seinem Weltmeisterjahr 2007, als er zehn Mal ganz oben auf dem Podest stehen konnte.

Der 25-Jährige Australier legte einen ausgezeichneten Start in die Saison 2011 hin und konnte bereits einige Siege sammeln. In den ersten acht Rennen des Jahres holte er vier Siege einen zweiten Platz und zwei dritte. Das einzige Mal, dass er die Zielflagge nicht sah, war beim Grand Prix in Jerez, wo er auf Platz zwei liegend aus dem Rennen gekegelt wurde.

Stoner wird von einigen Experten als einer der schnellsten Fahrer der Königsklasse betitelt und auch Teamkollege Andrea Dovizioso teilt diese Meinung. Doch die 800cc-Ära geht auf ihr Ende zu, welche Möglichkeiten wird der Australier also dann mit den 1000cc-Maschinen haben?

Casey Stoner ist mit 27 Siegen der Spitzenreiter in der 800cc-Wertung, Foto: Ducati
Casey Stoner ist mit 27 Siegen der Spitzenreiter in der 800cc-Wertung, Foto: Ducati

Kannst Du uns anhand einer Kurve erklären was der Unterschied zwischen einer 800cc Repsol Honda RC212V und der Maschine vom kommenden Jahr ist?
Casey Stoner: "Das ist nicht einfach zu erklären, denn es gibt keine zwei Kurven die exakt gleich sind. Ich gehe eine Kurve so an wie sie verlangt gefahren zu werden und vielleicht ist das der Unterschied zwischen mir und anderen Fahrern. Kurven sind immer unterschiedlich zusammengesetzt, du hast verschiedene Beläge in den einzelnen Bereichen und daher ist die eigentliche Ideallinie nicht immer auch die wirkliche Ideallinie. Du musst dich also anpassen und sehen wo es passt und wo nicht. Mit der 1000cc wird man vielleicht nicht mehr so abhängig von diesen Gegebenheiten sein, denn man kann es mit etwas mehr Power einfach ausgleichen. Gleichzeitig wird man sich aber mehr auf den Kurvenausgang konzentrieren müssen und auch der Kurveneingang wird wichtig sein, aber nicht wie und auf welcher Linie du durch kommst. Das wird den Fahrstil einiger Fahrer verändern."

Wird das auch den Rennverlauf beeinflussen?
Casey Stoner: "Ja und nein. Ich bin mir da noch nicht sicher. Wenn wir die 1000cc von früher nehmen, und den Beginn der 800cc, als es noch das Duell der Reifenhersteller gab, mit einigen tollen Überholmanövern und Rennen, dann denke ich die 1000cc die kommt, wird im Vergleich nicht so viel anders sein. Wir haben die 1000cc getestet, ich wechselte von 800 auf die Neue und da war kein großer Unterschied. Der größte Unterschied sind die höheren Gänge. Wenn du mit einer 800cc im vierten, fünften Gang bist, dann musst du schon ziemlich auf der Kante fahren damit die Räder durchdrehen, aber bei der 1000er geht es auch dann noch, selbst wenn du sie aufrichtest. Im Nassen wird das auch noch einmal anders sein. Mit der 1000cc wird man Wheelies in viel mehr Gängen vermeiden müssen, eigentlich in allen, also werden wir es mehr kontrollieren müssen. Auf der anderen Seite werden sich die Fahrer auch anpassen, die Leute die an der Spitze fahren, sind ja nicht ohne Grund da vorn."

Tausche Professionalität gegen Überholmanöver

Einige Fahrer glauben durch mehr Drehzahl kann man auch in der Kurve überholen und dass sich die Bremspunkte verschieben werden, weil man einen höheren Top-Speed hat. Bedeutet das mehr Überholmanöver?
Casey Stoner: "Ich glaube nicht, dass es an den Maschinen liegt das weniger überholt wird. Ich denke es liegt daran dass der Sport professioneller geworden ist und die Fahrer versuchen alle Fehler zu vermeiden. Jeder von uns muss wie blöd trainieren, damit wir diese Maschinen fahren dürfen. Früher, also ganz Früher, da wurde geraucht bevor es in die Startaufstellung ging und nach dem Rennen war keiner müde. Die Maschinen heute verlangen dir sehr viel ab und ich glaube, dass die Fahrer heute, im Vergleich zu Früher auf einem höheren Level sind, denn jeder weiß was er zu tun hat. Also sehen wir auch weniger Fahrer die zu weit raus fahren und sich innen vorbei quetschen wollen. Sie bleiben auf ihrer Linie, sie treffen die Punkte genau. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern."

"Dani zum Beispiel, schafft es mich auszubeschleunigen, obwohl wir die gleiche Maschine fahren, einfach nur, weil er anders fährt als ich. Das ist seine Stärke, aber er hat auch eine Schwäche. Es gibt so unterschiedliche Fahrstile, Techniken die man anwenden kann, das Rennfahren wird sich stetig und immer weiterentwickeln. Auch im MotoCross sieht man nicht mehr viele Überholmanöver. Es scheint nur noch in eine Richtung zu gehen. Wenn du jemanden überholen willst musst du wagen eine Linie zu fahren die andere nicht nehmen, die unerwartet ist oder zuvor noch keiner probiert hat. Das ist aber ein Risiko. Es werden junge Leute kommen und sie werden Aktionen durchziehen, die wir uns nicht hätten vorstellen können - und so geht immer weiter."

Mehr Lachen, mehr Scherze und Top-Ergebnisse - Stoner fühlt sich wohl bei Honda, Foto: Red Bull
Mehr Lachen, mehr Scherze und Top-Ergebnisse - Stoner fühlt sich wohl bei Honda, Foto: Red Bull

Von Stärken und Schwächen

Wie ist die 1000cc im Vergleich zur 990cc von 2006?
Casey Stoner: "Nicht viel anders. Man nimmt die Geschwindigkeit auf der Geraden mehr mit, man kann in einem höheren Gang fahren, denn man hat mehr Drehzahl. Also kann man auch beim Fahren ein bisschen mehr variieren und mit den Gangübersetzungen ein bisschen mehr herumspielen, aber es ist nicht viel anders, als das was ich schon kannte."

Du scheinst früher beschleunigen zu können als die meisten Fahrer. In Katar ist das aufgefallen. Gehört das zu Deinen Stärken?
Casey Stoner: "Ich habe keine Ahnung. Das weißt du nicht, außer wenn man die Daten anschaut, dann siehst du Stärken und Schwächen im Vergleich zu anderen Leuten. Ich sehe mir nur sehr selten Daten an, außer das Team sagt mir, dass ich an der ein oder anderen Stelle etwas verbessern kann. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich nicht weiß wo ich die Zeit verliere, dann zeigen sie es mir, aber das kommt äußerst selten vor. Ich weiß meistens auch so wo ich mich verbessern muss. In Kurve eins in Katar zum Beispiel, dort bin ich normalerweise gut unterwegs. Seit ich bei Honda bin habe ich mehr Feedback als noch bei Ducati, ich fühlte mich besser und ich konnte früher aufs Gas gehen. Das hat mir mehr geholfen als die weite Linie zu nehmen und dadurch war ich schneller."

Andere Fahrer glauben Du fährst schneller in eine Kurve. Hast Du das Gefühl die Front der Honda erlaubt Dir das einfach?
Casey Stoner: "Mit der Honda habe ich mehr Vertrauen in die Front, nicht immer, aber wenn wir es einmal hin bekommen, dann können wir sie einschätzen. Wenn sie weggeht dann bist du meist gut vorgewarnt. Das Chassis verhält sich dann anders und du merkst, dass du die Front verlierst und kannst dich zurücknehmen. Das ist eine angenehme Abwechslung auf der Honda und in die Kurven hinein kann ich nun mehr Druck machen. Die Kurveneinfahrt war eigentlich eine meiner Schwachstellen, in meinem ersten MotoGP-Jahr in der 250cc und 125cc war meine Kurveneinfahrt miserabel - jetzt ist es eine starke Seite. Ich habe versucht mich in vielen Bereichen zu verbessern, die lange nicht perfekt waren. Ich glaube als Fahrer ist es das Beste wenn du deine Schwächen erkennst und sie eingestehst und dann versuchst du daran zu arbeiten, anstelle es auf die Ausrüstung zu schieben."

Woran arbeitest Du also derzeit?
Casey Stoner: "Das variiert von Rennen zu Rennen und Wochenende zu Wochenende. Wenn du merkst, dass du in einem Bereich zu kämpfen hast, dann musst du daran arbeiten. Kurve für Kurve ist das auf jeder Strecke unterschiedlich. Das Bremsen war eine meiner Schwachstellen, eine der größten im Vergleich zu anderen Mängeln. Also habe ich mich darauf konzentriert das richtige Setup zu finden und ein besseres Gefühl dafür zu bekommen und nun ist es eine Stärke. Mittlerweile habe ich keine große Schwachstelle mehr, also muss ich in vielen Bereichen kleine Dinge verbessern und die perfekte Balance finden."

Die Lieblingsstrecke

Phillip Island ist Deine Lieblingsstrecke..
Casey Stoner: "Sie ist ähnlich wie Mugello oder auch Brünn, wirklich. Turn 1 mag ich nicht besonders, wegen der Bodenwellen, aber der Rest der Strecke ist ganz gut und sie ist flüssig und es geht bergauf und bergab. Mit einer MotoGP-Maschine kannst du volles Rohr fahren, das gibt es heute nicht mehr sehr oft. Mit der 125cc war es mir zu langweilig, auch noch mit der 250cc, da ist einfach nichts passiert. Mit der MotoGP kannst du Vollgas geben und dass macht die Sache reizvoll für mich. Durch einige Kurven kannst du mit viel Speed fahren, es macht viel Spaß."

Andrea dachte Eure Fahrstile währen sehr ähnlich, aber sie sind komplett unterschiedlich..
Casey Stoner: "Ich versuche nie mir auch nur vorzustellen, dass zwei Fahrer gleich fahren. Jeder hat seine eigene Technik und seinen eigenen Weg schnell zu sein. Jeder hat sein eigenes Potential und das sollte jeweils genutzt und ausgereizt werden. Der natürliche Speed den jeder hat, der sollte genutzt werden, nicht etwas, dass du dir erst aneignen musst und wo du drüber nachdenken musst. Wenn man sich fragt 'welches Setup fährt der andere? Ich will das auch', das wird nicht funktionieren. Man muss grundlegend sein eigenes Setup finden, deshalb schauen wir nicht auf das der anderen. Ich studiere keine Setup-Datenblätter, denn jeder Fahrer tickt einfach anders. Man muss seinen eigenen Weg finden."

Wenn Ihr so unterschiedlich fahrt, ist es dann nicht schwer ein Grundpaket für eine neue Maschine zu entwickeln?
Casey Stoner: "Ich glaube eigentlich dass das ein Vorteil ist wenn mehr Leute eine Maschine testen. Ich glaube nicht, dass es richtig ist eine Maschine nur für sich zu entwickeln, denn wenn man eine Schwäche hat, dann fließt diese in die Maschine mit ein. Man hat dann kein gutes Gesamtpaket. Ich glaube wenn mehr Leute eine Maschine testen dann gibt es mehr Informationen mit denen man arbeiten kann. Der eine Fahrer ist dort stärker, der andere hier und das alles zusammen genommen ergibt etwas Gutes. Wenn man das einmal hat und die Balance stimmt, dann kann jeder Fahrer für sich das Setup und die Geometrie passend einstellen. Zuerst einmal geht es um das Chassis, wie es sich anfühlt und die Position. Mehr Daten und verschiedene Richtungen zu haben ist meiner Auffassung nach der bessere Weg."