Deutschland gegen Holland - das große Duell auf dem Fußballplatz, welches Jahr für Jahr die Massen elektrisiert, scheint nun auf den Rennstrecken der Welt eine Fortsetzung zu finden. Wir erinnern uns: der Grundstein aller Anfeindungen wurde bei der Weltmeisterschaft 1974 gelegt, als Gerd Müller die deutsche Elf zum Titel schoss. Kurz zuvor tauchten Bilder auf, die einige der holländischen Spieler mit fremden Frauen zeigten - im Pool. Damals ein großer Skandal in den niederländischen Medien. Die Revanche folgte später. Deutschen Spielern wurde der "tierische Tod" gewünscht und mit Trikots von anderen wurde sich der Hintern abgewischt. Unvergessener Höhepunkt war mit Sicherheit die Spuckattacke von Frank Rijkaard im WM-Achtelfinale 1990 gegen Rudi Völler.

MFG - Mit freundlichen Grüßen, Foto: A1GP
MFG - Mit freundlichen Grüßen, Foto: A1GP

Auch am Sonntag waren genügend Emotionen im Spiel, immerhin reichte es für einen netten Autofahrergruß und jede Menge Anschuldigungen. Die beiden A1 Grand Prix Piloten Jeroen Bleekemolen und Michael Ammermüller werden mit Sicherheit keine Freunde mehr, dabei ist nicht viel mehr passiert als eine kleine Kollision. Im Sprintrennen von Durban hing Ammermüller rundenlang hinter Bleekemolen fest und fand partout keinen Weg am orangenen Boliden vorbei. In Runde 14 kommt es dann zum großen Knall: Ammermüller schiebt Bleekemolen an, beide landen in der Mauer und scheiden aus. Beide behalten aber zunächst ihre Punkte, da das Rennen abgebrochen wird - also gibt es eigentlich keinen Grund zur Aufregung...

Keine fünf Minuten später steht Bleekemolen vor TV-Kameras und lässt seinem Unmut freien Lauf. Er beschreibt Ammermüller als verrückt und er würde "in seinem Leben nie wieder ein Wort mit ihm wechseln". Mit Ammermüller sei es unmöglich, Rennen zu fahren. "Es gibt 20 Fahrer, mit denen man fair fahren kann - aber mit ihm geht es nicht." Auch die Rennleitung steht auf holländischer Seite. Deutschland wird nachträglich disqualifiziert und verliert den sechsten Platz. Logisch, denn wer auffährt hat meistens Schuld - das ist sogar im Straßenverkehr so, Herr Ammermüller. "Ich weiß immer noch nicht, was er sich dabei gedacht hat", grübelte Bleekemolen nach dem Rennen weiter. "Er hat mich ein paar Mal berührt, nicht nur in der Situation wo ich mich gedreht habe, sondern schon zuvor."

"Ich habe nicht später gebremst, sondern genau an der Stelle wie zuvor", versuchte sich Ammermüller zu verteidigen. Man habe sogar die Daten bei der Rennleitung offen gelegt, um die Unschuld zu beweisen. Aber im Rennsport kann man nicht immer dann bremsen, wenn es einem gerade passt, denn man sollte die Konkurrenz im Auge behalten. Besonders, wenn deren Aussage ganz anders klingt. "Er nennt es einen Bremstest...das ist Schwachsinn, denn auf den Daten zeigt sich, dass ich später gebremst habe als sonst", so die gegnerische Partei.

"Immer wenn ich etwas mache und es ist nicht 100-prozentig korrekt, bekomme ich die schlimmste Strafe", sagte Ammermüller, der schon in Malaysia aus der Wertung genommen wurde. Auch dort wegen einer vermeidbaren Kollision. "Für mich sieht es so aus, als wenn Deutschland nicht gewinnen sollte." Steckt die A1 Grand Prix Serie jetzt mitten in einer Verschwörungstheorie? Warum soll ein Team nicht gewinnen dürfen, welches in der Meisterschaft kaum noch eine Rolle spielt? Hat Nico Hülkenberg in der Vorsaison zu viele Siege geholt?

War die Tür noch auf?, Foto: A1GP
War die Tür noch auf?, Foto: A1GP

"Wenn ich disqualifiziert werde, hätte das halbe Feld an diesem Wochenende disqualifiziert werden müssen", beschwerte sich Ammermüller bei der Rennleitung. Wer das Rennen gesehen hat, hat einige Kollisionen gesehen, die vermeidbar waren. Aber es gab auch immer Strafen, so zum Beispiel für Adam Carroll, als er Ammermüller im Hauptrennen umdrehte. Oder gegen Jonny Reid, der in der Boxengasse einen Konkurrenten über den Haufen fuhr. Doch sie bekamen nur eine Durchfahrtsstrafe - Ammermüller wurde disqualifiziert. Gibt es tatsächlich eine Verschwörung?

Mit Sicherheit nicht. Ammermüller ist bereits ein Wiederholungstäter, daher das höhere Strafmaß. Schon in Malaysia bekam er im Sprintrennen eine Zeitstrafe. In Rennen zwei drehte er einen Gegner in der gleichen Kurve um, nur um nach einer Durchfahrtsstrafe den gleichen Fehler nochmals zu begehen und ganz disqualifiziert zu werden. Damals sagte der Bayer noch: "Ich war einfach zu optimistisch."

Wir halten fest: Deutschland gegen Holland, dieses Duell hat nicht nur auf dem Rasen, sondern auch auf dem Asphalt höchste Brisanz. Die Nachbarländer schieben sich die Schuld gegenseitig in die Schuhe, keiner hat etwas gemacht. Wie im Fussball sorgen die Schiedsrichter für Recht und Ordnung, verteilen Rote Karten. Immerhin behielt "Bundestrainer" Willi Weber den Durchblick: "Klar ist derzeit nur, dass sich unsere Chancen auf eine Titelverteidigung drastisch minimiert haben." Wie dem auch sei: Ich freue mich schon auf den 16. März, wenn Deutschland und Holland erneut auflaufen...

Nachtrag am 26. Februar, 12:40 Uhr

Einer wollte nicht bis zum 16. März warten. Teamchef Willi Weber beschwert sich nochmals bei der Rennleitung über ihr angeblich fehlerhaftes Verhalten. So lauten die Worte von Weber: "Geradezu skandalös ist es allerdings, dass das Strafmaß für die sehr gravierenden Vorfälle extrem unterschiedlich ausgefallen ist." Doch was kommt jetzt noch? Gibt es noch eine Steigerung?