Zwei Menschen sind bei einer gewerblichen Testfahrt auf der Nordschleife des Nürburgrings am Mittwochnachmittag (09.08.) auf tragische Art und Weise ums Leben gekommen. Der tödliche Unfall ereignete sich im Rahmen von sogenannten Industriepool-Testfahrten, bei denen Hersteller und Zulieferer seit vielen Jahren ihre Produkte auf der anspruchsvollen, 20,832 km langen Rennstrecke testen.

Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com aus unterschiedlichen Quellen handelte es sich um einen Reifentest von Goodyear. Hinter dem Lenkrad des verunfallten Porsche saß mit dem Luxemburger Christian Franck ein erfahrener Nordschleifenkenner, Test- und Rennfahrer, der wie sein Beifahrer, bei dem es sich um einen Reifeningenieur handeln soll, für Goodyear im Einsatz war.

Laut Angaben des 'Luxemburger Wort' erzielte Franck zahlreiche Siege und Meistertitel im Kartsport sowie im Slalom und bei Berg- und Rundstreckenrennen. In der Super-Tourenwagen-Trophäe ging der 39-Jährige 2014 und 2015 sogar als Gesamtsieger hervor, später nahm er auch am 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring teil. Franck hinterlässt seine Frau und sein Kind.

"Christian hinterlässt eine Lücke im luxemburgischen Sport. Mit Leidenschaft hat er die Geschichte des luxemburgischen Motorsports geprägt, indem er zahlreiche Titel in Slalom- und Rundstreckenmeisterschaften feierte. 2008 gewann er den Volant Sportif und wurde 2015 zum Autosportler des Jahres gekürt", erinnert sich Romain Gantrel, Präsident des Automobil Club Luxemburg (ACL) Sport. "Mit Bedauern nehmen wir Abschied von einer tollen Person."

In der Pressemitteilung mit dem Titel "Auf Wiedersehen Champion" fügt der Verband hinzu, dass die Menschen, die die Gelegenheit hatten, Christian Franck kennenzulernen, ihn als "einen zugänglichen und sehr freundlichen Mann" in Erinnerung behalten werden.

Dem Duo soll nach noch nicht offiziell bestätigten Meldungen im Streckenabschnitt "Tiergarten" bei sehr hoher Geschwindigkeit ein Reifen geplatzt sein. Auch serienmäßige Porsche-Sportwagen erzielen am Ende der langen "Döttinger Höhe", die in der Tiergarten-Senke endet, eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 250 km/h. Laut Augenzeugenberichten hat sich das Test-Auto, nach Informationen von Motorsport-Magazin.com ein Porsche 911 Carrera S, mehrfach überschlagen.

Bei den beiden Toten, die offensichtlich keine Chance hatten, den schweren Unfall zu verhindern, handelt es sich um zwei im Großherzogtum Luxemburg ansässige, 39 und 44 Jahre alte Mitarbeiter des Reifenherstellers Goodyear, wie dieser der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigt hat. Dem Vernehmen nach sind die beiden Fahrer aus dem Testwagen geschleudert worden und verstarben noch an der Unfallstelle.

"Wir sind zutiefst betroffen, dass zwei in Luxemburg ansässige Goodyear-Mitarbeiter am 9. August bei einem Autounfall auf einer Teststrecke in Deutschland ums Leben kamen", teilte das Presseteam von Goodyear Germany GmbH offiziell mit. "Wir unterstützen die örtlichen Behörden bei den Ermittlungen."

Die Porsche AG bestätigte auf dpa-Nachfrage, dass die Fahrer beim Unfall mit einem Wagen der Marke unterwegs waren. Porsche bedauere den tragischen Unfall zutiefst und sei in Gedanken bei den Angehörigen, teilte eine Sprecherin mit. "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können wir lediglich bestätigen, dass es sich bei dem verunfallten Fahrzeug um ein Modell unserer Marke handelt", hieß es weiter. "Die Erprobungsfahrten wurden nicht von uns durchgeführt und wir sind weder im Besitz noch Besitzer dieses Fahrzeugs."

Nach Angaben eines Sprechers des Innenministeriums habe es sich um die Testfahrt einer Firma (Goodyear, d. Red.) gehandelt. Der Unfall sei auf einer geschlossenen gewerblichen Rennstrecke passiert, nicht im öffentlichen Verkehrsraum. Was getestet wurde, sei unklar.

Die Polizei in Adenau und die Staatsanwaltschaft Koblenz, die den schweren Unfall auf der Nordschleife untersuchen, bestätigten gegenüber Motorsport-Magazin.com, dass es bei Testfahrten zwei Tote auf dem Nürburgring gegeben hätte. Es sei ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet worden, in dem es zu klären gilt, "ob der tödliche Unfall Folge eines Verschuldens Dritter war". Ein Anfangsverdacht für ein strafbares Verhalten bestehe momentan aber nicht. Es hätte sich nicht um einen "klassischen Verkehrsunfall" im öffentlichen Verkehrsraum gehandelt. Die Veranstaltung sei geschlossen gewesen. Weitere Informationen würden erst nach Ende den laufenden Ermittlungen kommuniziert.

Laut Angaben eines Nürburgring-Sprechers seien keine weiteren Autos in den Zwischenfall involviert gewesen. "Ein an den Erprobungsfahrten teilnehmendes Fahrzeug verunfallte alleinbeteiligt im Streckenabschnitt Tiergarten", teilte der Sprecher auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com mit.

Nach dem Unfall seien sofort Rettungsmaßnahmen eingeleitet worden und die Nordschleife für weitere Test- und Touristenfahrten, bei denen Privatpersonen mit ihren eigenen Autos den berühmten Eifel-Kurs gegen eine Gebühr von 25 bis 30 Euro pro Runde und je nach Wochentag befahren können, gesperrt worden. Auch am Donnerstag ruhte der Verkehr noch, obwohl die Nordschleife wieder freigegeben worden war.

Der Nürburgring-Sprecher betonte zudem, dass bei den Erprobungsfahrten auf der Nordschleife von der teilnehmenden Industrie nur erfahrene, professionelle Testfahrer eingesetzt werden, "die über eine außerordentliche Fahrzeugbeherrschung bis in den Grenzbereich sowie über sehr gute Streckenkenntnis auf der Nürburgring-Nordschleife verfügen."

Die weltberühmte "Grüne Hölle" wird sowohl von Profis als auch von Amateuren genutzt. Bei den sehr beliebten Touristenfahrten gab es laut Polizei im vergangenen Jahr 77 Unfälle, wobei ein Mensch starb.

Der Streckenabschnitt "Tiergarten" befindet sich auf dem 19. Kilometer der 20,832 Kilometer langen Rennstrecke mit offiziell 73 Kurven. Berüchtigt ist dieser Bereich für eine Bodensenke, bevor die anschließende Hohenrain-Schikane hin zur Start/Ziel-Geraden führt.

Die 1927 eröffnete Nordschleife in der Eifel zählt zu den berühmtesten Rennstrecken der Welt. Immer wieder wurden Baumaßnahmen vorgenommen, um die Sicherheit für alle Teilnehmer auf dem kurvenreichen Naturkurs sowie auf der 1984 eröffneten Grand-Prix-Strecke zu erhöhen. Seit dem Sommer 2015 sind laut Angaben des Nürburgrings rund 26 Millionen Euro in weitere Arbeiten investiert worden. Der Nürburgring listet für diesen Zeitraum folgende Maßnahmen auf:

ZeitraumMaßnahmeKosten
2022/23-2024/254K-Streckenkameras, Glasfaser, Stromversorgung um gesamte Nordschleife, Entwicklung von KI11 Mio. Euro
2021/22Neuer Asphalt Döttinger Höhe bis Hyundai-1-Kurve, 300 Meter neuer FIA-Fangzaun zwischen Kallenhard und Wehrseifen3 Mio. Euro
2020/21Digitalisierungs-Projekt für Teile der Nordschleife, 4K-Streckenkameras & Glasfaser von Döttinger Höhe bis Hohenrain Schikane1 Mio. Euro
2019/20Neuer Asphalt AMG Arena, weitere Infrastruktur-Maßnahmen Müllenbachschleife, Neubau Rallycross-Strecke1 Mio. Euro
2018/19Umfangreiche Digitalisierung der GP-Strecke, 4K-Streckenkameras, 17 km neue Glasfaserkabel, Rundum erneuerte Race Control1,3 Mio. Euro
2017/18Neuer Asphalt Schwedenkreuz, Kallenhard, Wehrseifen & Ex-Mühle und weitere FIA-Fangzäune auf Nordschleife4 Mio. Euro
2016/17Neuer Asphalt Hatzenbach, Hohe Acht, Hedwigshöhe & Brünnchen sowie neue FIA-Fangzäune u.a. Hatzenbach & Kesselchen1 Mio. Euro
2015/16Neuer Asphalt Quiddelbacher Höhe & Flugplatz, neue FIA-Fanzäune u.a. Schwedenkreuz, Metzgesfeld, Bellof-S, Info-Tafeln an Nordschleifen-Zufahrt2 Mio. Euro
2014/15Neuer Asphalt im Bereich Eschbach, Asphaltarbeiten auf und neben GP-Strecke1 Mio. Euro