Hallo zusammen,

ich sitze gerade im Flieger zurück nach Frankfurt und mein Singapur-Wochenende liegt hinter mir. Singapur ist wirklich ein Erlebnis - eine schöne Strecke, tolle Atmosphäre, und dann das Feeling bei Nacht zu fahren oder auch der F1 zuzugucken.

Aber genau das hätte ich freitags wohl besser nicht gemacht. Zu viel TV kann schädlich sein! Wir hatten immer wieder Regenschauer - zu meiner Verwunderung ist die Strecke am frühen Abend kaum abgetrocknet. Die F1 hat sich erst ganz zum Schluss mit Slicks auf die Bahn getraut. Selbst im 2. Training waren einige Stellen immer noch nass!

Zu viel F1 geschaut

Auch unser Quali fand, wie schon das freie Training, unter nassen Bedingungen statt. Wirklich eine Herausforderung, denn die Strecke verzeiht keine Fehler - teilweise war es sehr rutschig - speziell die Fahrbahnmarkierungen hatten es in sich. Ich denke, wenn es stark regnet, dann kann das Fahren auf der Strecke, wegen der vielen Pfützen und Seen schnell ein Ende haben.

Bei mir lief alles nach "Plan" und ich konnte im Regen auf die Pole Position fahren - das bedeutet einen extra Punkt! Zu diesem Zeitpunkt waren es bereits 19 Punkte Vorsprung auf Craig Bird! Also kein Grund, ein Risiko einzugehen - bei dem Vorsprung...

Nur 80 Minuten später startete schon unser erstes Rennen! Dazwischen war die Formel BMW Asia unterwegs. Auch da trocknete die Strecke kaum ab, obwohl es nicht mehr regnete. Mit den Live-Bildern und dem Wissen aus dem Freitagstraining der F1 wollte ich kein Risiko eingehen. Ich habe mich für Regenreifen mit ganz wenig Luftdruck entschieden. Mir war das Risiko zu groß, mit Slicks in den Mauern zu landen - ich hatte doch 19 Punkte Vorsprung - da kann ich mir das doch leisten mit Regenreifen auf "Nummer sicher" zu gehen - von wegen...

Christian traf die falsche Reifenwahl, Foto: Christian Menzel
Christian traf die falsche Reifenwahl, Foto: Christian Menzel

Die Strecke war teilweise immer noch nass, und zu meiner Verwunderung waren die Kollegen auf den Slicks auch dort nicht langsamer. Schnell war klar, dass meine Entscheidung ein riesiger Fehler war. Hätte ich doch nicht so genau im TV beobachtet, wie es bei der F1 im freien Training war - da wollte die Strecke einfach nicht abtrocknen - und jetzt...

Horror in Rennen 1

Nur P13 - ein Horror - und Craig Bird gewinnt Lauf 1! Jetzt waren es nur noch 4 Punkte Vorsprung in der Tabelle. Eine Schande, wir machten bis dahin bei allen Rennen, alles viel besser als Bird. Sind immer vor ihm, und dann "verwachst" man ein Mal, und die gute Arbeit ist dahin. Das Punktesystem belohnt Siege nicht - P1 20 Punkte, P2 18 Punkte, P3 16 Punkte usw.

Wo gibt es das heute noch? Da musst du nur brav eine Saison durchfahren und am Ende bist du Meister. Siegen ist nicht so wichtig - soll es das sein? Anderseits hält dieses System eine Meisterschaft spannend! Aber...

Lauf 2 war auf Schadensbegrenzung ausgelegt. Von 13 auf P4 - mehr ging nicht auf dem Stadtkurs. Jetzt liege ich 4 Punkte hinter Bird. Aber wir haben noch vier Läufe. In den letzten beiden Jahren war ich in der gleichen Situation - wir haben also Erfahrung, unter Druck zu arbeiten und vor allem, damit leben zu können - irgendwie freue ich mich auch auf die Herausforderung!

Die beiden letzten Events sind in Shanghai und in Zhuhai - auf beiden Strecken haben wir super Set-Ups - Blick nach vorne!

Respekt vor Alonso

Das F1 Rennen habe ich nur zum Teil sehen können, so zwischen Hotelzimmer und später noch am Flughafen das Finale. Mir hat Alonso gefallen - der Typ ist ein echter Racer und "Beißer" - gibt nie auf und hat auch immer dieses Feuer in seinen Augen. Vettel im Red Bull hatte, so glaube ich, das bessere Auto. Alonso ist die ganze Distanz 100% gefahren.

Respekt davor, denn die Strecke ist sehr anspruchsvoll und macht müde, da steckst du ganz schnell mal in der Mauer. Ich denke, mit dieser Mentalität und Einstellung, kann Ferrari mit ihm Weltmeister werden - zumal auch Alonso sein Team gut führen und motivieren kann!

Für Christian geht es in den letzten vier Rennen um den Titel, Foto: Porsche
Für Christian geht es in den letzten vier Rennen um den Titel, Foto: Porsche

Kubica hat mir auch gefallen, die letzten 10 Runden waren für den Zuschauer ein Traum. Okay, er hatte wohl noch die besten Gummis am Auto, aber die Attacken waren total kompromisslos und konsequent - so stelle ich mir einen guten Rennfahrer vor.

Auch Timo Glock hat einen starken Job gemacht - immerhin hat er sehr lange Leute wie Massa oder Sutil mit seinen Virgin hinter sich halten können. Freitags im nassen Training war er ständig in der Top Ten unterwegs - das sind solche Momente, wo ein Fahrer sein Talent zeigen kann - und auch zeigen muss! Der Junge gehört ebenfalls in ein Top-Auto.

Hamilton lernt noch

Es braucht natürlich auch solche Kurse wie Singapur. Auf einer "normalen" Rennstrecke steht dann wieder die Aerodynamik im Vordergrund. Und bei 200 Meter großen Auslaufzonen traut sich auch ein 1b-Fahrer Vollgas zu geben. "Mann" hat ja Platz für Fehler...

Hamilton ist immer noch in einer Lernphase - darf man das so behaupten? Immerhin war der Junge schon Weltmeister - aber er stolpert immer wieder über kleine Fehler. Er hätte Webber nur ein bisschen mehr Platz lassen müssen. Die nächste Kurve hätte eh ihm gehört. Das sind Dinge, die nichts mit Speed zu tun haben, sondern mit Erfahrung und Übersicht. Sicherlich wird er daraus lernen, aber das hilft ihm nicht beim Titelkampf 2010 - die Punkte sind futsch! Monza lässt auch grüßen...

Wundern wir uns nicht, wenn am Ende einer der alten Hasen wie Alonso, Webber oder Button die Nase vorne hat. Natürlich drücke ich Vettel die Daumen, dem gehört die Zukunft. Mal sehen was da noch so abgeht, war es schon einmal so spannend?

Szenenwechsel - jetzt sitze ich daheim auf der Couch und schreibe gerade die letzten Zeilen. Kleiner Kälteschock schon in Frankfurt - natürlich ist es in der Eifel nicht wärmer... Habe mir soeben einen Winterpulli angezogen, sowie kuschelige Wintersocken! Die Heizung läuft auch schon.

Singapur 2011 - ich komme gerne zurück, alleine schon wegen der Temperaturen!