Die Zeit des Kaffeesatz-Lesens ist vorbei. Am Sonnabend beginnt in Bahrain die GP2-Saison, in der Timo Glock als einer der Meisterschaftsfavoriten an den Start geht. Das iSport-Team, in dem Glock fährt, hat seine unmittelbaren Vorbereitungen ebenso begonnen wie die Konkurrenz. Die Boxen im Oasen-Komplex genannten oberen Boxenbereich, außerhalb des Formel 1- Fahrerlagers, sind bezogen, die Mechaniker haben ihr Boxenstopp-Training absolviert, Fahrer und Renningenieure die Strecke in Augenschein genommen.

Was sie sahen, stimmte sie allerdings bedenklich. Letzte Woche hatte ein veritabler Sandsturm die Piste in der Steinwüste von Sakhir mit einer feinen Staubschicht überzuckert; in der Nacht zum Donnerstag gab es vier teils ergiebige Regenschauer, sodass der Staub sich in Matsch verwandelte und förmlich in die Strecke einarbeitete. "Die große Frage ist", erläutert Timo, "wieviel von dem Staub der Asphalt in sich aufgenommen hat. Die Organisatoren schickten inzwischen zwar eine Kehrmaschine auf die Bahn, die wie bei einer deutschen Straßenreinigung mit Wasser und Bürste bewehrt war. Der gröbste Dreck ist von der Oberfläche also weg. Aber es sammelt sich immer ein Rest zwischen den einzelnen Körnern des Asphalts." Im GP2-Fahrerlager wabert eine gewisse Anspannung. Die Fahrer sind nicht direkt nervös - aber sie wollen endlich wissen, woran sie sind. "Bei der ganzen Testerei malt man sich immer aus, wie das Kräfteverhältnis sein könnte - aber letztlich weiß man es nie genau, weil man die einzelnen Testprogramme der Gegner nicht genau einschätzen kann. Es wird Zeit, dass es endlich losgeht", sagt Glock.

Der 25-jährige Formel 1-Testfahrer räumt ein, auf einige Teams gespannt zu sein. "ART war bei den Testfahrten nicht so stark, wie ich sie erwartet hätte", charakterisiert er das Team von Michael Ammermüller und Lucas di Grassi. "Es kann aber durchaus sein, dass sie sich ihrer Sache sehr sicher sind und ohnehin schon wissen, mit welcher Abstimmung sie loslegen. Das haben sie in der Vergangenheit immer so gemacht." Neben Ammermüller und di Grassi hat Timo noch vier weitere Fahrer oben auf der Rechnung: Den Britischen Formel 3-Meister und Macau-F3-Sieger Mike Conway und Luca Filippi, des Briten Teamkollege bei Super Nova, den mega-erfahrenen Italiener Giorgio Pantano und seinen eigenen Teamkollegen Andreas Zuber. "Auf den bin ich echt mal gespannt. Der war beim Testen immer wahnsinnig stark. Wenn er das in die Rennen mit rüberbringen kann, dann habe ich einen starken Rivalen im eigenen Team."

Zum erweiterten Favoritenkreis dürften zudem Williams-F1-Testfahrer Kazuki Nakajima, der im Team von Giancarlo Fisichella startende Antonio Pizzonia und der Däne Christian Bakkerud zählen - letzterer, weil das Team von David Price sich in diesem Jahr komplett neu aufgestellt hat und auch mit zwei neuen Renningenieuren ausrückt. Interessant dürfte ferner die Leistung von Sakon Yamamoto zu beobachten sein. Der Japaner beeindruckte beim Formel 1-Finale 2006 in São Paulo mit starken Runden- und Sektorenzeiten im Super Aguri, fährt nun aber im BCN-Team von Enrique Scalabroni, das Timo letztes Jahr zur Saisonmitte verlassen hat. Glocks innerdeutscher Konkurrent Ammermüller sieht Timo zumindest für Bahrain allerdings im Vorteil: "Er kennt die Strecke von seinen Formel 1-Tests und hat daher einen Erfahrungsvorsprung, der wertvoll werden kann."