Am Anfang war es noch eigenartig zwiespältig: Fuhr man am Mittwoch oder Donnerstag in Bahrains Hauptstadt Manama vom Flughafen in die Stadt ins Hotel oder dann auch von dort an die Rennstrecke, fiel erst einmal auf, dass einem nichts auffällt: keine extreme Polizeipräsenz, erst recht kein Militär - alles sehr ruhig. Spät abends am Mittwoch noch mal in den nahen Supermarkt oder in ein kleines Restaurant um die Ecke: alles kein Problem, die Leute waren alle sehr freundlich. Aber klar, wir sind ja auch in den eher gutsituierten Vierteln der Hauptstadt Manama, dort wo wohl die wenigsten der schiitischen Bevölkerung, die sich hier durch die sunnitische Minderheit unterdrückt fühlt, zu Hause ist.

Draußen in den Vorstädten, war es auch da schon mit der Ruhe nicht so weit her, kam es jeden Tag zu Demonstrationen, auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Verhaftungen. "Illegale Demonstrationen von Randalierern, die die Sicherheitskräfte mit Steinen, Eisenstangen und Molotov-Cocktails angegriffen haben", hieß das dann in der lokalen Presse. Zumindest ab und zu wohl auch zumindest halbwegs zutreffend - siehe die vier Mechaniker des Force-India-Teams, die am Mittwochabend beinahe in ein heftiges Scharmützel zwischen Demonstranten und Polizei verwickelt wurden, bei dem ein Molotov-Cocktail nicht weit von ihrem Auto explodierte. Von den angemeldeten, friedlichen Protesten ist in den örtlichen Medien eher nicht die Rede...

Verstärkte Sicherheitsmaßnahmen

Die Offiziellen vor Ort stehen in engem Kontakt mit der FIA, Foto: Sutton
Die Offiziellen vor Ort stehen in engem Kontakt mit der FIA, Foto: Sutton

Jetzt, am Freitag - mit dem offiziellen Beginn des Rennwochenendes - haben massive Sicherheitsmaßnahmen auf den Zufahrtswegen und rund um die Strecke eingesetzt. Viel Polizei und auch gepanzerte Fahrzeuge an den Stellen, an denen "Aktivisten" neben den Highways vermutet werden, Bombensuche an den Einfahrten zur Strecke, massive Taschenkontrollen an den Eingängen, bei denen selbst ein harmloser Filzstiftmarker als gefährliche Waffe eingestuft wird und Gefahr läuft, konfisziert zu werden, ehe ein "Oberer" der Polizei der Securitydame erklärt, dass der vielleicht doch eher zum Arbeitsmaterial von Journalisten gehört. Aber entgegen aller Beteuerungen der Offiziellen, wie harmlos, friedlich und sicher doch alles sei - die Angst ist offenbar doch groß, haben die Rebellen doch inzwischen angekündigt, am Sonntag "ihre Leute unter das Publikum schmuggeln" zu wollen.

Tatsache ist: die Formel 1 ist mit ihrem Gastspiel hier in Bahrain eine direkte Provokation für die Opposition, weil sie durch ihre pure Anwesenheit letztlich das herrschende System unterstützt - vor allem angesichts der engen Verflechtungen zwischen dem Königshaus und der Rennorganisation. Für die Herrscherfamilie ist der Grand Prix die ideale Gelegenheit, der Weltöffentlichkeit ein schönes, ruhiges Bahrain ohne Probleme vorzuspielen, allen Berichten von Amnesty International und Human Rights Watch zum Trotz. Diese beklagen ja weiter andauernde Menschenrechtsverletzungen, die Inhaftierung Oppositioneller, unangemessene Polizeigewalt, Folter in den Gefängnissen - und hatten sich eindeutig gegen eine Durchführung des Rennens ausgesprochen.

Mit Fahnen gegen den Widerstand

Trotzdem propagiert man offiziell auf Plakaten und Fahnen "Unif1ed - one Nation in Celebration" - also "Vereint - eine Nation am Feiern", mit dem F1-Kürzel im englischen Wortspiel... und versucht das auch mit entsprechenden "Botschaftern" zu manifestieren: Wie man etwa den früheren Oppositionsführer Jasim Husain, der bis Mittwoch noch überall mit sehr kritischen Anmerkungen zum Rennen zitiert wurde, dazu brachte, sich am Donnerstagmittag ins Pressezentrum zu stellen und den internationalen Medien zu erzählen, er habe keine Bedenken und eigentlich würden sich doch die meisten auf das Rennen freuen, das vor allem wichtige wirtschaftliche Vorteile für Bahrain bringe, sei einmal dahin gestellt...

Den Fahrern blieb nicht viel Wahl, Foto: Sutton
Den Fahrern blieb nicht viel Wahl, Foto: Sutton

Andererseits versucht natürlich jetzt auch die Opposition, sich mit allen Mitteln Gehör zu verschaffen. So bombardierte eine Organisation namens "Freedom for Bahrain" im Vorfeld die Facebookseiten einiger Fahrer mit Aufrufen zum Rennboykott - und der Drohung, falls sie dem nicht nachkämen, würde man sie als Regimeunterstützer ansehen und dann müssten sie möglicherweise einen hohen Preis bezahlen. Wobei die Fahrer letztlich die sind, die am wenigsten tun können. Egal, ob sie, vorsichtig ausgedrückt, ein bisschen ungeschickt daherreden wie gestern Sebastian Vettel mit seinem Brasilienvergleich, oder ob sie zumindest privat durchaus auch der Meinung sind, dass man genau aus diesem Grund - der Systemunterstützung - hier nicht fahren sollte.

Bruno Senna sagt zumindest eines: "Eigentlich sollten wir uns aus politischen Fragen wirklich heraus halten. Aber hier sind wir jetzt mittendrin..." Aber sie sind Angestellte ihres Teams. Und wenn die Teams entscheiden, anzutreten, dann müssen sie - oder sie sind ihren Job los. Ein "Nein" hätte nur von den Teams kommen können - aber da traute sich in der Formel 1 ja keiner. Im Gegensatz übrigens zum deutschen Porsche-Cup-Team Molitor Racing, das hier ursprünglich im Rahmenprogramm, dem Porsche-Supercup, antreten sollte - und von Teamchef Karsten Molitor zurückgezogen wurde.

Als wichtige Gäste hofiert

So beschränkt man sich halt darauf, Vorsichtsmaßnahmen für die eigenen Sicherheit zu ergreifen. Einige Teams haben eigenes Sicherheitspersonal engagiert, bei praktisch allen ist die Vorgabe: Außerhalb der Rennstrecke nicht in Teamkleidung auftreten, an den Autos draußen möglichst die Parksticker abmachen. Die FOM, das Formel-1-Management, hat an Teams und TV-Stationen eine Mail geschickt, darauf zu achten, nicht irgendwelches Gepäck unbeaufsichtigt im Fahrerlager herumstehen zu lassen - es könnte als Sicherheitsrisiko angesehen und entfernt oder zerstört werden. Und von offizieller Seite wird von Anfang an versucht, die Medienvertreter zu instrumentalisieren - was allerdings zum Glück zumindest bei vielen nicht so richtig funktioniert.

Bahrain: Ruhe vor dem Sturm?, Foto: Sutton
Bahrain: Ruhe vor dem Sturm?, Foto: Sutton

Da mögen die "Empfangskomitees", die uns - erstmals in Bahrain - schon am Flughafen in Empfang nahmen, durch die Passkontrolle zum Hotelshuttle begleiten, noch so nett sein, der Shuttleservice zwischen Hotels und Strecke noch so gut organisiert sein. Man muss schon blind und taub sein, um die Absicht nicht zu erkennen. Da fragt eine brasilianische Kollegin, ob es denn sicher sei, sich dann vom Hotel ein Taxi zu einem Shopping-Center zu nehmen. Antwort: "Ja klar, aber frag doch unsere Organisationsleute bei euch im Hotel - die fahren dich umsonst hin." So behält man die Kontrolle und versucht, sich Freunde zu machen. Auch der "Begleiter" eines deutschen Fotografen, der einen Zollbeamten, der eine Unstimmigkeit in der Passnummer zwischen Reisepass und Visum moniert, anraunzt: "Mach jetzt hier keinen Ärger, lass den Mann durch - der ist ein wichtiger Gast," passt ins gleiche Schema...