Mit einer Bestzeit im freien Training und einem dritten Startplatz auf der legendären Ardennen-Rennstrecke von Spa Francorchamps hat Rene Binder am vergangenen Wochenende ein klares Ausrufezeichen gesetzt. Der Lotus-Pilot über seine Rückkehr in die Top-5 der Meisterschaft und über die jüngsten Entwicklungen in der Formel V8 3.5...

Mit Platz 5 und 6 hast Du aus Belgien immerhin 18 Punkte mitgenommen und bist damit wieder auf Schlagdistanz zur Spitze...
Rene Binder: Mit der Punkteausbeute bin ich zufrieden aber ich hätte mir nach den guten Trainingsergebnissen zumindest ein Podium erwartet. Im ersten Rennen lag ich nach der ersten Kurve noch auf Platz 2 musste aber dann am Ende der Geraden sowohl Dillmann, als auch Deletraz vorbei lassen, der mit einer Low-Downforce-Abstimmung unterwegs und dadurch deutlich schneller auf den Geraden war. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass hier der Rennverlauf eine entscheidende Rolle gespielt hat. Man hätte sich am Anfang nur irgendwie bis in den kurvigen Mittelsektor retten müssen, dort war unser Set-up nämlich klar besser. Am Ende war ich jedenfalls Fünfter mit nur 2,6 Sekunden Rückstand auf den Sieger. Das Regenrennen am Sonntag war sicher grenzwertig, da konnte man auf der Geraden teilweise nicht einmal in den 6. Gang hochschalten. Ich war trotzdem ziemlich gut unterwegs, konnte meinen geplanten Boxenstopp aber dann aufgrund einer langen Gelbphase erst viel zu spät einschieben.

Und der Auslöser war ein schwerer Unfall, bei dem Johnny Cecotto Jr. Deinem Teamkollegen, Roy Nissany in Eau Rouge voll ins Heck fuhr...
Rene Binder: Wenn man sich die Fernsehbilder anschaut, sieht man, dass wir bei höheren Geschwindigkeiten mehr oder weniger im Blindflug unterwegs waren. Ich denke, wir können nur froh sein, dass die zwei da unverletzt ausgestiegen sind.

Tut man sich als intelligenter Fahrer nicht manchmal schwer, bei solchen Verhältnissen einfach nach dem Motto Augen zu und durch zu fahren?
Rene Binder: Auf jeden Fall, obwohl ich grundsätzlich auch gerne im Regen fahre.

Du hast inzwischen genug Formula V8 Erfahrung gesammelt, um die neue Serie, die aus der Renault World Series hervorging, ehrlich bewerten zu können...
Rene Binder: Ich bin absolut positiv überrascht: Jaime Alguersuari und sein Team gehen aktiv auf die Teams und Fahrer zu. Das finde ich sehr sympathisch, und wenn ihnen das, was derzeit hinter den Kulissen geplant ist aufgeht, haben sie - und letztlich auch wir - alles richtig gemacht. Um das Thema FIA Formel 2 ist es ja inzwischen doch ziemlich ruhig geworden, aber warten wir einmal ab.

Kein Interesse mehr, in die GP2 zurück zu kehren?
Rene Binder: Ich hatte eigentlich geplant, ein paar zusätzliche Rennen zu fahren, wobei mein Programm mit Lotus absolut Priorität hat. Wenn ein konkurrenzfähiges Team einmal kurzfristig ein Cockpit frei hat, würde ich jederzeit einspringen. Nur hinterher zu fahren interessiert mich aber nicht.

Wir erleben in diesem Jahr jedenfalls wieder einen selbstbewussteren und stärkeren Rene Binder, als dies in den letzten beiden Jahren der Fall war...
Rene Binder: Das hängt vielleicht damit zusammen, dass man sich als Fahrer in dieser Formel V8 viel besser einschätzen kann. Wenn ich heute da und dort ein Zehntel liegen lasse, kann man mir die Ursache ganz klar anhand der Telemetriedaten erklären. Das war in der GP2 leider oft unmöglich, weil dort kaum jemand diese komplexen Reifen verstanden hat. Der Materialfaktor spielt dort definitiv eine größere Rolle.

Du bist derzeit also bestens bei Lotus in der Formel V8 aufgehoben und aktuell immerhin Fünfter im Zwischenklassement. Was ist da noch drin?
Rene Binder: Ich denke weiterhin nur von Rennwochenende zu Rennwochenende und konzentriere mich ausschließlich auf meinen Job. Alles andere wird sich ergeben. In Spa war ich vom Speed her bei den Schnellsten und trotzdem haben wir es nicht aufs Podium geschafft. Es spielen einfach viele Faktoren mit und ich bin gerade dabei, mich auch als Fahrer noch einmal eine Stufe weiter zu entwickeln. Mein Team spielt dabei eine ganz, ganz wichtige Rolle.

Was kannst Du zum Beispiel noch besser machen?
Rene Binder: Auf veränderte Situationen oder Streckenverhältnisse noch schneller reagieren und mich in bestimmten Situationen noch breiter machen. Was die generelle Entwicklung angeht, ist mein Renningenieur mit seinen punktgenauen Analysen eine große Stütze für mich. Spa hat bewiesen, dass wir insgesamt auf einem sehr guten Weg sind. Der Grundspeed ist auf jeden Fall da.

Dein nächster Renneinsatz findet Ende Juni in Paul Ricard statt. Wie bereitest Du Dich auf diesen Kurs vor, der für Dich ja noch Neuland ist?
Rene Binder: Wie immer am Simulator, wobei ich mir das richtige Streckenlayout erst installieren lassen muss. Außerdem werde ich zur Abwechslung auch wieder einmal ein Rennwochenende in der Internationalen Deutschen Kart Meisterschaft bestreiten. Das ist für mich persönlich eigentlich immer wieder das beste Training.