Das nächste Rennen findet in Dijon statt. Welche Erinnerungen hast du nach dem Test-Unfall an die Strecke?
Johannes Seidlitz: Es gibt natürlich Erinnerungen, die ganz toll sind - aber leider auch eine schlechte. Da war halt der Unfall, wo ich einfach etwas zu viel des Guten wollte. Aber so etwas wird nicht mehr vorkommen, für mich gibt es also keinen Grund, warum ich Angst vor einer Rückkehr nach Dijon haben sollte. Für mich ist es eine Strecke wie jede andere auch und ich freue mich auf das Wochenende, es wird schon klappen.

Mittlerweile bist du einige Rennen gefahren. Wie schwer war der Umstieg aus der Formel Renault in die DTM?
Johannes Seidlitz: Was auf jeden Fall eine große Sache war, ist die Leistung. Das Gewicht ist zwar auch viel höher, aber die Autos sind trotzdem sehr schnell und kraftvoll. Außerdem sieht man extrem wenig und kann mit den Carbon-Bremsen sehr spät bremsen, viel später als mit Stahl-Bremsen. Dann gibt es noch so Sachen wie die Boxenstopps und den Start. Klar, ich bin in meiner Karriere schon oft gestartet, in der DTM geht es aber viel komplexer zu. Man hat eine Handbremse und muss viele Kleinigkeiten beachten, zum Beispiel das Display umstellen oder das Gas genau dosieren.

Hilfe von Scheider & Co

Welche Folgen hatte der Unfall am Eurospeedway Lausitz und die Pause für dich?
Johannes Seidlitz: Die Kilometer, die ich durch die Zwangspause verpasst habe, fehlen mir immer noch und die werde ich auch nicht aufholen können. Trotzdem bin ich wieder gut an meine Teamkollegen heran gekommen, die ja beide mehr Erfahrung haben. Tomas ist schon sehr viel mit den DTM-Autos gefahren, Christian war bereits in der GP2 Serie unterwegs. In Barcelona war ich im Qualifying vor ihnen, im Rennen hat es aus verschiedenen Gründen noch nicht geklappt. Es fehlen noch die Resultate, ich muss einfach konstanter werden, weiter lernen und an mir arbeiten.

Trotz ihrer Erfahrung sind Tomas und Christian ebenfalls Rookies. Wäre es nicht manchmal toll einen erfahrenen Teamkollegen zu haben? So, wie es bei Katherine Legge mit Christijan Albers der Fall war?
Johannes Seidlitz: Ich denke schon, dass man so noch ein Stückchen mehr lernen könnte, aber wir bekommen ja auch Daten von anderen Fahrern und können uns mit ihnen vergleichen, sind also nicht auf uns allein gestellt. Audi hilft uns da sehr. Und wenn ich fahrerische Fragen habe, kann ich ohne weiteres zu einem Winkelhock oder Scheider gehen, das ist kein Thema. Außerdem haben wir eine Art Grund-Setup aus dem Vorjahr, womit wir dann weiter arbeiten können.

Wie viele Änderungen sind an diesem Grund-Setup im Normalfall nötig?
Johannes Seidlitz: Das kommt ganz darauf an. Man arbeitet viel mit den Dämpfern und der Fahrzeughöhe. Ich persönlich verändere allerdings relativ wenig, weil ich mir sage, dass das Setup schon passt. Audi weiß ja schließlich, was sie in den Jahren zuvor gemacht haben. Für das Rennen verändere ich meist nur etwas Sturz und Spur, damit die Reifen nicht so belastet werden. Zum größten Teil fahre ich also mit dem Audi-Setup, meine beiden Teamkollegen verändern definitiv mehr.

Licht und Schatten in der DTM, Foto: Audi
Licht und Schatten in der DTM, Foto: Audi

Mit welcher Motivation geht ihr eigentlich in die Rennwochenenden? Leider ist ja schon vorher klar, wo ihr am Ende landen werden...
Johannes Seidlitz: Ich muss zugeben, dass ich am Anfang der Saison noch die Motivation hatte, irgendwann an die 08er-Boliden heranzukommen. Leider ist die Chance wirklich sehr gering, in Barcelona hat mir zum Beispiel eine halbe Sekunde auf Legge gefehlt - das ist schon viel. In Dijon, wo es viele schnelle Kurven gibt und man viel Abtrieb braucht, wird es ebenfalls sehr schwer. Unsere Autos sind aerodynamisch einfach nicht so weit entwickelt...

Hätte man euch nach den ersten Rennen erlauben sollen, mit weniger Gewicht zu fahren?
Johannes Seidlitz: Aus meiner Sicht ist die Gewichtsverteilung nicht ganz optimal, weil wir mit den 08er-Audi zusammen hängen. Immer, wenn sie mehr Gewicht bekommen, müssen auch wir zuladen - obwohl wir ja gar nichts mit ihren zu tun haben. Aber man muss es nehmen, wie es kommt.

Über England in die DTM

Gibt es einen Grund, warum du den Schritt in die DTM nicht noch einmal machen würdest?
Johannes Seidlitz: Eigentlich gibt es da gar keinen Grund, ich würde es jederzeit wieder machen. Es ist einfach eine tolle Erfahrung und eine riesige Chance. Leider weiß ich noch nicht, wie es weitergeht. Ich wäre auf jeden Fall gerne wieder dabei!

Kann man die DTM, das große Fahrerlager, die Fans und die Medien mit deiner letzten Karrierestation in England vergleichen?
Johannes Seidlitz: Das sind zwei komplett verschiedene Sachen. In England sind die Leute, was den Motorsport angeht, ganz anders. Es kommen zwar auch Fans an die Strecke, aber lange nicht so viele, wie zur DTM. Die Engländer sind einfach ganz anders als die restlichen Europäer, man kann das einfach nicht mit uns vergleichen. Ich bin ja schon mit der Formel BMW bei der DTM gefahren, damals aber häufig vor leeren Tribünen, das ist jetzt anders.

Hast du in England trotzdem gute Erfahrungen machen können?
Johannes Seidlitz: Das war wohl das wichtigste Jahr in meiner Karriere. In England kam ich sehr viel zum Fahren, weil es kein Testverbot gab. Außerdem sind die Engländer dafür bekannt, dass es in den Zweikämpfen oft sehr hart zur Sache geht. Manche sagen auch, es gäbe dort die weltbesten Strecken. Aus Fahrer-Sicht ist das wohl etwas anders, denn der Streckenbelag ist oft sehr uneben, es gibt viele Schlaglöcher und nur kleine Auslaufzonen. Trotzdem - das Jahr in England war sehr wichtig für mich.