Da staunten einige Beobachter nicht schlecht. Audi veröffentlichte in dieser Woche Fotos von Testfahrten im italienischen Vallelunga, die ein ungewöhnliches Bild zeigten und Fragen aufwarfen: Auf einem der beiden Audi R8 LMS GT3 des Teams Abt Sportsline waren Hankook-Reifen montiert. Ungewöhnlich deshalb, weil in diesem Jahr doch eigentlich Michelin die Koreaner in der DTM als exklusiver Reifenausstatter ablöst.

Der DTM-Abschied von Hankook nach genau zehn Jahren - bis heute seitens des Herstellers nicht öffentlich kommuniziert - war eine der großen Überraschungen der vergangenen Tage gewesen und sorgte hinter den Kulissen für einigen Wirbel zwischen den involvierten Parteien. Wie überraschend der Wechsel des Reifenpartners kam, zeigte sich nun eben auch ganz konkret auf dem mit Hankooks bestückten Abt-Audi.

Schnell machten sich Gerüchte in der Szene breit: Soll es in der DTM 2021 etwa eine freie Reifenwahl ähnlich wie in der japanischen Super GT geben, obwohl die ITR doch Michelin als "exklusiven" Ausstatter bekanntgegeben hatte? Nein, hinter dem 'Hankook-R8' in Vallelunga steckte ein anderer Grund. "War nur zum Rollout", klärte Kelvin van der Linde auf, der dieses Jahr mit den Äbten sein Debüt in der DTM gibt.

Hankook-Reifen am Rollout-Audi

Der in Kempten lebende Südafrikaner war zusammen mit Teamkollege Mike Rockenfeller und zwei von Abt eingesetzten, flammneuen Audi R8 seit Wochenbeginn in Vallelunga unterwegs, um sich auf die neue Saison vorzubereiten. Die Testarbeit, am Ende rund 1.500 Kilometer, wurde mit einem der beiden Autos unternommen, während der zweite Audi - der mit den Hankook-Reifen - nur einen Rollout absolvierte, um die Systeme durchzuchecken.

Kein Wunder, dass Abt Sportsline die offenbar nicht mehr benötigten Reifen für die Rollout-Runden nutzte: Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com müssen die DTM-Teams ihre Reifen nun selbst bezahlen. In der Vergangenheit hatte Hankook die Teams der Hersteller noch 'kostenlos' mit Reifensätzen versorgt.

Neues Abt-Duo für die DTM: Mike Rockenfeller und Kelvin van der Linde, Foto: Abt Sportsline
Neues Abt-Duo für die DTM: Mike Rockenfeller und Kelvin van der Linde, Foto: Abt Sportsline

Reifen belasten Team-Budgets

Durch die Eigenfinanzierung der Michelin-Reifen ist ein Betrag mindestens im mittleren fünfstelligen Bereich und je nachdem wie viele Testkilometer abgespult werden, fällig, der die Budgets der Kundenteams nun zusätzlich belastet. Bei zwei und mehr GT3-Sportwagen, die nach Informationen von Motorsport-Magazin.com bei mindestens einem Team zum Einsatz kommen, liegt die zusätzliche und zunächst nicht eingeplante Belastung sogar bei 150.000 bis 200.000 Euro.

Dabei kann Geld derzeit nicht schaden. Offenbar gibt es im Gegensatz zu früheren DTM-Zeiten keine Test-Beschränkungen vor dem Saisonstart. Als offizielle ITR-Testfahrten wurden nur die beiden Tests in Hockenheim (07./08. April) sowie auf dem Lausitzring (04.-06. Mai) deklariert. Hier sollen alle Teams ihre Runden gemeinsam drehen, nicht zuletzt, um weitere Daten für die Erstellung einer Balance of Performance durch einen neuen technischen Dienstleister, dessen Vertrag laut Informationen von Motorsport-Magazin.com nach monatelangen Diskussionen immer noch nicht unterschrieben ist, sammeln zu können.

Feuer frei für Testfahrten

Was die Teams - neben Abt war auch Audi Sport mit einem GT3-, GT4- und TCR-Auto in Vallelunga - andernorts treiben, wird Stand heute, nicht reguliert. Möglicherweise beinhaltet das bisher nicht veröffentlichte Reglement einen Passus für Testfahrten während der laufenden Saison. Da der GT3-Sport jedoch auf Kundenbasis erfolgt und beinahe täglich auf allen möglichen Rennstrecken in Europa getestet wird, ist die Überwachung aufwendiger als zu Class-1-Zeiten in der DTM und nach Einschätzung von Experten wohl unmöglich.

Eingeschränkt ist unterdessen die Nutzung der Reifen während der DTM-Rennwochenenden. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com haben sich Michelin und die ITR nach einigen Unklarheiten inzwischen geeinigt: Beim ersten DTM-Rennwochenende in Monza (18.-20. Juni 2021) stehen für jedes Fahrzeug maximal fünf neue Slick-Reifensätze für Freie Trainings, Qualifyings und die beiden Rennen zur Verfügung.

Ab dem zweiten Event - nach aktuellem Planungsstand das 78. Int. ADAC Norisring Speedweekend (02.-04. Juli 2021) - gibt es pro Auto jeweils nur drei Sätze. Dann dürfen jedoch für die Freien Trainings zwei ausgewählte Slick-Reifensätze der vorangegangenen Veranstaltungen genutzt werden. Regenreifen sind nicht limitiert.