Wird es nicht langsam langweilig, immer wieder die Dakar zu gewinnen?
Stephane Peterhansel: Nein, der Reiz ist immer noch da. Auf meinen Sieg in diesem Jahr musste ich fünf Jahre lang warten, nachdem ich 2007 die letzte Auflage der Dakar in Afrika gewonnen hatte. Seit dem Umzug der Rallye nach Südamerika war ich jedes Mal gespannt, weil es völlig neue Routen und Landschaften gab - da wird das Rennen nie langweilig. Gewinnen ist für mich übrigens auch nicht langweilig.

Du hast die Dakar nun zehn Mal gewonnen - was bedeutet der diesjährige Sieg für Dich?
Stephane Peterhansel: Das ist immer noch etwas Besonderes, vor allem in diesem Jahr. Erstens musste ich fünf lange Jahre auf den Sieg warten und zweitens bin ich sehr stolz, dem x-raid Team zum Erfolg verholfen zu haben. Nachdem ich nicht mehr für Mitsubishi fuhr, hat mir Teamchef Sven Quandt das Vertrauen geschenkt. Ich weiß, wie wichtig der Sieg für x-raid und ihn war, nachdem er so viele Jahre darauf warten musste.

Nach zehn Siegen kannst Du es doch verraten: Worin liegt das Geheimnis Deines Erfolges?
Stephane Peterhansel: Das ist eine gute Frage. Ich weiß nicht, ob es da ein Geheimnis oder einen bestimmten Schlüssel gibt. Aber: ein wichtiger Faktor ist, dass das Auto niemals aufgrund technischer Defekte stehen bleiben darf, die nötige Qualität muss da sein. Bei der Dakar geht es nicht nur um den Speed, auch die Navigation ist ein wichtiger Punkt. Hinzu kommt die richtige Strategie, da hilft die Erfahrung natürlich - und davon habe ich inzwischen eine ganze Menge gesammelt. Es geht also darum, dass mehrere Dinge gleichzeitig richtig funktionieren. In diesem Jahr passte es einfach bei mir, ich hatte keinerlei Probleme.

Wie hast Du dich auf diese anstrengende Rallye vorbereitet?
Stephane Peterhansel: Der wichtigste Teil ist das Auto, deshalb haben wir vor dem Rennen eine Menge getestet. Wir fuhren mit dem Mini sowohl in Europa als auch in Marokko. Aber nicht nur das Auto, auch die Fitness muss stimmen. Ich mache seit Jahren Ausdauersport als Vorbereitung, wie Radfahren und Wandern. Vier Monate vor dem Start der Dakar intensiviere ich mein Programm und versuche, wann immer es möglich ist, Sport zu treiben. Die Vorbereitung besteht also aus zwei Teilen: zum einen die Arbeit am Auto, zum anderen die an der Physis des Piloten.

Peterhansel mit Vollgas durch die Wüste, Foto: ASO
Peterhansel mit Vollgas durch die Wüste, Foto: ASO

Hast Du irgendwelche bestimmten Rituale während der Vorbereitung?
Stephane Peterhansel: Nein. Entscheidend ist, die ganze Sache so professionell wie möglich anzugehen. Man braucht ein gutes Verhältnis zu den Mechanikern und Ingenieuren, die Chemie muss stimmen.

Aber auf Deinen Glücksbringer wolltest Du während der Rallye nicht verzichten. Was hat es mit der Geschichte um das blaue Bandana auf sich?
Stephane Peterhansel: So etwas gibt es häufig im Sport, dass die Sportler beispielsweise immer die gleichen Socken oder den gleichen Helm tragen. Bei mir war es eben das Bandana. Das Tuch habe ich, seitdem ich meinen ersten Dakar-Sieg auf dem Motorrad feiern konnte. Die Motorradfahrer nutzen dieses Tuch, um ihren Nacken zu schützen. Im Auto hat es eigentlich gar keinen Sinn.

Wahrscheinlich sorgt es sogar noch für zusätzliches Gewicht im Fahrzeug...
Stephane Peterhansel: Ja, das wird schon ein paar Gramm wiegen. Aber Scherz beiseite: seitdem wir in Südamerika fahren, hatte ich das blaue Bandana nie bei mir. Erst in diesem Jahr habe ich es in die Tasche meines Rennoveralls gesteckt und dort die ganze Zeit über behalten - das Ergebnis ist bekannt.

Was war Dein schönster Dakar-Sieg in all den Jahren?
Stephane Peterhansel: Am liebsten erinnere ich mich an meinen ersten Sieg auf dem Motorrad im Jahr 1991. Das ist jetzt schon mehr als 20 Jahre her, aber damals war es mein großer Traum, die Dakar zu bestreiten. Ich musste ein paar Jahre warten, bis es zu meinem ersten Sieg langte. Mein Erfolg in diesem Jahr gehört aber definitiv zu meinen persönlichen Top-3, denn es war mein erster Sieg in Südamerika und für x-raid.

Du hast die Rallye Dakar sowohl auf dem Motorrad als auch mit dem Auto gewonnen. Wo liegt der entscheidende Unterschied?
Stephane Peterhansel: Das Fahren mit dem Motorrad ist physisch viel anstrengender und auch gefährlicher. Dafür ist das Motorrad auf der technischen Seite nicht so kompliziert, man kann die Technik leichter managen als beim Auto - ein Motor, zwei Räder und bei weitem nicht so viel Elektronik. Als ich noch auf zwei Rädern unterwegs war, musste ich die Navigation selbst übernehmen. Beim Auto übernimmt der Co-Pilot diesen Part. Deshalb denke ich, dass es schwieriger ist, mit einem Auto zu gewinnen, denn mit dem Navigator hast du einen Faktor mehr, den du nicht kontrollieren kannst.

Worauf kommt es genau an?
Stephane Peterhansel: Beim Motorrad ist der Pilot der entscheidende Faktor, beim Auto kommt es auf die technische Komponente an. Wenn du kein gutes Auto hast, dann kannst du die Dakar auch nicht gewinnen. Wer das Rennen auf zwei Rädern gewinnt, ist wirklich der beste Pilot seiner Klasse.

Afrika oder Südamerika - was hat Dir mehr Spaß gemacht?
Stephane Peterhansel: Es war schon toll, durch Afrika zu fahren. Das Abenteuer und der ursprüngliche Geist der Dakar waren etwas ganz Spezielles. Aber auch die Route durch Südamerika ist sehr interessant, vom sportlichen Aspekt her wahrscheinlich besser als in Südafrika. Die Strecken bieten mehr Unterschiede: mal hat man Dünen um sich, dann geht es durch Fesh-Fesh. Der Mix ist besser als früher.

Stichwort: Geist von Afrika. Du sagtest, dass in Südamerika quasi an jeder Ecke ein McDonalds steht...
Stephane Peterhansel: Das entspricht natürlich nicht ganz der Realität. Was ich meine: in Afrika haben wir jede Nacht im Biwak oder Zelt übernachtet. In Südamerika besteht hingegen die Möglichkeit, in einem Hotel zu schlafen - auch, wenn das nicht immer die schönsten sind. Man kann in die Stadt gehen und einfach etwas in einem Restaurant essen. Das ist nicht der gleiche Spirit wie damals. Ich denke jedoch, dass Südamerika als Austragungsort für die Dakar die beste Lösung ist.

Du bestreitest die Dakar seit einer halben Ewigkeit. Was ist der Unterschied zwischen früher und heute?
Stephane Peterhansel: Als ich meine erste Dakar gewann, hatten wir bestimmte Technologien, wie etwa das GPS-System, noch gar nicht. Für die Piloten war die Navigation wesentlich komplizierter. Wenn man früher einen Unfall mitten in der Wüste hatte, wurde es schon schwierig. Ich glaube, das ist der größte Unterschied: GPS und Co. Heutzutage gibt es viele Hubschrauber, die alles beobachten und jeder weiß immer, wo du gerade bist. Das macht die Rallye wesentlich sicherer, früher ging es dagegen viel abenteuerlicher bei uns zu.

Drumherum nichts als Sand..., Foto: Sutton
Drumherum nichts als Sand..., Foto: Sutton

Sicherheit ist ein großes Thema bei der Dakar. Hast Du die Gefahr während des Fahrens im Hinterkopf?
Stephane Peterhansel: Als ich früher noch auf dem Motorrad unterwegs war, hatte ich jeden Morgen vor dem Start Sorgen und Angst vor möglichen Gefahren. Das Gefühl änderte sich komplett, als ich auf Autos umstieg. Ich konnte die Rennen viel entspannter angehen. Das war auch ein Grund, warum ich die Dakar nicht mehr auf dem Motorrad bestritten habe: der Stress vor den Starts war wesentlich größer und ich hatte Angst vor Unfällen. Im Auto denke ich gar nicht an so etwas, da bin ich viel cooler.

Was war die gefährlichste Situation, in die Du in Deiner langen Karriere geraten bist?
Stephane Peterhansel: Das ist schon lange Zeit her, ich glaube, es passierte während meiner dritten Teilnahme. Ich ging komplett in der Wüste verloren, irgendwo an der Küste Algeriens. Ich habe im Sand geschlafen und das Benzin meines Bikes war mir ausgegangen. Ich bin dann zu Fuß zurück ins Biwak gelaufen - ich kam einen Tag nach dem Ende der Stage an. Das war schon eine äußerst merkwürdige Erfahrung.

Nach Mitsubishi hat sich mit Volkswagen der nächste Hersteller zurückgezogen. Was bedeutet das für die Zukunft der Dakar?
Stephane Peterhansel: Da ist schwierig zu sagen. Es ist natürlich schade, dass Volkswagen nicht mehr dabei ist. Zuerst einmal müssen wir die neuen Regeln fixieren, damit es für die Hersteller einfacher wird, in Zukunft wieder zurückzukommen.

Welchen Effekt werden die neuen Regeln speziell für x-raid bedeuten?
Stephane Peterhansel: Ich habe keine genauen Informationen, aber ich denke, dass die neuen Regeln in die Richtung gehen, dass wir serienmäßige Motoren verwenden müssen. Mit BMW und Mini hat x-raid zahlreiche Möglichkeiten, Serienmotoren zu nutzen, denn BMW hat viele gute Motoren im Angebot. Ich denke also nicht, dass die neuen Regeln für x-raid ein großes Problem darstellen sollten.

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