Es soll der erste rein elektrisch betriebene Rennwagen in Le Mans werden: Der Nissan ZEOD sorgte bei seiner Präsentation im Rahmen des diesjährigen 24-Stunden-Rennens an der Sarthe für hochgezogene Augenbrauen. Noch gibt es jedoch einige offene Fragen: Wird das Fahrzeug wirklich rein elektrisch betrieben? Welche Fahrer sollen das Fahrzeug steuern? Und wie sieht der Elektroantrieb genau aus? Solche Fragen gilt es derzeit noch zu klären, wie Darren Cox verrät.

"Unsere Verpflichtung ist klar: Wir werden 2014 in Le Mans als Garage-56-Projekt mit dem schnellsten Elektrorennauto der Welt antreten", so der Nissan-Motorsportdirektor gegenüber Daily Sportscar. Es gehe um Relevanz und Information, und das sei nicht bloß so dahingesagt. "Nissan hat sich bereits zu Elektroautos im Straßenverkehr bekannt. Wir haben 65.000 Leafs verkauft." Das seien 30 Prozent mehr verkaufte Fahrzeuge als der Toyota Prius zu einem vergleichbaren Zeitpunkt des Hybrid-Programms.

Ohne Verbrennungsmotor geht es nicht

Noch sind einige Fragen beim ZEOD-Projekt offen, Foto: Nissan
Noch sind einige Fragen beim ZEOD-Projekt offen, Foto: Nissan

Zwar sollen einige Basiskomponenten des Straßenautos übernommen werden, doch wie der Antrieb genau ausfallen wird, ist noch unklar: "Wie das Auto genau betrieben und wie das alles in einem Paket zusammengeschnürt wird, muss noch festgelegt werden. Wir evaluieren und testen eine große Zahl von Möglichkeiten und Kombinationen." Das für manche sicher enttäuschende Statement folgt auf dem Fuße: "Wir werden einen Verbrennungsmotor auf irgendeine Art und Weise an Bord haben, aber es muss noch bestimmt werden, ob er in direkter Verbindung zu den Rädern steht oder als Generator fungieren soll."

Daher auch der Zusatz "On Demand" im Namen ZEOD ('Zero Emissions On Demand' - null Emissionen auf Abruf): Komplett elektrisch wird es nicht gehen. Allerdings verspricht Cox ein völlig neuartiges Konzept: "Was ich sagen kann, ist, dass der Benzinmotor [Diesel scheidet also aus] sehr radikal sein wird; etwas, das es noch nie gegeben hat." Allerdings stehe noch nicht fest, ob das Fahrzeug in der Lage sein wird, mehrere Runden komplett elektrisch zu fahren. Ziel sei es in jedem Falle, die Zielflagge zu sehen: "Kein Elektroauto hat das bislang geschafft. Das ist eine massive Herausforderung."

Das ZEOD-Projekt ist gleichzeitig eine Fingerübung für ein LMP1-Programm von Nissan: "Wir wollen so bald wie möglich in der LMP1 sein. Faktisch ist das der einzige Grund, warum wir das ZEOD-Projekt betreiben." Gespräche mit dem veranstaltenden ACO seien bereits im Gange. Ein DeltaWing-Konzept wie beim ZEOD kommt dafür aber nicht in Frage, doch antriebstechnisch sollen Erkenntnisse gewonnen werden: "Die Chassis-Regeln sind sehr rigide; wir werden das 2014er-Auto [also den ZEOD] aber nutzen, um das Konzept des Antriebsstrangs zu testen und zu entwickeln."

Erste ZEOD-Fahrt im öffentlichen Livestream

Das Debüt des ZEOD wird für Nissan ein großer Moment, und Cox verspricht, die Öffentlichkeit an dem Rollout teilhaben zu lassen. Die erste rein elektrische Fahrt solle im vierten Quartal dieses Jahres stattfinden. Zuschauer können dies via Livestream verfolgen, Motorsport-Magazin.com wird den Link rechtzeitig parat stellen. Zuvor gelte es noch einige Herausforderungen zu meistern, teils bezüglich Aspekten, die leicht übersehen werden können: "Wir müssen eine Boxenanlage für dieses Fahrzeug konstruieren, die derzeit nicht existiert." Es ist also nicht bloß das Fahrzeug an sich, das Nissan vor eine gewaltige Herausforderung stellt.

Das Projekt ist nicht nur motorsportliches Neuland, sondern steht auch in Konkurrenz zu anderen Versuchen mit Elektrofahrzeugen, deren Ziel es ist, Weltrekorde aufzustellen. "Wir haben gesehen, was Paul [Drayson] und sein Team versuchen. Das ist in der Tat beeindruckend. Und sie sind ja nicht die Einzigen. Paul hat es sehr schön beschrieben: Mit seinem Projekt, der Formel E und nun unserer Bekanntgabe wird es wie ein Wettlauf um den Weltraum. Wir wollen alle dasselbe erreichen und jetzt geht es darum, wer es zuerst schafft." Nissan hat einen kleinen Vorteil, denn die Erfahrungen aus dem DeltaWing-Projekt kommen auch beim ZEOD zum Tragen.