Die WEC gastiert am kommenden Samstag (11. Mai, Rennstart um 13:00 Uhr, bei Sport1 ab 17:00 Uhr live im Free-TV) zum dritten Rennwochenende der Saison 2024 in Spa-Francorchamps. Die gute Nachricht - böse gesagt - aus Sicht von Ferrari: Während der Freien Trainings am Donnerstag, dem Qualifying am Freitag sowie dem 6-Stunden-Rennen am Samstag soll es durchweg trocken bleiben.

Anders als vor drei Wochen im italienischen Imola, wo Ferrari ausgerechnet beim Heimspiel während einer Regenphase die Reifen-Strategie vergeigte und einen erwarteten Doppelsieg wegwarf. Stattdessen triumphierte überraschend der #7 Toyota GR010 Hybrid (Kobayashi, de Vries, Conway) mit dem stark aufgelegten Schlussfahrer Kamui Kobayashi vor dem #6 Porsche 963 (Lotterer, Estre, Vanthoor), der die WM-Tabelle weiter anführt.

Peugeot 9X8 für WEC 2024 im Technik-Check (04:38 Min.)

Toyota: "Ferrari sehr stark... außer bei der Strategie"

"Wir haben gewonnen, obwohl wir nicht die Schnellsten waren", stellte der neue Ferrari-Technikchef David Floury in Imola fest. Einen kleinen Seitenhieb konnte sich der Franzose nicht verkneifen, nachdem Ferrari selbst mehrere Fehler bei der Strategie eingeräumt hatte. Floury: "Wir waren ein bisschen besser als Porsche, aber Ferrari war sehr stark... außer bei der Strategie."

Während Ferrari seine beiden 499P sowie den privaten AF-Corse-Prototypen bei immer stärker einsetzendem Regen viel zu lange draußen ließ und dadurch teilweise mehr als zehn Sekunden pro Runde verlor, reagierte die erfahrene Toyota-Truppe schnell und beorderte beide Autos in die Boxengasse zum Wechsel auf Regenreifen. Das sollte schließlich die Führung und einen Vorteil von mehr als einer Minute auf die favorisierten Ferrari bringen, die sich mit P4 als bester Platzierung begnügen mussten.

Spa: Ferrari am stärksten bei BoP eingebremst

Ferraris starke Performance in Imola blieb natürlich nicht unbemerkt und dürfte sich auf die Balance of Performance für Spa-Francorchamps ausgewirkt haben. Die 499P-Hypercars müssen mit 12 Kilogramm am meisten Zusatzgewicht einladen und erhalten im Feld der 19-Hypercars obendrein die größte Leistungsreduzierung.

Die komplette Balance of Performance aller Marken für das WEC-Rennen in Spa findest du in folgendem Artikel:

Toyota wehrt sich gegen 'Rumroll-Vorwürfe' in WEC

Auf dem Papier gilt Toyota als Favorit für Spa, gleichzeitig ein wichtiges Vorbereitungsrennen für die nachfolgenden 24 Stunden von Le Mans (15.-16. Juni 2024). Nicht zuletzt, weil die Japaner 2023 in Belgien einen fulminanten Doppelsieg landeten, obwohl die #8 (Buemi, Hartley, Hirakawa) nach einem Qualifying-Unfall von Brendon Hartley vom letzten Startplatz ins Rennen gehen musste. Die großen Sicherheitsdiskussionen im kalten Spa 2023 rund um das Verbot der Reifen-Heizdecken inklusive Hartleys Crash dürften sich dieses Jahr in Grenzen halten: Rund um den Ardennenkurs werden bis zu 21 Grad gemeldet.

Von einer Favoritenrolle wollte Toyotas Technik-Direktor Floury natürlich nichts wissen, obwohl die Japaner seit 2017 jedes Spa-Rennen gewonnen haben: "Wir sollten nicht zu enthusiastisch sein. Das Rennen in Imola wurde durch die Reifen und die Strategie entschieden, nicht durch die reine Pace. Wenn man die betrachtet, war der Ferrari vier Zehntelsekunden schneller als wir. Damit können wir nicht zufrieden sein. Und wir haben versucht, mitzuhalten. Manche Leute denken, wir rollen vor Le Mans nur so herum. Aber wir wollen die WM gewinnen!"

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Toyota gewann das letzte WEC-Rennen in Imola, Foto: DPPI/WEC

Porsche als WM-Spitzenreiter nach Belgien

Dieses Ziel verfolgt auch Porsche nach den bisherigen Leistungen in der jungen WEC-Saison. Beim Auftakt in Katar errangen Andre Lotterer, Kevin Estre und Laurens Vanthoor den ersten WM-Sieg des Porsche 963 und den ersten eines LMDh-Autos. In Imola bestätigte das erfahrene Trio seine Top-Form mit dem zweiten Platz und reist als Tabellenführer nach Belgien.

Fünf von sechs möglichen Podestplätzen in den beiden Rennen: Beim deutschen Sportwagenbauer stimmte bisher nicht nur die Pace auf der Strecke, sondern auch die Performance im Hintergrund. Im Regen von Imola splitteten die Zuffenhausener geschickt und korrekt die Reifen-Strategie, was LMDh-Werksleiter Urs Kuratle als einen "Schlüssel zum Erfolg" bezeichnete.

Der Schweizer zu Motorsport-Magazin.com: "Nach den Testfahrten hatten wir solch ein Ergebnis nicht erwartet. Wir konnten uns in den Trainings stetig steigern. Wir haben eine starke Boxencrew und ein starkes Einsatzteam. Das alles hat dazu geführt, dass wir in Imola eines der wenigen Teams waren, die die Autos auf der Strecke gehalten und die meisten richtigen Calls gemacht haben."

Rennstart zum WEC-Rennen in Katar
Porsche führt die WEC-Tabelle 2024 an, Foto: LAT Images

Nach Porsche-Erfolgen: Druck bei BMW wächst

Durch die jüngsten Porsche-Erfolge ist der Druck auf den zweiten deutschen LMDh-Hersteller in der WEC, BMW, nicht unbedingt gesunken. In Imola gelang den Münchnern nach dem schwierigen Katar-Auftakt ein deutlicher Fortschritt, der mit dem sechsten Platz durch den #20 BMW M Hybrid V8 (Sheldon van der Linde, Rast, Frijns) belohnt wurde. Das Schwester-Auto (Dries Vanthoor, Marciello, Wittmann) wurde in eine Start-Karambolage verwickelt und verlor mehr als 30 Runden in der Garage.

"Wir sind sehr happy mit den Fortschritten nach Katar", sagte BMW-Motorsportchef Andreas Roos zu Motorsport-Magazin.com. "In Imola waren wir die viertschnellste Marke und der zweitschnellste LMDh. Unser Ziel ist ganz klar, im ersten Jahr nach der Rückkehr in die WEC Rennen zu gewinnen. Wir sind nicht da, um nur mitzufahren, aber man muss auch realistisch sein. Fehler sind nicht erlaubt: In Imola hatte Ferrari definitiv das stärkste Auto und jeder dachte, dass die einen Dreifachsieg einfahren. Und dann kam doch alles anders."

Neues Peugeot-Hypercar: "Bei der Pace fehlt noch einiges"

Eine kleine Wundertüte bleibt unterdessen Peugeot mit dem stark überarbeiteten 9X8-Hypercar, das in Imola sein Renndebüt gab. Das Auto mit der Startnummer #93 (Jensen, Nico Müller, Vergne) erreichte mit Platz neun die Punkteränge, während die #94 nach einem frühen Crash chancenlos war. "Bei der Pace fehlt noch einiges im Vergleich zu den Top-Wettbewerbern", zeigte sich Technik-Direktor Olivier Jansonnie mittelmäßig begeistert, wohl auch angesichts der konservativen BoP-Einstufung des 'neuen' Autos.

Peugeot-Werksfahrer Nico Müller meinte: "Es wäre schön gewesen, mehr kämpfen zu können. Beim Verkehr-Management ist uns ein Fortschritt gelungen. Aber mit dem Reifenverschleiß war es etwas kniffliger, als ich es erwartet hatte, vor allem auf der Hinterachse."

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Der Peugeot 9X8 2024 hat jetzt auch einen Heckflügel, Foto: LAT Images

Ärgerlicher WEC-Clash mit Formel E hat Folgen

Der Schweizer bestreitet das Rennen in Spa nur mit Teamkollege Mikkel Jensen, weil Jean-Eric Vergne zeitgleich bei der Formel E in Berlin für DS-Penske im Einsatz ist. Ähnlich läuft es beim zweiten Peugeot, wo Paul Di Resta und Loic Duval auf Teamkamerad Stoffel Vandoorne (DS Penske) verzichten müssen, da der Belgier ebenfalls das Formel-E-Programm priorisiert bzw. priorisieren muss.

Und weil für Müller, eigentlich Stammfahrer beim Formel-E-Team Abt-Cupra, das WEC-Rennen in Belgien anstelle des Berlin-Wochenendes Vorrang genießt, springt bei den Äbten Kelvin van der Linde ein. Der Südafrikaner wird seinerseits in Spa durch Ritomo Miyata auf dem GT3-Lexus von Akkodis ASP ersetzt.

Das Versagen, eine Terminkollision zwischen den beiden FIA-Weltmeisterschaften zu vermeiden, hat großen Wirbel ausgelöst und trifft zwei weitere Team; Bei Jota-Porsche muss Stammfahrer Norman Nato (Nissan) in der Formel E ran, während in Spa nur Will Stevens und Callum Ilott auf dem #12 Porsche übrig bleiben. Lamborghini muss unterdessen auf Formel-E-Starter Edoardo Mortara (Maserati) verzichten und ersetzt den Schweizer durch Andrea Caldarelli.