Als Meisterschaftsführende tritt auf den WPs in und um Zwickau ein Team an, das wohl vorher niemand auf der Rechnung hatte: Felix Herbold / Kevin Zemanik (Ismaning / Plauen, Honda Civic Type R) treten nicht in einem Boliden der "Königsdivision" 1 an, sondern starten in der Klasse der Fronttriebler (Division 2), wo sie bei beiden bislang ausgetragenen Läufen die volle Punktzahl für den Divisionssieg für sich verbuchen konnten.

Dagegen machen sich die Teams in der hart umkämpften Division 1 den prestigeträchtigen Gesamtsieg und die heiß begehrten Punkte streitig. Denn tatsächlich gibt es 2010 noch mehr Favoriten für den obersten Platz auf dem Podium als in der Vergangenheit: Etwa die beiden Werks-Skoda Fabia Super 2000 des gebürtigen Sachsen Matthias Kahle (Köln) und des Stuttgarters Mark Wallenwein. Oder die Porsche 911 GT3 - mit einem der Zuffenhausener Modelle würde der Thüringer Olaf Dobberkau (Schleusingen) gerne seinen Sieg von 2009 wiederholen. Oder den Subaru Impreza N15 von Sandro Wallenwein, der bislang das Verfolgerfeld voller allradgetriebener Turbo-Boliden anführt.

Zum Zuschauermagnet werden bei der AvD-Sachsen-Rallye nicht nur die Wertungsprüfungen rund um Zwickau, sondern auch der Stadtkern der traditionsreichen Autostadt. Auf Haupt- und Kornmarkt können die Besucher den Teams im Servicepark über die Schultern schauen. Auch das Start-und-Ziel-Tor wird hier an beiden Tagen zu finden sein, wo es die Rallyeteams aus nächster Nähe zu sehen gibt. Ebenfalls in der Zwickauer Innenstadt wird der traditionelle Zuschauerrundkurs an der Glück-auf-Brücke aufgebaut, der am Freitag gleich zwei Mal zu absolvieren ist.

Die Junioren proben den Aufstand

Nach den beiden ersten DRM-Läufen des Jahres liegt der 24-jährige Felix Herbold (Ismaning) im Honda Civic R3 mit 44 Punkten an der Tabellenspitze. Auf Platz zwei rangiert der 23-jährige Skoda-Werkspilot Mark Wallenwein (Skoda Fabia S2000) mit 41 Zählern, der damit mit seinem ‚großen Bruder' und DRM Vizechampion Sandro (36, ebenfalls Stuttgart) gleichgezogen hat.

"Es ist ein verdammt gutes Gefühl, als DRM-Leader nach Sachsen zu kommen", lacht Herbold. "Die Resonanz auf unsere Meisterschaftsführung war gigantisch. Es wurde überall veröffentlicht und jeder hat mich darauf angesprochen." Für den Bayern ist die Sachsen-Rallye sein erklärtes Heimspiel. Herbold grinst: "Ist doch klar: In Bayern gibt es keinen DRM-Lauf, dafür wohnt mein Co-Pilot Kevin Zemanik aber gleich 'um die Ecke' der Sachsen-Rallye in Plauen. Zudem hat mein Team seine Werkstatt in Zwickau in der Nähe des Hauptmarkts, das Büro meines Hauptsponsors liegt direkt am Kornmarkt."

Und für sein Heimspiel hat er sich einiges vorgenommen: "Sicherlich hat Carsten Mohe im Renault Clio R3 hier einen riesigen Vorteil, da er die Rallye seit Jahren kennt. Aber wir wollen ihm Paroli bieten und versuchen, mit ihm um den Divisionssieg zu kämpfen, auch wenn das ein harter Brocken wird. Und vielleicht geht ja ein weiterer Traum in Erfüllung, und wir können die Meisterschaftsführung verteidigen." Auch Mark Wallenwein (Skoda Fabia Super 2000), der zweite Youngster an der DRM-Spitze, ist voll motiviert: "Unser Ziel ist ganz klar wieder das Podium, auch wenn ich glaube, dass dies für mich in diesem Jahr die schwierigste Rallye wird." Für den Youngster aus Schwaben ist es erst der zweite Start auf den Asphaltprüfungen Sachsens, "und bei den schnellen Prüfungen ist eine gute Streckenkenntnis extrem wichtig. Aber das sind eben die Gegebenheiten, und wir müssen damit bestmöglich umgehen. Aber wenn wir unsere Meisterschaftschancen wahren wollen, müssen wir auf das Podium."

Spannende Voraussetzungen für den Fight um den Gesamtsieg

Mark Wallenwein wird es beim Kampf um den Gesamtsieg neben seinem Teamkollegen Matthias Kahle und den immer stärker werdenden Mitsubishi-Teams mit Hermann Gaßner und Peter Corazza voraussichtlich vor allem mit zwei Kontrahenten zu tun bekommen: Bruder Sandro und Olaf Dobberkau, die sich vor dem dritten DRM-Lauf allerdings auch gegenseitig gerne die Favoritenrolle zuschieben wollen.

Eine Schlüsselstelle: Der auf 13,77 km angewachsene Stadtrundkurs an der Zwickauer Glück-Auf-Brücke. Durch die Integration eines Tunnels in die Streckenführung schwärmen Organisatoren und Fans schon im Vorfeld von einem "Sächsischen Monaco", das sich zum Zuschauermagneten entwickeln dürfte. Allerdings fordert der Vollgaskurs den Teilnehmern und ihren Fahrzeugen auch alles ab. Im vergangenen Jahr konnte Olaf Dobberkau hier den Grundstock zum ersten Porsche-Sieg in der DRM nach 26-jähriger Pause legte.

"Wir müssen auch in diesem Jahr auf dem Stadtrundkurs einen Vorsprung herausfahren, um wieder eine Chance auf den Sieg zu haben", prognostiziert der Thüringer, "aber das wird deutlich schwerer als im vergangenen Jahr." Zum einen sieht er die beiden anderen Porsche-Teams: Toni Werner (Altfraunhofen) und Lokalmatador Maik Stölzel (Zwikau) setzen die leistungsstärkere 997er Version des schwäbischen Hecktrieblers ein, während der lange Schleusinger weiterhin auf Vorjahresstand unterwegs ist.

Zum anderen: "Die Gruppe-N-Allradler sind durch den größeren Air-Restriktor schneller geworden." Zudem baute der Veranstalter hier und auf einer weiteren Prüfung neue Bremskurven in die Streckenführung ein: "Die sind das Resultat von Anregungen von Fahrerseite", erklärt Sandro Wallenwein. "Nach der Rallye 2009 gab es diesen Impuls aus den Reihen der Aktiven, um die Sicherheit der Veranstaltung zu erhöhen."

Sicher ist auch dies: Die Hauptakteure im Kampf um den Gesamtsieg sind bis in die Haarspitzen motiviert. Für Dobberkau, der in Sachsen seinen 200. Rallyestart feiert, gilt nur der Sieg: "Nach dem Ausfall in Hessen durch eine defekte Kupplung ist der Meisterschaftszug für uns abgefahren, jetzt zählen nur noch Laufsiege! Für die Fans wird das sicher richtig spannend. Ich bin mir sicher, die Entscheidung um den Sieg fällt erst auf den letzten Metern." Auch der ältere der Wallenwein-Brüder gibt sich kämpferisch: "Ich fürchte, gegen die Super-2000-Fahrzeuge und die Porsche haben wir haben keine Chance ganz nach vorne zu fahren. Aber wir geben alles: Denn um am Ende eine Chance auf den Titel zu haben, muss man bei jedem Lauf auf dem Podest stehen." Sein Resümee: Wir fahren in der DRM auf einem ganz hohen Level, dazu sind nur wenige Piloten in der Lage".

Geschehen in der Division 3 wird belebt

Beim Fight um den Gesamtsieg in Division 1 und den Tabellenleader aus Division 2 steht in Sachsen das in Division 3 versammelte Feld der Fronttriebler bis 1.600 ccm Hubraum ein wenig im Schatten. Doch auch hier kündigen sich spannende Fights um Punkte und Platzierungen an: Mit zwei Siegen in der Division schoben sich Lars Mysliwietz und Co-Pilot Oliver Schumacher (Nalbach/Fluterchen) im Citroën C2R2max auf den vierten DRM-Rang. "Aller guten Dinge sind ja - mindestens - drei", schmunzelt der Saarländer Mysliwietz der Fortsetzung seiner Siegesserie entgegen.

Wie viele der DRM-Kollegen ist er vom Flair der AvDSachsen- Rallye begeistert. "Es ist toll, unseren faszinierenden Sport in solch einer Atmosphäre zu präsentieren." Aber der erneute Griff zur Maximalpunktzahl wird nicht einfach: "Neben den üblichen Verdächtigen startet Youngster Patrick Pusch erstmals auf einem Renault Twingo R2, da es der erste Start dieses Autos in Deutschland ist, kann ich ihn nicht einschätzen. Dazu kommt noch als Gaststarter Lokalmatador Daniel Schmidt, der ebenfalls einen C2R2max an den Start bringt." Zusätzlichen frischen Wind sowie einen optischen und akustischen Genuss bringen die ‚Quertreiber' in den Divisionen für die Gruppe-H-Boliden in die Meisterschaft. Der Tross wird angeführt von den Lokalmatadoren Ruben und Petra Zeltner (Lichtenstein) in ihrem BMW M3. Ihr dänischer Markenkollege Johnny Pedersen und der Nordhesse Michael Rausch im Opel Ascona B bilden die Spitze der Verfolgergruppe in der Division 5. In der kleineren Division 6 könnten Dir Klemund / Thomas Schöpf ihre Führung im Subaru Impreza weiter ausbauen.