Wo Michael Schumacher auftaucht sammeln sich die Fernseh-Teams und Fotografen. Dort ist das Interesse von Medien und Fans. Zu Hunderten belagern sie seine Box und sein Motorhome. Mit ihm rücken unweigerlich auch die Personen in seinem Umfeld in das öffentliche Interesse. Für Motorsport-Magazin.com Grund genug, einmal den Teamkollegen Mattias von Hammerstein und seine Saison unter die Lupe zunehmen.

Michael Schumachers Leidenschaft für das Motorradfahren war eines der motorsportlichen Highlights im Jahre 2008. Er heuerte im Holzhauer Racing Promotion Rennstall aus Wittenberge, nord-westlich von Berlin gelegen, an und fuhr gemeinsam mit den Teamkollegen Martin Bauer und Mattias von Hammerstein bei ausgewählten Läufen zur Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft (IDM) mit. Bauer wurde Meister, Schumacher erntete den Respekt der Zweiradfraktion. Doch wie lief es bei von Hammerstein?

"Ich glaube, ich war dieses Jahr nicht so schnell unterwegs, wie ich es gern gewesen wäre", gibt der Eisenacher gleich zu Beginn selbstkritisch zu Protokoll. Gesamtrang 18 und 35 Punkte standen am Ende zu Buche. Drei zehnte Plätze waren die besten Platzierungen, die der Honda-Pilot in 2008 heraus fahren konnte. 2007 waren es noch 79 Zähler, Gesamtrang Elf und siebente Plätze, die auf sein Konto gutgeschrieben wurden und Mut für 2008 machten. "Ich kann aber wirklich sagen, dass ich sehr viel gelernt habe", sieht von Hammerstein die positiven Sachen an der zurückliegenden Rennsaison.

Ein guter Lehrer

"Mit Fahrwerk, Reifen und Fahrtechnik hatte ich einen der besten Lehrer an meiner Seite", bedankt sich der Youngster bei Teamkollege Bauer. "Aber so wie ich Menschen kennen gelernt habe, die ich nun sehr schätze, die mich unheimlich überrascht haben durch ihren Einsatz und ihre Selbstlosigkeit, gibt es andere, von denen ich sehr enttäuscht worden bin", mahnt von Hammerstein an. Jedoch wolle er sich über die Enttäuschungen nicht weiter auslassen und lieber über die schönen Dinge resümieren.

Michael Schumacher war nett und unkompliziert, Foto: IDM
Michael Schumacher war nett und unkompliziert, Foto: IDM

Die Frage "Beschreibe Michael Schumacher mit nur einem Satz" beantwortet "Snoopy" - wie er mit Spitznamen heißt - wie folgt: "Michael ist ein unheimlich netter und unkomplizierter Mensch mit einer unglaublichen Auffassungsgabe und riesigem Ehrgeiz". Vor jeder Eigenschaft ein steigerndes Attribut scheint selbstverständlich bei einem siebenfachen Formel 1-Weltmeister. Von Hammerstein führt weiter aus: "Michael und ich haben uns nur an den IDM-Wochenenden oder den Tests gesehen. Bei diesen Gelegenheiten war der Umgang aber locker und problemlos. Wir haben sehr viel gelacht [von Hammerstein kann sich bei dieser Erinnerung ein erneutes Kichern nicht verkneifen]. Ich denke Martin und ich konnten von ihm ebenso lernen wie er von uns."

Schumachers rasende Entwicklung

"Michael hatte anfänglich Probleme damit, zu beschreiben, was er auf dem Motorrad fühlt", so von Hammerstein weiter über das Naturtalent Schumacher. "Aber mit jedem Turn und mit jeder Besprechung sind seine Angaben eindeutiger geworden. Diese Entwicklung ging rasend schnell. Soweit ich das mitbekommen konnte, waren seine Aussagen gegen Ende der Saison absolut auf IDM-Niveau. Er konnte dann wie die Top-Leute und erfahrenen Hasen beschreiben, was auf dem Motorrad vor sich geht und wie er es gerne haben möchte. Ich hatte immer den Eindruck, dass ihm Martins und meine Tipps sehr willkommen waren. Das wichtigste daran aber: Dass er sie auch sofort umsetzen konnte."

Beim zweiten Saisonrennen in Oschersleben war Schumi das erste Mal im IDM-Zirkus mit unterwegs. Da hatte von Hammerstein schon einen Lauf hinter sich gebracht. Beim Auftakt auf dem EuroSpeedway Lausitz hatten ein 17. und ein 14. Platz - und damit zwei Meisterschaftspünktchen - zu Buche gestanden. Der Eisenacher, der jetzt in Darmstadt lebt und dort Wirtschaftsingenieurwesen studiert, war damit aber nicht so richtig zufrieden. In Oschersleben wollte er besser sein. Mit den Rängen Elf und Zehn gelang das auch. Vielleicht war es das allgemeine Interesse am Holzhauer-Rennstall, das Auftrieb gab.

Ein passender Jahreswechsel

"Natürlich habe ich mir meine Gedanken über Schumi gemacht. Aber ich habe zugesehen, meinen eigenen Stiefel zu fahren. Im Rennen und Training hatte ich genug mit mir selbst zu tun als mich um Michael zu kümmern." Schumi wurde von Rennen zu Rennen schneller. Mattias von Hammerstein dagegen hatte eine durchwachsene zweite Saisonhälfte mit einigen heftigen Abflügen - er kam aber ohne Verletzungen davon. Aber solche Crashs nagen nicht nur am Selbstvertrauen sondern auch am Geldbeutel und brennen sich in den Hinterkopf. Der Honda-Pilot konnte nicht mehr so frei und locker fahren wie noch am Anfang der Saison. Da tut jetzt der Jahreswechsel und die Pause richtig gut um wieder durch zuatmen, neuen Mut zu fassen und zu trainieren.

Der Abstand nach vorne muss noch kleiner werden, Foto: TB
Der Abstand nach vorne muss noch kleiner werden, Foto: TB

"Ich wollte 2008 die Lücke zur Spitzengruppe schließen und in die Top sieben bis fünf hinein fahren", erörtert der Superbike-Pilot dessen Lieblingsstrecken Almeria/Spanien und das Schleizer Dreieck sind. "Das hat eindeutig nicht geklappt. Der Abstand zur Spitze ist zwar kleiner geworden, meiner Meinung nach aber ist er immer noch zu groß. Natürlich gibt es unterschiede zwischen den werksunterstützten Teams und den Privatfahrern. Aber ich denke, die Schere geht nicht so weit auseinander, wie es nach außen wirkt. Die Qualität der Technik und der Betreuung steigt nicht proportional zu Länge und Größe der Team-LKWs. Die Chemie zwischen Fahrer, Motorrad und Team muss passen. Stimmt die Atmosphäre nicht, kann keiner 100% liefern."

Bauer war einfach besser

"Bei Martin hat in der Regel einfach alles gepasst", nimmt von Hammerstein seinen Teamkollegen und amtierenden Meister, Martin Bauer, unter die Lupe. "Das Motorrad war von Anfang an konkurrenzfähig und ist dank der unermüdlichen Arbeit des Teams immer besser geworden. Martin und das Team kennen sich gut und wissen, wie sie miteinander umgehen müssen. Jens Holzhauer (Teamchef), Gerd Tiede (Techniker) und Martin Bauer verstehen sich teilweise ohne Worte. Dazu ist er ein unheimlich starker Fahrer, der vor allem mental schwer zu knacken ist. Unsere Motorräder waren technisch identisch. Die persönliche Abstimmung hat natürlich jeder für sich vorgenommen. Da muss ich neidlos anerkennen, dass Martin einfach um Klassen besser war als ich."

Der Ausblick auf 2009 klingt bei von Hammerstein optimistisch. Nach dem Finale in Hockenheim Anfang September, hatte der 21-jährige die Gelegenheit, verschiedene andere Maschinen zu testen und etwaige Verhandlungen zu führen. Vor allem aber brachte von Hammerstein Ideen und Vorstellungen mit, was er gern anders machen würde. Momentan steht er noch mit einem Team in Verhandlungen und hofft auf eine Vertragsunterzeichnung im Januar. "Wenn alles klappt, werde ich 2009 glücklicherweise wieder auf einer Honda sitzen", freut sich von Hammerstein noch vor dem Jahreswechsel.