Seit 1923 werden die 24 Stunden von Le Mans ausgetragen, in dieser Zeit hat sich die Welt des Automobils immer weiter verändert. Techniken, die heute selbstverständlich erscheinen, waren zum Zeitpunkt ihrer Ersteinführung teilweise revolutionär. Motorsport-Magazin.com wirft einen Blick in die Geschichtsbücher und beleuchtet, welche Änderungen das Langstreckenrennen an der Sarthe prägten.

1927: Der Front-Antrieb hält Einzug

In den ersten Jahren der 24 Stunden von Le Mans war die Marschrichtung der Autobauer recht klar. Die Autos verfügten über einen Frontmotor, der Antrieb aber kam über die Hinterachse. Dies änderte sich bei der Ausgabe 1927. Unter Finanzierung des Industriellen Maurice Fenaille entwickelte Jean-Albert Gregorie den ersten Front-Antrieb. Das Auto wurde Tracta genannt. Bei der Premiere erreichten Gregoire und sein Mitstreiter Lucien Lemesle sogar das Ziel und wurden Siebter. Der Rückstand auf den Sieger Bentley war mit 40 Runden aber beträchtlich. Auf Platz sechs fehlten neun Runden.

1949: Der Motor wandert nach hinten

1963 feierte Ferrari den ersten Sieg mit einem Heckmotor, Foto: Sutton
1963 feierte Ferrari den ersten Sieg mit einem Heckmotor, Foto: Sutton

So lange es den Automobilsport auch gab, der Motor war stets im vorderen Teil des Boliden untergebracht. Eine metaphorische Begründung lieferte der legendäre Enzo Ferrari, der sagte: "Pferde ziehen den Pflug, sie drücken ihn nicht." Im Jahr 1949, dem ersten Rennen nach dem Zweiten Weltkrieg, debütierte das erste Auto mit einem Heckmotor. Passenderweise wurde einem französischen Fabrikat diese Ehre zuteil. Der Privatfahrer Camile Hardy setzte einen Renault 4CV ein, obwohl Renault selbst den Wagen als ungeeignet einstufte. Zumindest was die Zuverlässigkeit betrifft, hatten die Experten recht: Bereits nach 21 Runden musste das Auto mit Motorenproblemen aus dem Rennen genommen werden.

Nette Anekdote noch zu Ferrari: Obwohl Firmengründer Enzo Ferrari - wie oben beschrieben - kein Freund von Heckmotoren war, setzten auch die Italiener bald solche Fahrzeuge ein. Und es war auch ausgerechnet Ferrari, die 1963 den ersten Sieg eines Fahrzeuges mit Heckantrieb feierten.

1967: Slicks und Heckflügel feiern Premiere

Im Jahr 1967 gab es in Le Mans gleich zwei Neuerungen zu bestaunen. Die erste betraf die Reifen. Michelin brachte für die 24 Stunden einen neu-entwickelten Reifen mit, der eine glatte Oberfläche ohne Profil aufwies - den ersten Slick. Die Wirkung dieser neuen Konstruktion bewies Alpine. Die #46 umrundete den Kurs in der Klasse P 1.6 zum ersten Mal in einer Zeit unter vier Minuten. Die zweite Revolution, die heute absoluter Alltag im Rennsport ist, war die Etablierung des Heckflügels. Bis dahin gab es Flügelkonstruktionen zur Generierung von Abtrieb nicht. Chaparral zeigte sich als Pionier und schraubte einen damals noch recht seltsam anmutenden Flügel an die beiden Autos. Zudem entwickelten die Amerikaner noch ein Pedalsystem, mit dem der Flügel je nach Streckenabschnitt steiler oder flacher gestellt werden konnte. Die Geburtsstunde des aktiven Heckflügels.

1974: Turbo-Motor erweitert Antriebsvarianten

Porsche setzte 1974 erstmals den Turbo-Motor in Le Mans ein - und wurde Zweiter, Foto: Sutton
Porsche setzte 1974 erstmals den Turbo-Motor in Le Mans ein - und wurde Zweiter, Foto: Sutton

Das Rad der Zeit drehte sich immer weiter. So auch bei der Entwicklung der Motoren. Saugmotoren waren bis dato das Nonplusultra im Automobilsport. 1963 setzte BRM den ersten Gasturbinen-Motor in Le Mans ein und erregte viel Aufmerksamkeit, auch wenn er außer Konkurrenz antrat. Nachhaltig setzte sich dieses Konzept jedoch nicht durch.

Zu einer Revolution, die die Welt der Motoren langfristig veränderte, kam es 1974. Porsche setzte erstmals einen Turbo-Motor ein, der durch Aufladung mehr Leistung erhielt. Bereits beim Debüt des Aggregatsbelegte das Martini Racing Team den zweiten Platz. Den ersten Turbo-Sieg in Le Mans feierten Jacky Ickx und Gijs van Lennep 1976. Seither tobt ein Kampf zwischen Sauger und Turbo, der bis heute anhält. Erst 2016 wechselte Toyota vom V8-Saugmotor zum Sechszylinder-Turbo.

1998: Geburtsstunde des Hybrid-Motors

Ob Formel 1 oder WEC - Hybrid-Motoren sind das Markenzeichen des modernen Rennsports. Seit der Wiederbelebung der Sportwagen-WM 2012 verpflichten sich die teilnehmenden Werke, Hybrid-Boliden einzusetzen. Die Premiere einer Ottomotor-Elektromotor-Mischung erfolgte jedoch bereits 1998 durch den Amerikaner Don Panoz. Er kombinierte einen Sechsliter-Ford mit einem Elektromotor, dessen Batterien durch die Bremsenergie geladen wurden. Doch die Zeit war damals noch nicht reif. Panoz qualifizierte sich nicht für das Rennen. Im Jahr 2012 feierte Audi den ersten Hybrid-Erfolg in Le Mans.

2006: Erster Diesel-Erfolg in Le Mans

Audi feierte 2006 den ersten Sieg eines Diesel-Fahrzeuges in Le Mans, Foto: Sutton
Audi feierte 2006 den ersten Sieg eines Diesel-Fahrzeuges in Le Mans, Foto: Sutton

Die Diesel-Technologie gibt es bereits seit dem 19. Jahrhundert, doch für den Rennsport erwiesen sich die Selbstzünder als wenig tauglich. Mit den Jahren gab es aber auch auf diesem Gebiet eine stetige Weiterentwicklung. Die erste Teilnahme eines Diesel-Fahrzeuges stammt bereits aus dem Jahr 1949, doch der von Delettrez eingesetzte Bolide schied früh aus. 2006 setzte Audi erstmals einen Diesel-Motor an der Sarthe ein - und feierte prompt den Gesamtsieg. Seither rückten die Ingolstädter bis zum Ausstieg Ende 2016 nicht mehr von der Diesel-Technologie im Langstreckensport ab.