Beim Thema Motorsport kommt dem Großteil der Deutschen sofort die Formel 1 in den Kopf. Es folgen Begriffe wie MotoGP, DTM oder 24h von Le Mans. Die WRC nennen die wenigsten an erster Stelle. Doch woran liegt das? Motorsport-Magazin.com sprach darüber mit DMSB-Präsident Hans-Joachim Stuck.

Volkswagen hat sich in den vergangenen vier Jahren in der WRC sehr engagiert, um die Sportart publik zu machen und zudem die nötigen Erfolge geliefert. Dennoch blieb das Interesse - speziell in Deutschland - gering. Woran machen Sie das fest?
Hans-Joachim Stuck: Für mich ist ganz klar ein wichtiger Parameter das Fernsehen. Es ist eigentlich schade, dass nur so wenig im TV zu sehen ist. Natürlich ist es beim heute sehr hohen Angebot und den Kosten schwierig, aber das wäre ein sehr wichtiger Faktor. Wir brauchen mehr Fernsehpräsenz. Aus Eventsicht - beispielsweise die Panzerplatte bei der Rallye Deutschland - ist alles fantastisch. Aber durch die fehlende Präsenz im TV bekommt die WRC nicht den nötigen Stellenwert. Das ist sehr schade, denn es ist sehr guter Motorsport.

Fehlt auf dem deutschen Fahrermarkt auch eine Persönlichkeit?
Hans-Joachim Stuck: Das kommt auf jeden Fall hinzu. Wir bräuchten einen Deutschen, der im Auto sitzt. Wir haben in der ADAC Stiftung Sport aus deutscher Sicht beispielsweise Fabian Kreim. Und es gibt auch noch weitere Fahrer, die das Zeug dazu haben. Wir werden sehen, ob sie in der Zukunft in der WRC mitmischen werden.

Der ehemalige Volkswagen-Motorsport-Direktor Jost Capito hat dafür gekämpft, die Regeln an die Fernsehbelange anzupassen. Beispielsweise ein Shootout auf der letzten Prüfung. Wie denken Sie über solche Ideen?
Hans-Joachim Stuck: Nein, es muss absolut umgekehrt sein. Es geht darum, die Hersteller dazu zu bekommen, noch aus einem anderen Topf Geld abzuzwacken, um zu Beginn das Fernsehen einzukaufen - in der Formel 1 war es am Anfang auch nicht anders. Ziel muss sein, Interesse zu generieren, damit es sich ab einem gewissen Zeitpunkt für die Sender lohnt, TV-Übertragungen zu machen. Aktuell läuft es zum Beispiel sehr gut, dass vor der Formel 1 eine WRC-Zusammenfassung ausgestrahlt wird. Solche Verbindungen müssen geschaffen werden, um auch Zuschauer auf diese Serie aufmerksam zu machen, obwohl sie sich eigentlich nur für Formel 1 interessieren. Wenn wir allerdings versuchen, die Rallye künstlich spannender zu machen, gewinnen wir damit meiner Meinung nach nichts.

Die WRC braucht mehr TV-Präsenz, Foto: Sutton
Die WRC braucht mehr TV-Präsenz, Foto: Sutton

Sind die Veranstaltungen, die aktuell zwischen drei und vier Tage dauern, heute überhaupt noch zeitgemäß, beziehungsweise im hart umkämpften TV-Markt machbar?
Hans-Joachim Stuck: Es ist sicherlich nicht möglich, vier Tage zu übertagen, sondern die Konzentration muss auf gewissen Dingen liegen. In dieser Beziehung geht die Formel E den richtigen Weg. Auch die Zuschauer haben heute ganz andere Anforderungen an ein Wochenende und wollen vier oder fünf Sachen an einem Tag machen. Da finde ich Ein-Tagesveranstaltungen eine coole Nummer. Das wird auch beim neuen Ablauf eines DTM-Wochenendes deutlich. Man muss alles komprimieren und einige Dinge vielleicht zusammenlegen. Es gibt sicherlich ein paar Sachen, die geändert werden müssen, denn bei vier Tagen bekommt man keine Fernsehanstalt - das geht nicht.

Die Startreihenfolge wurde in den vergangenen Jahren ebenfalls immer wieder verändert, um Spannung aufzubauen. Eine perfekte Lösung scheint es aber nicht zu geben. Haben Sie eine Idee, um faire und spannende Rallyes möglich zu machen?
Hans-Joachim Stuck: Ich bin sehr gut mit Sebastien Ogier befreundet. Ich muss ihm absolut recht geben, denn er ist in der aktuellen Saison auf jeden Fall der Benachteiligte. Andrerseits gibt es diese Regel nun einmal. Aktuell gibt es wieder Diskussionen, ob etwas verändert werden soll, aber die perfekte Lösung wird es nicht geben. Irgendjemand wird immer - und sei es durch das Wetter - benachteiligt sein. Aber einen Tod muss man eben sterben.