Es ist schon etwas historisch: Andre Lotterer muss Mitte März auf das 1.000-Meilen-Rennen der WEC in Sebring verzichten. Damit verpasst der dreifache Le-Mans-Sieger zum ersten Mal seit 2012 ein Rennen in der Langstrecken-Weltmeisterschaft. Der Grund für sein Fehlen: Er wird sich stattdessen im Simulator auf das Formel-E-Rennen im chinesischen Sanya vorbereiten, wo die Elektro-Rennserie am 23. März zum ersten Mal gastieren wird.

Eigentlich hätte Lotterer in der WEC für das Privatteam Rebellion antreten und sich den Rebellion R13-Gibson mit seinen Teamkollegen Bruno Senna und Neel Jani sollen. Stattdessen verpflichtete der Schweizer Rennstall Mathias Beche als einmaligen Ersatzmann für Lotterer. Der 32-jährige Schweizer fuhr in der Vergangenheit mehrfach für Rebellion und stand 2018 mit dem Team bei den 24 Stunden von Le Mans auf dem Podium.

Dass Lotterer einen Simulator-Test einem Renneinsatz vermeintlich vorzieht, stieß teilweise auf Unverständnis. "Jetzt ist es soweit: Der Tag ist gekommen, dass du ein Weltmeisterschaftsrennen wegen eines Simulator-Tests verpasst", kommentierte Porsche-Werksfahrer Laurens Vanthoor auf Twitter und erhielt dafür teilweise Zustimmung der Fan-Gemeinde.

Mathias Beche ersetzt Andre Lotterer beim WEC-Rennen in Sebring, Foto: Speedpictures
Mathias Beche ersetzt Andre Lotterer beim WEC-Rennen in Sebring, Foto: Speedpictures

So einfach ist es allerdings nicht. Zunächst einmal entscheidet die vertragliche Situation, bei welchen Veranstaltungen Lotterer antritt. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com läuft sein Vertrag mit dem Formel-E-Team Techeetah bis einschließlich der kommenden Saison, wobei die Formel E sein Hauptprogramm darstellt.

Hinzu kommt die spezielle Rennkalender-Situation: Lotterer startet mit der Formel E am Samstag, 10. März beim Rennen in Hongkong. Die Sebring-Veranstaltung in der WEC beginnt wegen einer Zusammenarbeit mit der IMSA-Sportwagenserie bereits am Mittwoch, 13. März und endet am Freitag, 15. März. Direkt am Anschluss ist die IMSA dran mit ihren Trainings und dem Rennen beim 'Super-Sebring'-Wochenende.

In der Formel E startet Lotterer für Top-Team DS Techeetah, Foto: Jean-Michel Le Meur
In der Formel E startet Lotterer für Top-Team DS Techeetah, Foto: Jean-Michel Le Meur

So wäre die Zeit für Lotterer zwischen Hongkong und Sebring zwar knapp, jedoch machbar. Aber: Schon am 23. März startet der 37-Jährige beim Formel-E-Lauf in Sanya, China auf einem komplett neuen Stadtkurs. In der Formel E bereiten sich die Fahrer bis zu fünf Tage lang im Simulator auf ein Rennen vor - ganz besonders, wenn es sich um die Premiere eines Rennens handelt. Angesichts dieses Pensums wäre es für Lotterer praktisch unmöglich gewesen, sich ordentlich auf das Sanya-Rennen einzustellen.

Da die Formel E alle Trainings, das Qualifying und das Rennen innerhalb eines Tages austrägt, ist die Vorbereitung im Simulator von enormer Wichtigkeit. Das untermauerte auch BMW-Werksfahrer Antonio Felix da Costa, der auf Vanthoors Tweet reagierte: "Er verpasst das Rennen nicht, weil er 'im Simulator spielen' muss. Er verpasst es, weil diese Meisterschaft (Formel E, d.Red.) jetzt eine große Sache ist und die gesamte Rennvorbereitung einen Großteil deines Resultats ausmacht."