Die Bedingungen hätten kaum besser sein können. Strahlender Sonnenschein und Temperaturen von mehr als 20 Grad lockten über 30.000 Motorsportfans an den Hockenheimring Baden-Württemberg. Auf der 75 Jahre alten Rennstrecke zwischen Mannheim und Stuttgart wurde zum dritten Mal das Jim Clark Revival ausgetragen. Neben den Zuschauern kamen beinahe 700 Boliden aus 18 Rennserien nach Hockenheim und sorgten so für eine unvergessliche Kulisse.

Sowohl Classic-Freunden als auch für Anhängern des modernen Motorsport wurde ein tolles Programm geboten. Von historischen Oldtimern über ausgereifte Nachwuchsrennserien bis zu PS-Monstern aus der Formel 1 war so ziemlich alles auf der 4,7 langen Strecke unterwegs, was mindestens vier Räder hatte.

Gleich in zwei Rennserien kamen die Zuschauern in den Genuss von schnellen und vor allem lauten Formel 1-Fahrzeugen. In der FIA Thoroughbred Grand Prix Meisterschaft sorgten Boliden bis zum Baujahr 1985 für Unterhaltung. In den Rennen ließen es die Gentlemen-Driver ruhig angehen, ein wenig Schrott gab es trotzdem. Es traf ausgerechnet Keks-Guru Hubertus Bahlsen, der seinen Arrows A4/3 in der Südkurve in die Reifen setzte. Seine Frau Andrea, die einen Tyrell 008 ohne Ground-Effekt bewegte, zeigte wie es richtig geht. Sie stellte ihren Wagen nach dem Rennen unbeschadet im Parc Fermé ab.

Klaas Zwart dominierte in der EuroBOSS, Foto: adrivo Sportpresse
Klaas Zwart dominierte in der EuroBOSS, Foto: adrivo Sportpresse

In der EuroBOSS-Serie, Europas wohl schnellster Rundstreckenmeisterschaft mit Formel 1 Fahrzeugen aus der nahen Vergangenheit sorgte Klaas Zwart für Furore. Der Schwiegervater von WTCC-Pilot Tom Coronel ließ der Konkurrenz keine Chance. In seinem Ascari Judd war der Niederländer pro Runde mehrere Sekunden schneller als der Rest des Feldes. Auch ein Fahrzeugwechsel vor dem zweiten Rennen brachte den Routinier nicht aus der Ruhe. Souverän holte Zwart an diesem Wochenende einen Doppelsieg.

Überschattet wurde das zweite Rennen von einem schweren Startunfall zwischen zwei Konkurrenten. Es war eine klassische Szene. Ein stehen gebliebenes Fahrzeug wird am Start von einem herannahendem Boliden torpediert. Glücklicherweise konnten beide Piloten ihre Fahrzeuge ohne fremde Hilfe verlassen. Von 19 gemeldeten Fahrzeugen kamen am Sonntag weniger als zehn ins Ziel, das ist keine gute Quote.

Nicht viel besser, wenn nicht sogar schlimmer, lief es im Orwell Supersports Cup. Von den bis zu 850 PS starken Fahrzeugen waren am Sonntagnachmittag nur noch 15 in tadellosem Zustand, 19 blieben auf der Strecke. Das ist vor allem deswegen traurig, weil die Fahrzeuge alle aus den frühen 70er-Jahren stammen und nicht mehr hergestellt werden. Trotzdem faszinierte der Supersports Cup die Zuschauer. Geschosse wie der Lola T 222 oder der March 76 S erreichten vor dem Anbremsen auf die Spitzkehre immerhin Geschwindigkeiten von über 300 km/h.

Spektakuläre Autos in der STT, Foto: STT
Spektakuläre Autos in der STT, Foto: STT

Motorsport vom Feinsten wurde in der Spezial Tourenwagen Trophy geboten. In zehn Rennklassen starteten über 30 Fahrzeuge. Die Palette reichte dabei von kleinen Autos wie einem Fiat Uno oder VW Golf bis hin zu GT-Boliden aus Zuffenhausen. In den Rennen konzentrierten sich jedoch alle Augen auf einen spannenden Kampf um den Sieg. Zwischen Michael Schrey in einem Porsche Turbo, Robert Wallenborn in einem 996 GT2 und Pertti Kuismanen wechselte die Führung mehrfach. Erst in den letzten Runden des Rennens konnte der Finne Kuismanen in seiner Dodge Viper die Entscheidung herbeiführen und die Konkurrenz auf die Plätze verweisen.

Nachwuchstalente gab es in der Formel Renault 2.0 sowie im ATS Formel 3 Cup zu sehen. Während die Formel Renault aus der Schweiz ein einmaliges Gastspiel in Deutschland absolvierte, startete der deutsche Formel 3 Cup beim Jim Clark Revival in die Saison 2007. Für die Siege sorgten Frédéric Vervisch und Carlo van Dam, sowie Marcel Schuler in der Trophy-Wertung. An dieser Stelle muss man den 21 Fahrern, die zum Großteil ihre erste Saison absolvieren, ein Lob aussprechen. Bis auf kleinere Kollisionen wie die zwischen Kevin Fank und Federico Glorioso in der Spitzkehre ging es in beiden Rennen äußerst fair zu.

Absehen muss man da nur bei dem Verhalten mancher Fahrer auf dem Podium. Anstatt sich selbst mit Champagner zu begießen und so den üblichen Schweißgeruch nach einem anstrengendem Rennen zu übertünchen, ging der ein oder andere Fahrer nach der Siegerehrung auf die Models los, die sich im Hintergrund auf der Orwell-Bühne zur Schau stellten. Die Gelegenheit es besser zu machen haben die Nachwuchsfahrer schon in knapp zwei Wochen, wenn im Rahmen des Top 10 Racing Weekends in Oschersleben die Meisterschaftsläufe drei und vier anstehen.

Versuch´s mal mit Gemütlichkeit - Rennsieger Carlo van Dam, Foto: adrivo Sportpresse
Versuch´s mal mit Gemütlichkeit - Rennsieger Carlo van Dam, Foto: adrivo Sportpresse

Die Motorsportfans flanierten das ganze Wochenende über mit strahlenden Gesichtern und funkelnden Augen durch das Fahrerlager. Beim Jim Clark Revival gab es nämlich Motorsport zum anfassen. Keine abgeriegelten Boxen oder abgedeckten Autos. Jeder der ein Foto machen wollte, bekam auch eines. Jeder, der sich die Boliden mal ganz aus der Nähe anschauen wollte, konnte einen Schritt weiter vortreten als üblich.

Für besondere Begeisterung sorgte das Aufwärmen der Motoren in den verschiedenen Klassen. Wenn die hochgezüchteten Motoren aus den Supersport und Formel 1 Klassen musizierten, gab es anschließend sogar Szenenapplaus.

Weltrekordversuch gescheitert

Nicht ganz geklappt hat übriges der Weltrekordversuch am Sonnabend. Es sollten über 1.000 Oldtimer eine komplette Runde auf der Grand Prix Strecke zurücklegen. Die historischen Fahrzeuge rollten auch in Scharen um den Kurs, gereicht hat es trotzdem nicht. Zwar hat man mit 908 Autos den hauseigenen Rekord um Längen brechen können, zum Weltrekord reichte es jedoch nicht, wenn auch nur knapp. Doch eines ist sicher: Im kommenden Jahr werden viele Motorsportfanatiker zum vierten Jim Clark Revival zurückkehren. Und vielleicht klappt es dann auch mit dem Weltrekord…