Söhne berühmter Väter kämpfen laut dem Volksmund seit jeher gegen die hohen Anforderungen und Erwartungen ihrer Umwelt an, die sie immer nur am Ruhm und Glanz ihrer Erzeuger misst. Insbesondere wenn der Nachwuchs den gleichen Weg wie der erfolgreiche Herr Papa eingeschlagen hat und nun durch eigenständige Leistungen aus dem langen Schatten des alten Herren heraustreten möchte.

Zwei Väter - Zwei Söhne

Johnny Cecotto und Keke Rosberg dürften allen Motorsport-Fans rund um die Welt ein Begriff sein. Der eine, aus Venezuela stammend, absolvierte 18 Formel 1 Grand Prix, diverse Tourenwagenserien und wurde 1975 und 1978 Motorradweltmeister. Der andere, aus dem hohen Norden Finnlands kommend, gewann fünf seiner insgesamt 114 Formel 1 Rennen und wurde 1982 F1-Weltmeister.

Der Name Rosberg kehrte nach Jahrzehnten zurück., Foto: Sutton
Der Name Rosberg kehrte nach Jahrzehnten zurück., Foto: Sutton

Die gleichen klingenden Nachnamen findet man, Jahrzehnte nach den großen Erfolgen der Stars von einst, auch heute noch in den Starterlisten. Und zwar in der Formel BMW ADAC und in der GP2. Allerdings verstecken sich dahinter nicht die bekannten Gesichter, sondern die momentan noch weniger berühmten Söhne Johnny Cecotto Junior und Nico Rosberg.

Zwei Söhne - Ein Anfang

Gemeinsamkeiten lassen sich bei den beiden Jungspunden auch abseits der motorsportlichen Erfolge ihrer Väter finden. So stammen ihre alten Herren zwar aus Venezuela und Finnland, doch besitzen ihre Filiusse beide die deutsche Staatsbürgerschaft. Johnny wurde am 9. September 1989 in Augsburg geboren, Nico erblickte am 27.6.1985 in Wiesbaden das Licht dieser Motorsportwelt.

Aber auch die Anfänge ihrer Motorsportkarrieren stellen eine Parallele dar: Beide begannen oder beginnen gerade ihre Laufbahn in der Formel BMW ADAC. Während Nico in der allerersten Formel BMW ADAC Saison 2002 auf Anhieb mit neun Siegen den Meistertitel einfuhr, bestreitet Johnny in diesem Jahr seine erste Saison in der gleichen Kategorie.

Zwei Söhne - Ein Ziel

Obwohl also drei Jahre zwischen dem Duo mit den berühmten Nachnamen liegen, vereint sie ein großes Ziel: "Die Formel 1 ist das Ziel von allen hier", sagt der 1,66 Meter große Cecotto Junior über sich und seine Formel BMW Kollegen. "Aber es ist sehr schwierig dort hin zu kommen."

Am Norisring waren Vater und Sohn im Renneinsatz., Foto: Sutton
Am Norisring waren Vater und Sohn im Renneinsatz., Foto: Sutton

In diesem Punkt ist Nico bereits einige Schritte weiter. Denn dank seines Formel BMW Triumphes durfte er als damals noch 18-jähriger einen BMW-Williams Boliden testen, welchen er heute sogar als offizieller Testfahrer des Teams bewegen darf. "Das war natürlich unglaublich", erinnert sich Nico zurück. "An jenem Tag ist für mich ein großer Traum in Erfüllung gegangen."

Ein Vater - Viel Druck

Der Weg dorthin war allerdings alles andere als ein Kinderspiel. Schließlich erwarten die Beobachter vom Sohn eines Zwei- oder Vierradweltmeisters natürlich ähnlich gute Leistungen und Ergebnisse. Andere wiederum erhöhen den Druck dadurch, dass sie dem Jungen alles Talent absprechen und ihm nachsagen, dass er ohnehin nur wegen seines Namens hier wäre. Bei Johnny und Nico trifft dies glücklicherweise nicht zu.

Sie haben beide bereits bewiesen, wozu sie fähig sind. Insbesondere Rosberg konnte spätestens mit seinen letzten Auftritten und Siegen in der GP2 alle Zweifler zum Verstummen bringen. "Es ist mir superwichtig, dass die Leute nun sehen, dass ich eine eigene Karriere und selbst Talent habe", betont Nico. Dennoch kann auch er sich nicht gegen die "Vergleiche" mit seinem Vater und dessen WM-Titel erwehren und sind die "Ansprüche" auch an ihn hoch. "Entsprechend schwierig ist es, diesen Erwartungen gerecht zu werden. Aber es ist natürlich immer schön, wenn ich zeigen kann, dass ich vielleicht auch einmal so erfolgreich sein kann", bleibt Rosberg Junior bescheiden.

Mit dem großen Druck seitens der Medien hat er unterdessen "schon lange" leben gelernt. "Das bin ich gewohnt", sagt er gelassen. Überhaupt wirkt Nico für seine 20 Jahre äußerst cool und abgebrüht. Der Stress der unzähligen Medientermine, Testfahrten und Rennwochenenden scheint einfach von ihm abzuperlen, während er noch genügend Zeit findet sich in Ruhe eine Etappe der Tour de France im Fernsehen anzusehen.

Aber auch er weiß: Ohne Erfolg ist man im Motorsport schnell wieder weg vom Fenster. Oder noch schlimmer: Man kommt erst gar nicht zum Zug, um sein Talent unter Beweis stellen zu können. "Am besten ist es von Anfang an vorne mitzufahren und zu gewinnen", erklärt Nico den einfachsten, aber äußerst schwierigen Weg nach ganz oben.

Nico musste sich trotz seines Namens durchboxen., Foto: Sutton
Nico musste sich trotz seines Namens durchboxen., Foto: Sutton

Ihm half jedoch noch ein anderer Faktor, der zugleich Fluch als auch Segen zu sein scheint. "Ich hatte natürlich das Glück, dass es für mich durch meinen Namen auf Anhieb einfacher war", deutet er an, dass es nicht immer von Nachteil sein muss, der Sohn eines F1-Weltmeisters respektive eines berühmten Vaters zu sein.

Zwei Eltern - Zwei Ballsportarten

Nicht so berühmt, aber mindestens genauso wichtig sind selbstverständlich die Mütter der beiden Renn-Youngster. Müttern von Rennfahrern wird bekanntlich gerne nachgesagt, dass sie ihre Söhne nicht gerne in PS-Monstern über Rennstrecken rasen sehen.

Im Falle von Johnny Cecotto Junior war es jedoch der Papa, der seinen Sohn auf eine andere Bahn lenken wollte. "Mein Vater sagte immer, dass ich Golf oder Tennis spielen sollte", lächelt der Junior. "Das war bei mir ähnlich", stimmt Nico zu. "Meine Mutter sagte immer, ich solle Tennis spielen."

Und der junge Rosberg schlug sich mit der gelben Filzkugel gar nicht einmal schlecht. "Ich war sehr gut im Tennis", erinnert sich Nico, der neben seiner Motorsportlaufbahn sogar in der monegassischen Jugendnationalmannschaft spielte. "Meine Mutter hat sich sehr dafür eingesetzt." Was letztendlich daraus geworden ist, sollte hinlänglich bekannt sein.

Zur Beruhigung von Frau Rosberg sei angemerkt, dass die Jagd nach Tennisbällen ohnehin nicht unbedingt weniger gefährlich als die Jagd nach dem nächsten Rennsieg geworden wäre. Das jedenfalls bewies uns Tennis-Wunderkind Juan Pablo Montoya zu Beginn dieses Jahres...

Johnny zog die Vierradwelt jener mit nur zwei Rädern vor., Foto: Sutton
Johnny zog die Vierradwelt jener mit nur zwei Rädern vor., Foto: Sutton

Bei Johnny drängt sich angesichts der großen Erfolge seines Vaters auf zwei Rädern natürlich die Frage auf, warum er sich nicht bei den Motorrädern versucht und dort zur großen deutschen Hoffnung avanciert? "Als ich geboren wurde, ist mein Vater schon viele Jahre Tourenwagen gefahren", erklärt Cecotto Junior, "und deshalb war ich nur bei den Autorennen, aber nie bei den Motorradrennen mit dabei."

Zwei Söhne - Zwei Schulabschlüsse

Wer schon so früh in den professionellen Motorsport einsteigt wie Johnny und Nico, muss natürlich auch das 'Problem' der Schulausbildung lösen. Bei Nico, der mittlerweile ein beachtliches Golf-Handicap von 30+ vorzuweisen hat, kollidierte sein Abitur mit seiner ersten Saison in der Formel BMW.

"Das Abitur hat bis Ende Mai gedauert, war also zeitgleich zu den ersten drei oder vier Rennen und das war eine absolute Katastrophe", denkt er an jene chaotischen Tage zurück. "Ich wollte das Abi unbedingt noch recht gut hinbekommen und das führte zu einem totalen Chaos."

Schließlich lastet bereits in der Formel BMW an vier aufeinander folgenden Renntagen "ein großer Druck" auf den Schultern des noch unerfahrenen Piloten. "Deshalb war es eine sehr harte Zeit für mich."

Missen möchte Nico seine gute Schulbildung allerdings auf keinen Fall. "Auch im Rennsport ist es sehr wichtig seinen Kopf einzusetzen", betont er. Beispielsweise könne man seine "Linien überdenken" und vielleicht einen schnelleren Weg für eine bestimmte Kurve vor einer langen Geraden finden. Aber auch bei der Abstimmung des Autos ist es "sehr wichtig mitzudenken und den Kopf einzusetzen".

So freut ich ein Beinahe-Aerodynamiker über einen Sieg., Foto: Sutton
So freut ich ein Beinahe-Aerodynamiker über einen Sieg., Foto: Sutton

Von seinem Plan neben der Rennfahrerkarriere auch noch Aerodynamik zu studieren, nahm Nico angesichts des engen Terminplans jedoch schnell Abstand. "Das wäre bekloppt gewesen", gesteht er offen ein.

Einen ganz anderen Weg der Schulbildung hat hingegen Johnny eingeschlagen. "Ich mache eine Internetschule", beginnt er seine Erklärung. "Ich lerne über den Computer, egal wo ich bin und wenn ich es zeitlich kann. Aber ich versuche es so oft wie möglich zu machen."

Wann und wie oft er lernt, bestimmt er selbst - ohne jeden Druck seitens der Eltern. Allerdings lässt sein charmantes Lächeln bei dieser Frage durchaus einigen Interpretationsspielraum offen. Die Prüfungen kann er, bis auf eine große Abschlussprüfung, direkt über seinen Computer ablegen. Damit bleibt er flexibel, egal wo auch immer er sich mit dem Rennzirkus befindet.

Ein Sohn - Viele Ratschläge

Mit diesem Renn-Tross reist Johnny noch bis zum Jahresende durch die Landschaft der Formel BMW ADAC. Für Nico ist diese der perfekte Platz um in den Motorsport einzusteigen. "Es war für mich genau die richtige Entscheidung", sagt er rückblickend. "Die Autos haben eine ähnliche Aerodynamik und Fahrweise wie ein Formel 3 Auto und ich konnte viel für meine weitere Karriere lernen."

Aber was genau kann ein Jungspund wie Johnny in der Formel BMW lernen? "Man fängt auf einem ziemlich hohen Niveau an und lernt auf jeder Ebene", beginnt Nico mit seiner Aufzählung. "Du lernst viel über die Technik, da du schon hier einige Einstellungen am Auto vornehmen kannst. Du lernst ebenso viel über das Rennverhalten und wie du mit den anderen umgehen musst respektive wie du sie überholen kannst. Du lernst aber auch mit dem Druck umzugehen. Denn du fährst immerhin im Umfeld der DTM, in welchem dir natürlich schon einige wichtige Leute auf die Finger schauen. Du lernst also in allen Bereichen viel dazu. Es ist natürlich noch nicht so stark ausgeprägt wie in höheren Klassen, aber es ist ein Anfang."

Nico kann mit der Bürde seines Nachnamens sehr gut leben., Foto: Sutton
Nico kann mit der Bürde seines Nachnamens sehr gut leben., Foto: Sutton

Und welchen Rat kann Nico als 'alt gedienter' Formel BMW Champion Johnny geben? "Ich kann allen nur raten, auch außerhalb des Autos die Augen offen zu halten. Man darf nicht nur ins Cockpit steigen und Gas geben, sondern man kann auch außerhalb des Autos viel lernen. Und das kann man dann auf der Strecke in Zehntel und bessere Rundenzeiten umsetzen."

Bei Johnny weckt dies natürlich sofort die Neugier. Was meint Nico damit? "Wenn Du nicht fit bist, kannst du vielleicht eine Runde schnell fahren, aber am Ende des Rennens kann dich auch schnell jemand überholen", nennt er ein Beispiel. "Die Fitness und Konzentration kann also sehr schnell über den ersten oder zweiten Platz entscheiden."

Aber Johnny hat nach gut der Hälfte seiner ersten Formel BMW Saison noch viel Zeit zum Lernen. Schließlich ist sich Nico sicher, dass man heutzutage "zwei Jahre" lang in dieser Kategorie aktiv sein sollte. "Die Serie ist mittlerweile sehr konkurrenzträchtig geworden und das macht es für einen Einsteiger im ersten Jahr schon relativ schwierig", nimmt Nico fehlende Erfolge von Neulingen in Schutz. "Nicolas Hülkenberg zeigt allerdings in diesem Jahr, dass es dennoch möglich ist auf Anhieb Erfolge zu feiern. Wenn man also wirklich sehr, sehr gut ist, dann kann man auch im ersten Jahr gewinnen."

So wie anno 2002 ein gewisser Nico Rosberg. "Damals war es allerdings anders, da es die erste Saison mit dem neuen Auto war und alle die gleichen Voraussetzungen hatten", sagt er, bevor er lächelnd hinzufügt: "Allerdings möchte ich hier meine Leistungen keinesfalls schmälern..."

Beim Sohn eines Formel 1 Weltmeisters würde das auch niemand vermuten. Schließlich liegt der Speed bei Johnny und Nico doch in der Familie.