Für Sie als Fernsehzuschauer ist eine Motorsportübertragung im Fernsehen eine einfache Angelegenheit. Sie beginnt mit dem Start des Programms und findet logischerweise mit dem Übertragungsende ihren Abschluss.

Aber so einfach wie es sich anhört, ist es bei weitem nicht. Denn während Sie sich rein darauf konzentrieren können den Fernseher zur richtigen Zeit einzuschalten und es sich im Fernsehsessel oder auf dem Sofa bequem zu machen, arbeitet im Hintergrund eine Hundertschaft an Menschen hart dafür, dass Sie rechtzeitig zum Beginn der Übertragung auch Live-Bilder auf Ihrem Fernseher zu sehen bekommen.

Sven an seinem Arbeitsplatz in der Premiere-Kabine., Foto: adrivo Sportpresse
Sven an seinem Arbeitsplatz in der Premiere-Kabine., Foto: adrivo Sportpresse

Angefangen bei den rund 30 Kameramännern rund um die Strecke bis hinzu den Kommentatoren in ihren kleinen Kabinen hoch über der Boxengasse. Alle haben nur ein Ziel: Eine perfekte und reibungslose Übertragung für die Zuschauer zuhause zu ermöglichen.

Apropos Kommentatorenkabine: Unser motorsport-magazin.com Kolumnist Sven Heidfeld ist seit diesem Jahr sowohl vor der Kamera als auch hinter dem Mikrofon als Motorsport-Experte und Co-Kommentator für den Pay-TV-Sender Premiere tätig. Was liegt da näher als Sven einen Tag lang an der Rennstrecke zu begleiten und mit seiner Hilfe für unsere motorsport-magazin.com-Leserschaft das Mysterium Motorsport-Übertragung bei Premiere zu lüften?

Ein Blick hinter die Kulissen

Als Beispiel diente uns hierfür das DTM-Rennwochenende auf dem Nürnberger Norisring, welches allgemein als das "Monaco der DTM" bezeichnet und als das Saisonhighlight der Deutschen Tourenwagen Masters angesehen wird.

Für Premiere bedeutet ein DTM-Rennwochenende jede Menge Motorsportaction, aber auch jede Menge Arbeit. Schließlich überträgt der Münchner Pay-TV-Sender auch in diesem Jahr samstags und sonntags die Rahmenrennen live. Aus Sicht von Sven heißt das: Er muss zusammen mit seinem Kommentatorenkollegen je zwei Läufe in der Formel 3 Euro Series sowie der Formel BMW ADAC für seine Zuschauer kommentieren. Zudem steht der Ex-Formel 3000 Pilot für Analysen und spezielle Technikbeiträge auch als Experte vor der Kamera.

"Beim Kommentar ist es von Vorteil, dass wir nicht alleine kommentieren müssen", wissen sowohl Sven als auch sein Kollege um den Vorteil der geteilten Arbeit. "Wenn der eine redet, kann der andere kurz den Zeitenmonitor studieren oder sich die nächste Geschichte zurechtlegen. Wenn man aber ganz alleine kommentiert, dann ist es schon deutlich schwieriger."

Frühaufsteher sind gefragt

Aus dem Ü-Wagen gehen die Bilder in die gesamte Motorsportwelt., Foto: adrivo Sportpresse
Aus dem Ü-Wagen gehen die Bilder in die gesamte Motorsportwelt., Foto: adrivo Sportpresse

Aber alles der Reihe nach. Sven, wie beginnt denn für Euch der ganz alltägliche Übertragungswahnsinn? "Ein Renntag sieht bei uns so aus", holt Sven aus. "Wir haben um 8:00 Uhr morgens die erste Besprechung. Dabei sind rund 20 Beteiligte wie Tonleute, Kameramänner, Bildmischer oder der Regisseur anwesend." Am Samstag- respektive Sonntagmorgen gemütlich ausschlafen ist für die Premiere-Crew rund um Sven also im Gegensatz zu den TV-Zuschauern zuhause nicht drin.

"Im Laufe dieses Meetings besprechen wir den gesamten Tagesablauf." Hierfür wird ein haargenauer Ablaufplan erstellt, welcher alle Interviews, Beiträge, Live-Schaltungen und sonstigen Programminhalte beinhaltet. "Wir gehen durch welche Interviews wo stattfinden", erläutert Sven, "und sprechen den Ablaufplan genau durch."

"Danach geht es für einen Testdurchlauf an die Mikrofone", fährt Sven fort, während er bereits in seiner engen Kommentatorenkabine hoch über der Boxengasse des Norisrings sitzt. Vor ihm türmen sich drei kleine Fernsehapparate, von denen einer permanent als Zeitenmonitor dient, sowie ein Mischpult und eine Minikamera für die Kabinen-Live-Bilder von den Kommentatoren auf. Hinter ihm entfaltet sich noch ein Premiere-Standup zu voller Größe, welches für die Kabinen-Bilder als Hintergrund dient und gleichzeitig für jeden, der durch die Tür in das kleine Räumchen Einlass erbittet, den Weg versperrt.

Im Rahmen des Testlaufs wird neben den Kameras selbstverständlich auch der Ton überprüft, wofür Sven sein Kommentatorengeschirr aufsetzt und somit quasi an die Leine gelegt wurde. Als wir während des DTM-Warm-Ups ein paar Testkommentare in das Headset sprechen, kommt entgegen unseres besseren Wissens schnell die bange Frage auf: Hoffentlich hört das jetzt nicht irgendwo an der Strecke jemand mit...

Es wird ernst

Sven stand auch schon für die GP2 vor der Kamera., Foto: adrivo Sportpresse
Sven stand auch schon für die GP2 vor der Kamera., Foto: adrivo Sportpresse

Nach dem Testdurchlauf geht es langsam in die heiße Phase. Die Live-Übertragung rückt immer näher und der am Morgen in der ersten Einsatzbesprechung festgelegte Programmablaufplan wird der Reihe nach abgearbeitet.

Für Sven heißt es also ab ans Mikrofon. Dabei muss er allerdings mit einem speziellen Handicap zurechtkommen. "Eine Besonderheit beim Fernsehen ist die Tatsache, dass man dem Zuschauer die Sachlage anders vermitteln muss, als dies im normalen Leben der Fall wäre", erläutert er. "Während man vor der Kamera auch noch mit der Gestik und Mimik Inhalte rüberbringen kann, ist man beim Kommentar rein auf seine Stimme und den Tonfall angewiesen, um die einzelnen Situationen zu beschreiben."

Und das kann manchmal dazu führen, dass sich die Stimme bei spektakulären Szenen überschlägt oder die gefürchtete Totenstille eintritt, weil auf der Rennstrecke einfach überhaupt nichts berichtenswertes vor sich geht.

"Das Formel BMW Rennen auf dem Norisring hat beispielsweise Riesenspaß gemacht", sagt Sven, der den Lauf am Samstag "gerne noch eine Stunde länger" verfolgt hätte. "Aber es gibt auch Rennen wie in Oschersleben, die ganz schön zäh sind."

Nicht einfacher wird seine Aufgabe, weil er pro Rennwochenende gleich vier Rennen, je zwei in der Formel 3 Euro Series sowie in der Formel BMW, mit seinem Kommentar begleiten muss. "Bei vier Rennen kann man dem Zuschauer nicht ständig auf's Neue die Streckenführung erklären", macht Sven das Dilemma klar, welches gerade in diesen kleineren Rennserien vorherrscht.

So begrüßt Sie Sven auch beim nächsten Rennen aus seiner Kabine., Foto: adrivo Sportpresse
So begrüßt Sie Sven auch beim nächsten Rennen aus seiner Kabine., Foto: adrivo Sportpresse

Hier gibt es schließlich nicht wie in der Formel 1 jeden Tag neue Testerkenntnisse oder politische Machtspiele, über die man berichten kann. Andererseits ist dies vielleicht genau das, was diese Rennserien ausmacht. Hier geht es tatsächlich noch um den Motorsport und nicht nur noch um Macht, Geld und Politik.

Sven hat jedoch ein ganz einfaches Allheilmittel für dieses Problem gefunden: "Um ständige Wiederholungen und Leerlauf zu vermeiden, muss man im Vorfeld und zwischen den Übertragungen mit den Fahrern und Teamchefs sprechen und auf diese Weise Hintergrundinformationen auftreiben, mit denen man den Kommentar lebendiger und interessanter gestalten kann, selbst wenn das Rennen einmal nicht so spannend sein sollte."

Sollte dies Sven & Co während ihrer Übertragungen gut gelungen sein, dann gibt es in der abendlichen Nachbesprechung vielleicht auch ein kleines Lob. Ansonsten darf in diesem Abschlussmeeting aber auch jedwede Form von konstruktiver Kritik oder Verbesserungsvorschlägen vorgebracht werden. "Dadurch wird sichergestellt", betont Sven, "dass sich die Übertragungen bei Premiere immer weiterentwickeln."