"Mir fehlt für diese Art Rennstrecke einfach noch die Erfahrung." So lautete das einfache und zugleich ehrliche Fazit von Timo Glock nach seinem ersten Ovalrennen, welches zudem sein erst drittes Champ Car Rennen darstellte.

Dabei gilt es jedoch zu beachten: Die von Europäern häufig unterschätzten Fahrten im überhöhten Kreisverkehr haben ihre eigenen Gesetze. Das Arbeiten mit dem Windschatten und mit den Luftlöchern, die von voraus Fahrenden ebenso erzeugt werden wie von Kollegen auf einer anderen Fahrspur in den Steilkurven, ist genauso eine Rennsport-Wissenschaft für sich wie der Umgang mit dem gefürchteten "Aero Push" - ein Untersteuern, das sich gern mal dann einstellt, wenn man zu dicht auf den Vordermann auffährt und der eigene Frontflügel deswegen von zu wenig Luft angeströmt wird.

Rennfahren im Oval ist eben nicht nur immer Linksrum und Vollgas - sondern anspruchsvoller Motorsport, der ganz anderen Gesetzen gehorcht als die Rennerei auf einer aus Europa gewohnten Rundstrecke. "Ich muss noch einiges lernen - ein halber Testtag war dafür einfach zu wenig", bekannte Glock nach dem Rennen am Samstagabend. Nachdem er - von Untersteuern geplagt - nur auf den 14. Startplatz gekommen war, bauten die Rocketsports-Mechaniker die Abstimmung seines Lola-Ford für das Warm-Up komplett um. "Wir haben das Rollzentrum vorn runtergebracht, um mehr Grip auf die Vorderachse zu kriegen", beschrieb Glock die Maßnahmen. "Aber im Warm-Up konnte ich nur eine Viertelstunde fahren, weil ich vorher ein Elektronikproblem hatte. Am Lenkrad ist alles ausgefallen."

Da sich am Volant verschiedene Knöpfe, Schalter und Displays - etwa für den Funk, die automatische Geschwindigkeitsbegrenzung für die Boxengasse oder die Ganganzeige - befinden, kann man ein ChampCar ohne Saft am Steuer nicht fahren.

Als Glock im Warm-Up endlich ausrücken konnte, stellte er schnell fest: Gut gemeint ist nicht immer auch gut gemacht. "Das Auto hat plötzlich nur noch übersteuert. Es war komplett unfahrbar. Ich bin ausgestiegen und habe zu meinem Ingenieur gesagt: 'So geht´s nicht.'" Also krempelten die Techniker den Lola fürs Flutlichtrennen auf dem ältesten Oval der Welt erneut um. "Wir haben weichere Federn eingebaut, um mehr Grip zu kriegen - und damit war das Auto dann im Rennen tip-top."

Glock klemmte sich beim Start hinter einen Pulk. "Dabei bin ich auf meinen Vordermann zu dicht aufgefahren. Sofort stellte sich wieder Untersteuern ein; das kostete mich gleich mal zwei Positionen. Aber die konnte ich mir zurückholen." Als sein Rocketsports-Teamkollege Ryan Hunter-Reay heftig abflog, folgte eine lange Safety-Car-Phase. "Nach dem Neustart bildete sich vor mir eine Gruppe aus bis zu sechs Autos, die heftig miteinander kämpften. Ich versuchte, mich da so weit es geht rauszuhalten. Denn ich wollte unbedingt ins Ziel kommen. Aber die Kämpfe der anderen haben dazu geführt, dass wir alle relativ schnell eine Runde verloren haben. Die ersten Drei konnten frei fahren und sich absetzen - und entsprechend schnell haben sie uns von hinten wieder eingeholt und uns eine Runde gegeben..."

Bei Rundenzeiten von nur 22 Sekunden auf der High-Speed-Piste ist das in der Tat schnell geschehen. Die ultrakurzen Runden-Fahrtdauern rächten sich für Glock später noch zweimal. 40 Runden vor Schluss raufte er mit Mario Dominguez um den achten Platz. "Dabei bin ich einmal kurz von der Ideallinie abgekommen und auf die schmutzige Spur geraten. Bis sich meine Reifen davon wieder erholt hatten, dauerte es zwei Runden. Aber in diesen zwei Runden habe ich erneut eine halbe Runde auf die Spitze verloren, weil ich nicht mehr voll fahren konnte."

Schließlich fing er sich beim letzten Tankstopp noch den Rest der halben Runde ein, so dass sich sein Rückstand auf den überlegenen Sieger Paul Tracy letztlich auf zwei Runden summierte: "Ich bin über meinen Standplatz hinausgeschossen. Ich habe zu spät gebremst und hätte dabei sogar fast noch einen Mechaniker über den Haufen gefahren. Der konnte sich zum Glück durch einen Sprung zur Seite retten. Alle anderen Mechaniker sind dann nach vorn gesprungen, um mich schnellstmöglich abzufertigen. Trotzdem kostete mich das eine weitere Runde."

Das Fazit von Glock nach seinem Ovaldebüt fiel somit gemischt aus. Einerseits zeigte er sich zufrieden, ins Ziel gekommen zu sein und damit sein persönliches Ziel erreicht zu haben. Andererseits haderte er: "Die Abstimmung war ziemlich gut. Das Auto war gut für die Top 5. Aber mir fehlte nicht nur die Oval-Erfahrung - ich bin auch ohne Gefühl fürs Auto ins Rennen gegangen, weil wir so viel hin- und hergebaut hatten, dass ich nicht abschätzen konnte, wie der Wagen sich verhalten würde."