Obwohl Timo Glock beim zweiten Lauf zur ChampCar-World Series in Monterrey nicht ins Ziel kam, ehrte ihn der Veranstalter mit einem veritablen Pott. Denn der Odenwälder hatte die absolut schnellste Rennrunde gedreht. Zwischen Weckerklingeln und Siegerehrung verbrachte das Aushängeschild der Deutsche Post Speed Academy einen turbulenten Tag, wie er ihn in seiner bisherigen Laufbahn noch nicht erlebt hat. Alles begann mit einem hoffnungsvollen Vormittag.

Nachdem das Rocketsports-Team seinen Lola mit weicheren Federn bestückt hatte, erzielte Glock im morgendlichen Warm-Up die Bestzeit. Das stimmte für das Rennen, das er vom 12. Startplatz aus angehen musste, hoffnungsfroh. "Das Auto lag deutlich besser", verglich Glock mit dem Qualifying. "Aber wir hatten immer noch das Problem, dass wir die Reifen nicht gleich auf Temperatur bekamen. Außerdem war der Wagen im Verkehr ziemlich schlecht. Da stellte sich sofort Untersteuern ein."

Das zwang den letztjährigen Jordan-Formel 1-Mann in der Anfangsphase zu einer moderateren Gangart. Beim Start hielt er sich sichtlich zurück, fand deswegen aber in der langgezogenen Linkskurve keine Möglichkeit zum Einscheren in den D-Zug des Hauptfeldes. Statt sich in die Perlenschnur der anderen Wagen einzureihen, musste Glock die Kehre auf der Außenbahn umrunden, und er fiel in der ersten Runde von Platz 12 auf den 13. Rang zurück.

Mit kalten Pneus und einem über die Vorderachse schiebenden Auto sackte er dann sogar bis auf den 15. Platz ab. Diese Position hielt der gelernte Gerüstbauer bis zur neunten Runde. Dann drehte er sich. "Mein Fehler", gestand er. "Ich habe ein bisschen zu früh runtergeschaltet, deswegen hat die Hinterachse blockiert." Weil der in DHL-Farben gehaltene Lola-Ford am Kurvenausgang quer zur Fahrtrichtung stand, musste die Rennleitung eine Safety-Car-Phase ausrufen – die erste von vielen.

Bis die Streckenposten den ausgegangenen Wagen anschoben, kam das Führungsfahrzeug mit dem Feld im Gefolge ein weiteres Mal an der Unglückstelle vorbei, sodass Glock schon früh eine Runde einbüßte. Noch während der von ihm ausgelösten "Full-course yellow" steuerte Glock zum ersten Tank- und Reifenstopp die Rocketsports-Box an. Dadurch fiel er zunächst auf die 18. Position zurück. Aber "das Team hat den Wagen absolut randvoll getankt, damit ich danach möglichst lange draußen bleiben konnte".

Als der Däne Ronnie Bremer wenig später ausfiel und eine zweite Gelbphase nötig machte, konnte Glock ergo im Gegensatz zum Gros des Feldes weiter fahren. Deswegen fuhr er hinter dem neuen Spitzenreiter Nelson Philippe, der seinen ersten Stopp länger rauszögern wollte als alle anderen, scheinbar an zweiter Stelle hinter dem Führungsfahrzeug – hatte aber in Wahrheit eine Runde Rückstand. Nach der neuerlichen Freigabe setzen die beiden sich klar von den Verfolgern Björn Wirdheim und Paul Tracy ab. Nach einem Dreher von Ricardo Sperafico wurde die nächste Safety-Car-Phase fällig.

Glock tankte in einem anderen Intervall als sämtliche Vorderleute, "und auf einmal war ich wieder am Ende des Feldes dran und hatte mich dank der auf den Kopf gestellten Taktik wieder zurückgerundet". Wenig später drehte sich Jimmy Vasser im Getümmel, sorgte auch hinter sich für Turbulenzen und setzte auf dem Randstein auf. Die Streckenposten mussten ihn freischieben, die Rennleitung erneut das Safety-Car rausschicken. "Durch die nächsten Tankstopps der anderen", die vorher im Gegensatz zum Deutschen weniger Methanol ausgefasst hatten und nun erneut früher einkehren mussten als er, "bin ich dann sogar auf die dritte Position nach vorn gespült worden."

Auf einmal hatte Glock das Gefühl: Da geht noch was. Die Schmerzen in der Schulter waren für ihn längst kein Thema mehr. "Natürlich waren sie da. Aber sie haben mich nicht wirklich behindert. Komischer Weise waren die vielen Safety-Car-Phasen schlimmer als die Zeit, während der wir frei fahren konnten. Denn unter Gelb kannst du die Arme relaxen und bist auch sonst nicht so konzentriert. Da merkst du auf einmal die Schmerzen, die du gar nicht wahrnimmst, wenn du mit voller Konzentration im Rennen unterwegs bist."

In der 45. Runde holte Glock im Pulk erneut das aerodynamisch bedingte Untersteuern ein. "Ich bin in der ersten Kurve geradeaus durchs Gras gerutscht und habe dabei Dreck auf die Lauffläche der Reifen aufgelesen. Den wollte ich natürlich wieder loswerden, ohne Positionen zu verlieren." Schließlich fuhr er immer noch auf dem dritten Rang. "Deswegen habe ich zuerst Björn Wirdheim etwas geblockt, dann wollte ich die nächste Kurve möglichst früh einlenken, um Jimmy Vasser hinter mir zu halten. Aber leider war der schon neben mir, als ich einlenkte."

Für die daraus resultierende Kollision fing Glock, der sich bei dem Rendezvous selbst gedreht hatte, sich eine Stopp-&-Go-Strafe, die ihn vom dritten auf den 14. Platz zurückwarf. Im letzten Renndrittel häuften sich kleinere Kollisionen quer durchs ganze Feld, die jeweils Ausfälle und weitere Neutralisationen nach sich zogen. Glock dagegen nutzte das Potenzial des Autos voll aus und brannte noch die schnellste Rennrunde in den Asphalt rund um ein stillgelegtes Stahlwerk im Fundidora Park.

"Ich war sechs Zehntel Sekunden schneller als alle anderen. Dafür habe ich wenigstens noch einen schönen Pokal gekriegt..." Ein Trostpreis – denn in der Endwertung ging er leer aus. Durch seine eigene fehlerfreie Schlussoffensive und die hohe Fehlerquote um ihn herum rückte er wieder auf die neunte Position vor. Punkte waren in Reichweite. Doch in der 68. Runde rammte Philippe ihn von hinten in einen Dreher.

"Der ist voll in mich reingefahren. Ich habe den gar nicht kommen sehen. Durch den Aufprall ist hinten links die Spurstange gebrochen, und ich musste aufgeben." Glock fliegt am Montag zurück nach Deutschland, um am Wochenende beim Formel 1-Grand Prix auf dem Nürburgring dabei zu sein. Dann geht´s zurück in die Staaten, wo auf der Milwaukee Mile sein erstes Ovalrennen ansteht.