Das Freie Training

"Ich war im Freien Training der erste Fahrer, der wirklich viele Runden am Stück draußen geblieben ist. Da die Strecke im Fundidora Park, einem ehemaligen Industriegebiet rund um eine Stahlmine, nur einmal im Jahr von den ChampCars befahren wird, baut der Asphalt entsprechend wenig Grip auf, und die Reifen kamen so früh am Tag auf der noch unbenutzten Strecke kaum zum Arbeiten. Das war teilweise eher wie Rallyefahren. Die Zeiten meines ersten Turns waren entsprechend wenig aussagekräftig.

Wichtiger als das, was auf der Uhr stand, war aber ohnehin meine Einschätzung zu den Schmerzen in meiner Schulter. Und da hatte ich ein gutes Gefühl. Zwar tat es noch sehr weh, wenn ich über die Randsteine fuhr. Aber generell gewann ich den Eindruck: Ich kann fahren, auch wenn es im Rennen sicher nicht einfach, sondern sehr schmerzhaft wird. Nach dem ersten Freien Training steht fest: Ich werd´s auf jeden Fall probieren.

Wir versetzten inzwischen das Lenkrad so, dass es über Distanzscheiben – sogenannte Spacer – zwei bis drei Zentimeter näher zu meinem Oberkörper gerückt ist. Wenn man den Arm überstreckt, weil das Lenkrad zu weit von einem wegsteht, dann kommt das Schlüsselbein durch die Bewegung automatisch hoch, und das tut weh. Wenn das Steuer näher am Oberkörper steht, braucht man sich beim Lenken nicht so weit zu strecken, und die Schmerzen an der Bruchstelle fallen deutlich geringer aus. Die neue Lenkrad-Position könnte für mich der Schlüssel zur Teilnahme am Rennen bedeuten.

Das Freie Training war an sich gar nicht schlecht. Ich fuhr mit demselben Auto, mit dem ich auf der Milwaukee Mile meinen Unfall gebaut hatte. Dessen Monocoque hatte zwar einen Riss – aber der war so klein, dass man ihn wieder kitten konnte, ohne damit in den Autoklaven zu müssen.

Mit diesem Boliden werde ich also auch mein zweites ChampCar-Rennen bestreiten. Solange ich im Freien Training fuhr, war ich zeitenmäßig immer unter den ersten Fünf. Doch ich musste zehn Minuten vor Schluss aufhören, weil sich im Motor ein Zylinder komplett verabschiedet hat. Da die Zeiten mit zunehmender Trainingsdauer und entsprechend mehr Reifenabrieb und Haftkraft auf der Bahn immer schneller wurden, handelte ich mir in der Endabrechnung des Freien Trainings 2,8 Sekunden Rückstand ein.

Aber darauf kam es nicht an. Entscheidend war zunächst nur, dass ich fahren kann – und dass wir wissen, dass wir nur deswegen so weit hinten liegen, weil wir in der entscheidenden Phase des Freien Trainings, als die Zeiten purzelten, gar nicht mehr gefahren sind. In der Qualifikation sieht es sicher wieder anders aus – wenn wir die Motorprobleme in den Griff gekriegt haben."

Das 1. Qualifying

"Das Motorproblem vom Freien Training hat das Team bis zum Qualifying gelöst. Es handelte sich um ein Elektronikproblem, also keine große Sache. Mein Lola-Ford fühlte sich eigentlich ganz gut an. Auch die Schulter machte keine größeren Probleme.

Sie hat beim Räubern über die Kerbs zwar ein-, zweimal wehgetan, aber beim Fahren an sich war´s kein Problem. Wir hatten in der Qualifikation etwas Pech mit dem Einsatz neuer Reifen. Ich sparte mir die frischen Pneus für die letzten zehn Minuten auf, weil die Strecke wegen stetig steigender Gripverhältnisse immer schneller wurde. Doch als ich mit den neuen Reifen rausfahren wollte, wurde das Training wegen eines Zwischenfalls kurz unterbrochen. Das führte dazu, dass acht Minuten vor Schluss alle anderen ebenfalls mit mir rausgefahren sind, als das Training wieder freigegeben wurde. Ich fand aber eine Lücke im dichten Verkehr, und mir gelang eine ganz passable Runde.

Ich liege zwar nur auf dem achten Rang – habe aber lediglich gut drei Zehntelsekunden Rückstand auf den Drittplatzierten. Vom Auto her hätte ich dessen Zeit auch fahren können. Der dritte Platz ist sicher drin, denn im zweiten Qualifying wird die Strecke noch mal schneller werden.

Ganz vorne liegen allerdings die beiden Newman/Haas-Autos mit Bourdais und Junqueira – mit einem Vorsprung von acht Zehnteln. Ich hab´ noch keinen Plan, was die gefunden haben, um so viel schneller zu sein als alle anderen. Momentan sieht´s so aus, als wären die auch morgen nicht zu knacken.

Wir werden fürs Samstags-Training noch einige Änderungen an der Abstimmung machen, um mehr Traktion aus dem Auto zu holen. Allerdings dürfen wir nicht zu viel umbauen. Denn im Rennen wird die Strecke den meisten Gummiabrieb aufweisen und entsprechend am meisten Grip haben und am schnellsten sein. Wenn du da zu viel am Setup zugunsten von mehr Traktion veränderst, fährst du im Rennen plötzlich nur noch geradeaus. Da gilt es also, fein Maß zu halten.

Abends im Hotel tat meine Schulter dann doch wieder mehr weh, als ich das selbst erwartet hatte. Ich machte beim Aussteigen aus dem Auto auch noch eine blöde Bewegung, sodass die Schmerzen noch mal schlimmer wurden. Nach wie vor gehe ich aber davon aus, dass ich das Rennen fahren kann – auch wenn ich die Zähne zusammenbeißen muss."