In der Eingangshalle sticht der rote Rennwagen sofort ins Auge. Es ist Nico Hülkenbergs Formel-3-Bolide aus dem Jahr 2006. Josef Kaufmann hat das Auto nie verkauft. Ein flüchtiger Blick und sofort ist klar: Hier wird Motorsport geatmet. Motorsport-Magazin.com besuchte im Rahmen seiner großen Talente-Serie eines der erfolgreichsten Teams im Nachwuchssport: Josef Kaufmann Racing. Der Weg zu Josef Kaufmanns Büro ist gepflastert mit Pokalen, Trophäen und Fotos. Von Gerhard Berger über Hülkenberg bis hin zu Robin Frijns - im kleinen Wolfsfeld inmitten der idyllischen Eifel nahmen viele große Karrieren ihren Lauf.

In der Teamfabrik schrauben die Mechaniker eifrig an den Formelboliden für die anstehende Saison in der Formel Renault 2.0. Der starken Nachwuchsserie, in der Josef Kaufmann Racing seit seinem Eintritt 2011 das Maß der Dinge ist. Mit Frijns und Stoffel Vandoorne stellt das Team die Meister der vergangenen beiden Jahre. Während Vandoorne seit dieser Saison zum Juniorenkader von McLaren gehört, ist Frijns bereits in der Formel 1 angekommen. Bei Sauber befindet sich das Riesentalent in bester Gesellschaft: Nur die wenigsten wissen, dass neben dem jungen Niederländer auch die beiden Sauber-Stammpiloten Hülkenberg und Esteban Gutierrez früher für Kaufmann fuhren.

Hülkenbergs F3-Bolide von 2006, Foto: adrivo Sportpresse
Hülkenbergs F3-Bolide von 2006, Foto: adrivo Sportpresse

"Esteban wohnte ein halbes Jahr bei uns", sagt Kaufmann. "Er kam damals allein nach Deutschland und kannte niemanden. Wir haben ihm ein Gästezimmer bei uns eingerichtet und da lebte er." Ein Sinnbild für das Flair, das in den Hallen von Josef Kaufmann Racing weht. Hier wird Motorsport gelebt, die gesamte Familie setzt sich mit allen Kräften ein. Das merken auch die Fahrer. "Es reicht nicht, nur ein gutes Auto hinzustellen", erklärt Kaufmann. "Das sind oftmals noch Anfänger und sie brauchen den richtigen Umgang. Dem einen kannst du Druck machen, Hülkenberg war so einer, der das brauchte. Bei anderen Fahrern muss man vorsichtiger sein, weil sie sensibler sind."

Im Jahr 1982 gründete Kaufmann, damals noch aktiv in der deutschen Formel 3 hinterm Steuer, sein eigenes Team. Seine ersten beiden Fahrer: Gerhard Berger, späterer Formel-1-Star, sowie Arie Luyendijk, zweimaliger Indy 500-Sieger. Kaufmann stellte für Berger damals den Kontakt in die Formel 1 her und hatte nicht wenig Anteil an dessen Eintritt in die Königsklasse. Berger sollte nicht der letzte Pilot sein, der über Josef Kaufmann Racing den Schritt bis an die Spitze schaffte. Neben Hülkenberg, Gutierrez und Frijns verdiente sich auch Sebastien Buemi 2004 in der Formel BMW ADAC unter Kaufmann seine Sporen im Formelsport.

Chris Vietoris 2006 für Josef Kaufmann Racing in der Formel BMW, Foto: BMW
Chris Vietoris 2006 für Josef Kaufmann Racing in der Formel BMW, Foto: BMW

In der DTM ist der Name 'Josef Kaufmann Racing' ebenfalls bestens bekannt. Mit Timo Scheider, Adrien Tambay, Christian Vietoris und Marco Wittmann sind derzeit vier Piloten in der Tourenwagenserie unterwegs, die früher einmal für Kaufmann ins Formelauto stiegen. Auch Manuel Reuter und Frank Biela hat das Traditions-Team hervorgebracht. Die meisten pflegen heute noch guten Kontakt zu Kaufmann. "Sebastien Buemi treffen wir immer wieder an den Rennstrecken und Nico Hülkenberg ruft öfter mal an und fragt mich Dinge", sagt der Teamchef. "Wir haben mit vielen Fahrern etwas erreicht und es gibt keinen Grund, den Kontakt abzubrechen. Das macht mich schon ein wenig stolz und ist eine schöne Wertschätzung unserer Arbeit."

Eine Arbeit, die in den vergangenen Jahren Früchte trug: Titelgewinn im Formel Renault 2.0 Eurocup 2012 (Vandoorne) und 2011 (Frijns), Gesamtsieg in der Formel BMW Europa 2010 (Frijns), Platz 1 und 2 in der Formel BMW Europa 2008 (Gutierrez/Wittmann), Meisterschaftstriumph 2006 in der deutschen Formel BMW mit Vietoris und Hülkenberg als Gesamtsieger der Formel BMW ADAC 2005, um nur einige Erfolge zu nennen. Kaufmann gerät ins Schwärmen, wenn er sich an Jungs wie Hülkenberg und Frijns erinnert. Mit einer wahren Begeisterung erzählt er Anekdoten aus der Vergangenheit und immer wieder merkt man: Hier ist der Rennsport zuhause, da geht dem echten Racer das Herz auf.

3 ehemalige Kaufmann-Piloten: Hülkenberg, Buemi, Gachnang, Foto: BMW
3 ehemalige Kaufmann-Piloten: Hülkenberg, Buemi, Gachnang, Foto: BMW

Sohn Lars bildet da keine Ausnahme, seit zehn Jahren reist er mit an die Rennstrecken dieser Welt und bekleidet seit einiger Zeit den Posten des Teammanagers. Josef Kaufmann Racing bedeutet auch Familie. "Es ist ein Unterschied, ob man diesen Job für einen Arbeitgeber oder die eigene Familie macht", sagt Lars Kaufmann. "Du bist mit ganzem Herzblut dabei und das merken die Fahrer. Wenn du dich immer voll reinhängst, als Erster an der Strecke bist und als Letzter abreist - das ist schon etwas Anderes."

Die Mitglieder der überschaubaren Truppe arbeiten seit langer Zeit miteinander, der harte Kern seit mehr als 15 Jahren. Ein eingeschworenes Team, das voll auf den Erfolg fokussiert ist, seinen jungen Fahrern aber gleichzeitig ein Gefühl von Heimat vermittelt. Traditionelle Familienunternehmen sind zu einer Seltenheit im Motorsport geworden, doch Josef Kaufmann Racing gehört zu dieser aussterbenden Spezies. Dass Kaufmann seine besten Fahrer nach einer erfolgreichen Saison immer wieder ziehen lassen muss, daran hat er sich gewöhnt: "Das ist der Lauf der Dinge und für mich kein Problem. Vor langer Zeit habe ich mal gejammert, aber Helmut Marko sagte mir dann: 'Wenn du das nicht willst, dann musst du in die Formel 1 gehen.' Mich trifft es nur, wenn ein Fahrer zu einem anderen Team in der gleichen Serie wechselt, weil er sich bei uns nicht wohl fühlt."