Der Weg zum Fußball-Profi: ein Paar Schuhe, ein Ball, eine gehörige Portion Talent und gute Kontakte zu Vereinen. Der Weg zum Motorsport-Profi: Eine Rennsport-begeisterte Familie, ein Kart zum Einstieg und einen großen Koffer voll Geld. Kein Geheimnis: Motorsport ist ein teurer Spaß und vor allem gut betuchte Eltern können es sich leisten, ihren Sprössling beim Karriereaufstieg vom Kart ins Formelauto zu unterstützen. Natürlich gibt es diese schönen Geschichten, wie die von Michael Schumacher, der als Zwölfjähriger die Mülltonnen neben der Kartbahn nach brauchbaren Reifen absuchte und damit die Konkurrenz in Grund und Boden fuhr, doch die Realität sieht meist anders aus.

Kart-Talente gibt es en masse in Deutschland und schon relativ früh kristallisiert sich heraus, wer das Rüstzeug für eine richtige Karriere im Sport besitzt. Doch dann stellt sich schnell die Frage der Finanzierung, denn selbst der Kartsport verschlingt Zehntausende im Jahr. Sobald es in den Formelsport geht, müssen mehrere hunderttausend Euro aufgetrieben werden, damit die Karriere nicht abrupt endet. Reiche Eltern und Sponsoren sind die eine Möglichkeit, Förderungs-Einrichtungen die andere. Mit der ADAC Stiftung Sport sowie der Deutsche Post Speed Academy verfügt Deutschland über zwei sinnbildliche Starthilfen, die den Motorsport-Nachwuchs hierzulande entscheidend vorantreiben.

Sebastian Vettel, Nico Hülkenberg, Timo Glock und Adrian Sutil - seit ihrer Gründung im Jahr 1998 hat die ADAC Stiftung Sport bereits vier aktuellen respektive ehemaligen Formel-1-Piloten die Basis für ihre spätere Karriere gelegt. "Das war für alle, die das Privileg haben, darüber zu sprechen, ein wichtiger Schritt", sagte Vettel. "Man braucht die Förderung in jungen Jahren, weil da noch nicht so viele an einen glauben." Vettel gehörte 2004 zu den Förderkandidaten - eine lohnenswerte Investition, denn in jenem Jahr räumte der dreifache F1-Weltmeister in der damaligen Formel BMW ADAC, dem Vorgänger des ADAC Formel Masters, alles ab. "Die Stiftung Sport gab einen Großteil des Budgets dazu und ermöglichte es dadurch erst, dass ich den nächsten Schritt machen konnte", erinnerte sich Vettel zurück.

Im Jahr 2013 unterstützt die Stiftung Sport 29 ambitionierte Nachwuchstalente bei ihrem Weg nach oben. Zu den prominentesten Kandidaten gehören ADAC Formel Masters Champion Marvin Kirchhöfer und F3 Euro Serie Vize-Meister Pascal Wehrlein. Der ADAC investiert auch in diesem Jahr wieder einige Ressourcen. Finanziert werden diese durch die jährlichen Erträge, die aus dem Stiftungs-Grundstockvermögen des Vereins erwirtschaftet werden. Seit 2009 gab es ein Umdenken beim ADAC: Bis zu diesem Zeitpunkt half man vor allem Talenten mit finanziellen Engpässen, seitdem müssen die Bewerber durch ein anspruchsvolles Auswahlverfahren. "Künftig wollen wir zunächst Leistung fordern und dann gezielt fördern", beschloss der Stiftungsrat der ADAC Stiftung Sport damals. Zu diesem Gremium gehören unter anderem die Rennsport-Ikonen Strietzel Stuck und Walter Röhrl.

Der ADAC setzt sich für den Nachwuchs ein, Foto: ADAC
Der ADAC setzt sich für den Nachwuchs ein, Foto: ADAC

Bei den Sichtungslehrgängen, zu denen der ADAC einlädt, werden die Talente in den Modulen Fahrpraxis, technisches Verständnis, Persönlichkeitsbild sowie geistige und körperliche Fitness genauestens unter die Lupe genommen. Wer den Auswahlprozess übersteht, kann sich berechtigte Hoffnungen auf eine reale Karriere im Sport machen. "Ein sehr guter Ansatz. Der ADAC ist sehr konsequent und nachhaltig mit seiner Förderung. In einer Automobilnation wie Deutschland wäre es wünschenswert, gewisse Förderungen gezielter zu bündeln, denn auch die außergewöhnlichsten Talente werden ohne die notwendige Förderung ihren Weg in die Formel 1 nicht bestreiten können", sagte Lotus-Teamchef Timo Rumpfkeil gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Das ist allerdings ein solch komplexes Thema und mit dermaßen vielschichtigen individuellen Interessen durchzogen, dass ich bezweifle, das, wir so etwas in naher Zukunft bewundern können."

Unter permanenter Beobachtung stehen auch die Teilnehmer der Deutsche Post Speed Academy. Das Unternehmen hat eine langjährige Tradition im Motorsport und lässt sich die Werbung - etwa bei der Formel 1 und der DTM - einiges kosten. Wer es in die Post-Akademie schafft und eine erfolgreiche Saison in einer Serie bestreitet, kann sich auch über einen warmen und oftmals dringend benötigten Geldsegen freuen.

Die Absolventen der Speed Academy, Foto: Speed Academy
Die Absolventen der Speed Academy, Foto: Speed Academy

2012 sicherte sich Motorsport-Hoffnung Marvin Kirchhöfer den von der Post ausgerufenen Titel "Deutschlands Motorsport-Talent des Jahres". 95.000 Euro kassierte der 18-Jährige für die Auszeichnung; Geld, mit dem er seinen Eintritt in die Deutsche Formel 3 finanzieren kann. Kirchhöfer setzte sich in vier Wertungsdurchgängen gegen seine sechs Mitbewerber durch. Eine Experten-Jury beurteilt permanent die Leistungen der Fahrer auf und abseits der Strecke und vergibt entsprechend Punkte. Zum Ausbildungsprogramm gehören auch Events wie Medien-Schulungen und spezielle Workshops.

Wie bei der ADAC Stiftung Sport, ist auch der Weg in die Speed Academy kein einfacher. Eine Fachjury aus aktiven und ehemaligen Rennfahrern und Motorsportexperten - darunter Timo Glock, Klaus Ludwig und Strietzel Stuck - wählt in jedem Jahr einige Fahrer aus den Nachwuchsserien, die sich von der Masse abheben konnten. Kirchhöfer tritt die Nachfolge einer illustren Runde an Fahrern an, die ebenfalls von der Speed Academy gefördert wurden, darunter Adrian Sutil, Nico Hülkenberg, Timo Glock und Christian Vietoris. 2012 hießen die Academy-Absolventen Kirchhöfer, Pascal Wehrlein, Sven Müller, Mario Farnbacher, Lucas Wolf, Jason Kremer und Jonas Giesler. Namen, die man in der Motorsport-Szene mit Sicherheit nicht zum letzten Mal gehört hat.