Motorsport und im Besonderen der Formelsport gehört zu den teuersten Sportarten überhaupt. Je weiter ein Nachwuchstalent aufsteigt, desto mehr Geld muss es auf den Tisch legen, um überhaupt eine Chance zu haben. Nicht wenige talentierte Nachwuchspiloten, denen eine große Karriere vorausgesagt wurde, konnten die hohen Kosten am Ende nicht mehr tragen. Entweder verschwanden sie in der Versenkung oder suchten ihr Heil im Sportwagen- und GT-Bereich - einer im Vergleich zum Formelsport bezahlbareren Alternative. "Leider blieb der eine oder andere auf der Strecke, weil er das nötige Geld einfach nicht auftreiben konnte", bestätigt der langjährige Teamchef Peter Mücke im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Andere sind mit viel Geld zwar ein Stück weit gekommen, doch am Ende entscheidet nur die Leistung. Ganz oben kommen nur die an, die konstant ihre Leistung bringen und über eine gewisse finanzielle Unterstützung verfügen. Talent allein reicht leider nicht, sonst wären wir im Märchenland."

Im Rahmen seiner großen Talente-Serie stellt Motorsport-Magazin.com eine Reihe ehemaliger, hoffnungsvoller Formelpiloten vor, die auf ihrem Weg in die Formel 1 wegen finanzieller Schwierigkeiten eine andere Richtung einschlagen mussten.

Wenn man kein Glück hat, kommt auch noch Pech hinzu. So ungefähr muss sich Michael Ammermüller in der Saison 2007 gefühlt haben, als er als Titelkandidat in der GP2 an den Start ging. Unterstützt von Red Bull sollte er im Meisterteam ART Grand Prix an der Seite von Lucas di Grassi mit der Startnummer 1 um Siege kämpfen. Doch als Ammermüller in neun Rennen nur einen einzigen Punkt holte, begann für den damals 21-Jährigen eine rasante Talfahrt. Er wurde kurzerhand in die Renault World Series verfrachtet und wenig später komplett aus dem Nachwuchskader von Red Bull gestrichen. "So schlimm war es nicht, man ist ja ganz schnell unten, wenn es vorbei ist", musste er feststellen.

Die ersten Testfahrten in der Formel 1 hatte er da längst absolviert. "Ich wollte einen Stammplatz bekommen, aber ohne Red Bull und einen Sponsor war das schwierig, zudem kam 2008 die Finanzkrise hinzu." Über Umwege, kleinere Rennserien und Einsätze im GT-Sport hat Ammermüller den Anschluss aber wieder gefunden. Mittlerweile kämpft er im Porsche Supercup um gute Ergebnisse und stand in seiner Debütsaison mehrfach auf dem Podium. "Wenn man sich die harten Kämpfe und das Niveau der Fahrer anschaut, ist das schon sehr nah an der GP2 dran. Jeder hat das gleiche Material und es gibt Fahrer, die schon ewig dabei sind", urteilt Ammermüller über das neue Umfeld.

Ammermüller fand ein neues Zuhause im GT-Sport, Foto: GT Masters
Ammermüller fand ein neues Zuhause im GT-Sport, Foto: GT Masters

Die Tatsache, dass der Porsche 911 GT3 mit seinen Keramik-Bremsen und dem stark reglementierten Setup nicht einfach zu fahren ist, hat in den vergangenen Jahren schon öfter dafür gesorgt, dass längst in Vergessenheit geratene Talente wieder eine Chance bekamen. Eines der besten Beispiele dafür ist Marco Holzer, der es nach einer verpatzten Saison in der Formel 3 Euro Serie mittlerweile bis hin zum Porsche-Werksfahrer geschafft hat. Nur ungern erinnert sich Holzer an die Saison 2007. Als Dritter der Formel BMW Deutschland und einer Testfahrt im Formel-1-Boliden von BMW im Gepäck, ging das Nachwuchstalent in der Formel 3 mit unterlegenem Material unter. "Dabei sah es nach den Testfahrten gar nicht so schlecht aus, aber wir hatten einfach keine Chance. Und wenn es mal gut lief, streikte die Technik."

Eng kam im ADAC GT Masters unter, Foto: ADAC GT Masters
Eng kam im ADAC GT Masters unter, Foto: ADAC GT Masters

Damals hatte Holzer die Formel 1 fest im Blick. 2da war ich 17 Jahre alt und hatte noch nicht einmal einen Führerschein. Die Formel 1 war immer mein Kindheitstraum", erinnert sich Holzer zurück. Letztlich hat ein einziger Anruf wohl seine gesamte Karriere auf den Kopf gestellt: Holzer wurde Teil des Juniorkaders von Porsche. "Im Porsche Juniorteam wurde ich nicht einfach ins kalte Wasser geworfen. Stattdessen bekommt man innerhalb von drei Jahren alle wichtigen Grundlagen beigebracht. Ich hatte damals ja gar keine Erfahrung im GT-Sport", so Holzer über seinen Einstieg bei Porsche. "Ich konnte in meinem ersten Jahr völlig frei fahren. Ich habe auch die damaligen Werksfahrer kennengelernt und gesehen, wie sie arbeiten. Mein Ziel war es, auch so einen Werksvertrag zu bekommen. Das war damals wie eine völlig neue Karriere für mich." Anfang 2011 war es dann endlich soweit: Nach dreijähriger Ausbildung unterschrieb Holzer einen Werksvertrag bei Porsche. "Ich habe meine Chance bei Porsche genutzt. Ich fahre die größten Rennen der Welt, bin in Daytona, Le Mans und auf der Nordschleife unterwegs."

Eine solche Chance würde auch Philipp Eng gerne bekommen. Der Österreicher gewann das Formel BMW Weltfinale ein Jahr vor Holzer, konnte sich im Formelsport aber ebenfalls nie richtig durchsetzen, obwohl es in allen Serien für Podiumsplätze reichte. "Die Ergebnisse waren gut, aber ich hatte einfach nicht die finanziellen Möglichkeiten, um weitere Schritte zu realisieren." Mittlerweile ist Eng nicht nur im Porsche Carrera Cup und Supercup unterwegs, sondern auch im ADAC GT Masters. "Zu Beginn war ich schon etwas enttäuscht. Schließlich ist es der Traum jedes Rennfahrers, in der Formel 1 zu fahren. Ich war aber schon glücklich, dass ich 2011 überhaupt etwas zum Fahren gefunden habe." Mittlerweile fühlt sich der Salzburger in seinem neuen Umfeld pudelwohl - Plan B war auch in diesem Fall die richtige Entscheidung.