2012 sollen Le Mans Prototypen eine Öffnung auf der Oberseite der Radkästen erhalten, um die Sicherheit zu erhöhen. Nach doppeltem Überrollbügel, Heckflosse und Erhöhung der Bodenfreiheit könnte die neue Maßnahme das eigentlich elegante Erscheinungsbild der Prototypen einmal mehr stören.

Der Lola Aston Martin wandert ins Museum, Foto: Hall/Sutton
Der Lola Aston Martin wandert ins Museum, Foto: Hall/Sutton

Mit dem Saisonfinale in Zhuhai endete nicht nur die zweijährige Geschichte des Intercontinental Le Mans Cups, sondern auch die Zeit besonderer Rennwagen. Neben großvolumigen Motoren ist es besonders das stromlinienförmige Erscheinungsbild, das die Fans der Sportwagen so liebten. Der Lola Aston Martin vereinte beide Merkmale wie kein zweiter Prototyp der aktuellen Generation. Sein zwölfzylindriges 6l-Aggregat aus dem GT1-Modell der Engländer ist auf der Rennstrecke eine wahre Freude und sorgt für eine einmalige Geräuschkulisse. Auch die V8 und V10 der meisten anderen Prototypen klingen nach reinrassigen Rennmotoren, die zu einem Autorennen eigentlich dazugehören. Für den ersten "Sounddämpfer" sorgte Audi 2006, als mit dem R10 ein Selbstzünder Einzug in die erste Liga der Prototypen hielt.

Das Konkurrenzprodukt der Ingolstädter von Peugeot, ebenfalls mit einem Dieselmotor im Heck, und der aktuelle Audi R18 sind zwar optisch schön anzusehen, akustisch rufen sie aber noch immer weniger Frohlocken aus, als die Benziner. Dass die Werks-Diesel - zum Teil auch vom technischen Reglement profitierend - äußerst schnelle und erfolgreiche Rennwagen sind, ist Fakt - dass sie aber flüsterleise um die Rennstrecken eilen ebenso. Toyota könnte bei deren Rückkehr im kommenden Jahr mit einem Hybrid den Spagat zwischen ansprechend klingenden Benzinmotor und Verbrauchsminimierung schaffen und soll die Technik in ein - reglementbedingt momentan angesagtes - Coupé integrieren. Das Erscheinungsbild der LMPs könnte sich in den nächsten Jahren aber ändern, angeblich um die Sicherheit im Langstreckensport zu garantieren.

Die Diskussion um das Abheben der LMPs führte für 2012 zu einem Schritt, der äußerst umstritten ist: Ausschnitte auf der Oberseite der Radkästen sollen den Luftstrom stören, der Auftrieb erzeugt. Wie schon die Finne über der Motorabdeckung sollen auch die offenen Radhäuser so dafür sorgen, dass die Prototypen bei einem Unfall nicht in die Luft katapultiert werden. Merkwürdig scheint allerdings, wieso eine weitere Maßnahme schon wieder nötig ist, werden die Prototypen 2012 sowieso noch einmal eingebremst. Auch die schweren Unfälle von Allan McNish und Mike Rockenfeller im diesjährigen 24 Stundenrennen von Le Mans hatten nichts mit einem Aerodynamikversagen zu tun.

Schön oder nicht schön, das ist hier die Frage

Ob sich die Hersteller gegen die Öffnungen auf den Radkästen entscheiden? Wer darauf verzichtet, muss Strafgewichte oder ähnliche Sanktionen fürchten, die sich bei der verminderten Motorleistung 2012 noch heftiger auswirken könnten. Die Antwort dürfte sich damit erledigt haben, denn für Audi, Peugeot und Toyota zählt der Erfolg selbstverständlich mehr als das schönste Auto zu bauen. Zu einem regelrechten GAU konnte es dann 2014 kommen. Zusammen mit der Rückkehr von Porsche auf die Weltmeisterschaftsbühne wird ein neues technisches Reglement eingeführt, das bisher sehr gelobt wurde, weil es an die legendäre Gruppe-C-Ära angelehnt werden soll.

DPs sind in Europa verpöhnt, Foto: Sutton
DPs sind in Europa verpöhnt, Foto: Sutton

Dabei bezogen sich die Lobeshymnen mehr auf die Motorenformel, denn das Antriebskonzept wird wohl relativ freizügig gewählt werden können, wenn eine bestimmte Energiemenge eingehalten wird. Mit einem derartigen Format erlebte die Sportwagenszene in den 1980ern ihren Höhepunkt. Aerodynamisch erwartet uns womöglich eine kleine Revolution, denn aus den stromlinienförmigen LMPs könnten kleinere Autos werden, die an die Daytona-Prototypen der GrandAm erinnern. Die Schrumpfung der Fahrzeuge wäre einzig und allein der Schrumpfung der Höchstgeschwindigkeit geschuldet. Solange das Reglement für 2014 noch nicht offiziell bekannt gegeben worden ist, bleibt die Hoffnung auf eine weitere positive Entwicklung. Im Rahmen des Zhuhai-Rennens wurde beispielsweise spekuliert, dass ein weiterer Konstrukteur aus Japan mit einem Einstieg liebäugelt. Sowohl Nissan als auch Honda oder Mazda wären auf einem Le-Mans-Sieg von Toyota bestimmt nicht gut zu sprechen.

Sollten die Le-Mans-Prototypen zusätzlich zu teilweise offenen Radkästen tatsächlich kürzer und schmäler werden, würde deren Aussehen auch einem Monoposto immer ähnlicher werden - für überzeugte Sportwagenfans ein schlimmer Gedanke. Stelle man sich einen F1-Boliden mit Glaskuppel à la Red Bull X2010 aus dem Spiel Gran Turismo 5 vor: wo wäre da die momentan deutlich vorhandene Differenzierbarkeit?

Nicht LMP, nicht Monoposto, der fiktive X2010 aus GT5, Foto: Gran Turismo
Nicht LMP, nicht Monoposto, der fiktive X2010 aus GT5, Foto: Gran Turismo

Eines sollte den Regelmachern allerdings im Hinterkopf geblieben sein: auch aufgrund von Bernie Ecclestones Drängen begann 1991 das Ende der ersten Sportwagen-Weltmeisterschaft, als unbezahlbare Boliden mit 3,5l-Motoren ähnlich denen der damaligen F1-Aggregate die Gruppe-C-Renner verdrängten und Hersteller wie Mercedes und Peugeot in die Formel 1 wechseln ließen. Soweit darf es nach 2014 nicht kommen, die Prototypen dürfen nicht noch einmal verwaschen werden.