Nach fast sechs Jahren wird Jonas Folger von 14. bis 16. April in Austin wieder an einem MotoGP-Rennwochenende teilnehmen. Der schwere Sturz von GasGas-Pilot wird für den Deutschen somit zum Glücksfall. Die deutsche Motorradszene wird Folgers Comeback in der Königsklasse mit Argusaugen beobachten. Vom mittlerweile 29-Jährigen sofort Großes zu erwarten, wäre aber vermessen.

Nicht nur, dass Folger - wie bereits eingangs erwähnt - seit 2017 kein MotoGP-Rennen mehr bestritten und somit natürlich noch nie an einem Wochenende im neuen Sprintformat teilgenommen hat. Auch die in diesem Fall GasGas-gebrandete KTM RC16 ist für ihn noch Neuland. Erst im vergangenen Herbst saß er erstmals auf diesem Motorrad. Einige Testkilometer sind seither hinzugekommen, doch diese dienten fast ausschließlich dem Aussortieren von Material. Echte Zeitenjagden, um die wahre Performance neuer Teile zu evaluieren, führt Edeltester Dani Pedrosa durch. Der hat aber keine Lust mehr auf regelmäßige Renneinsätze, einzelne Wildcards wie Ende April in Jerez reichen ihm aus.

"Wir haben Jonas und auch unsere anderen Testfahrer nicht für Renneinsätze verpflichtet", erklärte KTM-Motorsportchef zuletzt gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Die andere Testarbeit ist viel wichtiger. Wir entwickeln unsere Suspension mit WP ja auch selbst, also können wir im Testteam gar nicht gut genug aufgestellt sein."

Will Folger bei seinen Auftritten an den Grand-Prix-Wochenenden überzeugen, muss er also erst wieder in den Rennrhythmus zurückfinden. In dem befand er sich zuletzt 2021 in der Superbike-WM. Davon abgesehen kam der Bayer seit seinem gesundheitsbedingten Rückzug aus der MotoGP noch während seiner Rookie-Saison 2017 nur auf elf Rennwochenenden. 2018 legte Folger eine komplette Pause vom Rennsport ein, 2019 war er Yamaha-Testfahrer und kam als Ersatzpilot bei Petronas Racing in der Moto2 zu fünf Einsätzen, 2020 dominierte er die IDM und gewann sämtliche Rennen in der auf vier Events verkürzten Corona-Saison.

In der IDM dominierte Jonas Folger nach Belieben, Foto: Bonovo action powered by MGM Racing
In der IDM dominierte Jonas Folger nach Belieben, Foto: Bonovo action powered by MGM Racing

Klar ist aber auch, dass Folger mit großem Talent gesegnet ist. Wären da nicht die gesundheitlichen Probleme gewesen, hätte sich der sympathische Mann mit der Nummer 94 womöglich dauerhaft im Spitzenfeld der MotoGP festsetzen können. Was tatsächlich in ihm steckt, konnte Folger auf der großen Bühne nur einmal wirklich zeigen, als er sich 2017 im Deutschland-GP mit Sachsenring-Dominator Marc Marquez ein spektakuläres Duell um den Sieg lieferte und das Rennen schließlich als Zweiter beendete. Doch auch bei seinem erst zweiten MotoGP-Auftritt in Argentinien oder wenig später in Barcelona blitzte sein Können mit sechsten Rängen auf.

Motorsport-Magazin.com meint: Jonas Folger verfügt über das Rüstzeug, um bei seiner Rückkehr in die Königsklasse einen guten Eindruck zu hinterlassen. Seine Ausgangsposition mit langer Rennabstinenz und wenig Erfahrung auf der KTM RC16 ist allerdings schwierig. Er wird Zeit brauchen, diese aber wohl auch bekommen. Denn mit einem Comeback von Pol Espargaro rechnet sein Team frühestens beim Italien-GP von 9. bis 11. Juni. Die Verletzungspause des Spaniers könnte sich aber auch bis in die zweiten Saisonhälfte hineinziehen. Freuen wir uns aber trotz des traurigen Anlasses mit Jonas Folger auf die zumindest vorläufige Fortsetzung einer Karriere, die in Anbetracht seiner Möglichkeiten schon viel zu früh zu Ende schien. (Markus Zörweg