Die MotoGP-Testfahrten in Sepang sind zu Ende. Zwei Wochen haben die Teams nun Zeit um nachzubessern, ehe bei einem weiteren Test in Katar der letzte Feinschliff erfolgen muss. Was haben die Teams an den drei Tagen in Malaysia gearbeitet? Die Zusammenfassung:

Honda: Das Lazarett der MotoGP

Hondas Lineup in Sepang glich einem Lazarett. Neuzugang Jorge Lorenzo fehlte nach seinem Kahnbeinbruch komplett, Weltmeister Marc Marquez war nach seiner Schulteroperation noch nicht voll belastungsfähig und Cal Crutchlow saß nach seiner komplizierten Fußverletzung zum ersten Mal seit Oktober wieder auf einem Motorrad. Viel Arbeit blieb daher an Testfahrer Stefan Bradl hängen, der Lorenzo im Werksteam ersetzte.

Mit 177 Runden war Bradl der aktivste Honda-Fahrer in Sepang. Crutchlow bestritt 165 Runden, Marquez gar nur 105 und nie mehr als sechs fliegende Runden am Stück. Die Hauptarbeitsgebiete der HRC-Fraktion waren die Abstimmung des neuen Motors, das damit zusammenhängende Elektronik-Setup und eine neue Verkleidung. "Die war eines der wichtigsten Dinge hier", erklärte Marquez nach Testabschluss.

"Wir haben aber auch viel an der Elektronik gearbeitet, denn das ist wichtig, wenn du einen neuen Motor hast. Für mich ist die Richtung klar, in die der Motor entwickelt werden soll, aber wir werden uns noch mit Stefan und Cal absprechen. Wir haben ja noch einen Test in Katar", so Marquez.

Eine weitere HRC-Baustelle war die Front. Vor allem Marquez und Crutchlow stürzten im vergangenen Jahr oftmals über das Vorderrad, weshalb man nach Lösungen sucht. Cal Crutchlow erklärt: "Wir setzen die Front in den Bremszonen zu sehr unter Stress und stürzen dann. Aktuell fühlt es sich allerdings so an, als hätte ich zu wenig Last auf dem Vorderrad. Vielleicht haben sie es über den Winter also verbessert, nur ich habe mich noch nicht drauf eingestellt." Unter anderem durfte Crutchlow eine neue Gabel testen. Stefan Bradl durfte sich zu seinen Test-Aufgaben in Sepang nicht äußern. Ihm wurde von Honda ein Maulkorb auferlegt.

Ducati: Neues Startsystem

Gigi Dall'Igna ließ wieder einmal mit gewagten Ideen aufhorchen. Zunächst fiel ein Schalter auf der Gabelbrücke auf, den Motocross-Experten schnell als "Holeshot Device" entlarvten. Diese Vorrichtung soll bessere Starts durch weniger Wheelie ermöglichen. Ducati wies seine Fahrer allerdings an, über die Funktionsweise keine Auskünfte zu geben, während die Rote Rennfraktion nicht einmal bestätigen wollte, dass es sich bei dem neuen Schalter tatsächlich um ein "Holeshot Device" handelt.

Am Freitag rührte man vor Beginn der Session die Werbetrommel für eine neue Verkleidungsvariante, die Andrea Dovizioso als Erster ausführen durfte. Dabei handelt es sich um eine Art Tripleflügel, dessen beide Winglets auf der Seitenverkleidung nicht mehr durch eine vertikale Strebe miteinander verbunden sind. Nach Dovizioso durften auch Danilo Petrucci und Jack Miller die neue Verkleidung ausführen.

Im Werksteam stand auch die Heranführung von Neuzugang Petrucci an die Performance von Dovizioso auf dem Programm. Zu diesem Zweck absolvierte das Duo am Donnerstagnachmittag einen Longrun mit Doppelflug. Zunächst folgte Petrucci Dovizioso für zehn Runden, dann durfte Petrucci nach einer kleinen Verschnaufpause zehn Runden lang Dovizioso ziehen.

Am Freitag legte es Ducati mit einer aggressiven Strategie noch auf die finale Bestzeit an, was voll und ganz gelang. In den Vormittagsstunden blieben beide Werksfahrer sowie Miller und Rookie Francesco Bagnaia im Time-Attack-Modus unter dem bisherigen inoffiziellen Streckenrekord, den Jorge Lorenzo beim Test im Vorjahr aufgestellt hatte.

Auch wenn diese Zeitenjagd nicht über die generelle Pace der Ducatisti aussagt, so ist es doch eine Ansage an die Konkurrenz, was möglich ist, wenn die Desmosedici auf Qualifying getrimmt wird. "Ich sehe uns besser vorbereitet als vor einem Jahr", stellte Vizeweltmeister Dovizioso abschließend fest.

Yamaha: Großaufgebot in Sepang

Yamaha fuhr in Sepang mit dem größten Aufgebot aller Hersteller nach Sepang. Neben Valentino Rossi und Maverick Vinales unterstützt man nun auch das neue Petronas-Team besser als zuletzt Tech3. Zudem hatte das Yamaha-Testteam gleich zwei Motorräder und drei Piloten (Jonas Folger, Katsuyuki Nakasuga und Kohta Nozane) im Gepäck.

Der japanische Hersteller sorgte für einige Überraschungen: Zunächst plauderte Maverick Vinales aus, dass die Motor-Entscheidung bereits im Winter gefallen sei und man in Sepang nur noch jenes Modell am Start habe, dass auch tatsächlich 2019 zum Einsatz kommt. Neben Rossi, Vinales und Morbidelli wird man dieses auch Fabio Quartararo zur Verfügung stellen. Das war die zweite Überraschung.

Ursprünglich wollte Yamaha nur Morbidelli mit aktuellem Material beliefern und Quartararo mit einem Vorjahresmodell ausstatten. Doch man hat die Zeichen der Zeit erkannt und so bekommt der MotoGP-Rookie nun auch aktuelles Material, wenn auch noch unklar ist in welcher Spezifikation.

Im Werksteam drehte sich in Sepang alles um die Anpassung des Motorrads an den neuen Motor. "Es gibt viele Stellschrauben, an denen wir jetzt drehen müssen: Elektronik, Setup, Geometrie", verriet Vinales bereits am ersten Tag. Mit 205 Runden war der Spanier am Ende der drei Tage Testkönig, legte die beste Pace an den Tag und zeigte am Freitag einen vielversprechenden Longrun. So wurde ihm auch die Ehre der Erstausfahrt einer neuen Verkleidungsvariante zuteil, die aber weit weniger spektakulär als jene von Ducati ausfiel.

Valentino Rossi, noch nie als Testkönig bekannt, hielt sich in seinen Aussagen zurück. "In einigen Bereichen konnten wir uns verbessern, aber andere Teile, von denen wir uns viel erhofft hatten, haben nicht den gewünschten Effekt gehabt. Es liegt noch viel Arbeit vor uns", analysierte der 39-Jährige. Für Jonas Folger, der am Mittwoch und Freitag zum Einsatz kam, stand Arbeit mit der Elektronik auf dem Programm. Auf eine schnelle Runde wurde der Deutsche nicht geschickt.

Suzuki: Stabiler Rins

Um Suzuki war es in Sepang ziemlich ruhig. Neben Alex Rins und Rookie Joan Mir kamen die beiden Testfahrer Sylvain Guintoli und Takuya Tsuda zum Einsatz. Überzeugen konnte vor allem Alex Rins, der eine gute Pace an den Tag legte und mit 197 Runden die drittmeisten aller MotoGP-Stammfahrer absolvierte. "Wir konnten viele Dinge ausprobieren und unser Paket ist nun noch stärker", war sich der neue Teamleader nach den drei Testtagen in Sepang sicher.

MotoGP-Neuling Joan Mir zeigte eine solide Leistung und spulte unfallfreie 172 Runden ab. Mit einer persönliche Bestzeit von 1:59,486 Minuten ließ der Spanier mit Quartararo und Oliveira immerhin zwei seiner drei Rookie-Kollegen hinter sich. "Ich komme immer besser zurecht und verstehe allmählich auch die Reifen", lautete sein Fazit.

KTM: Nicht der große Wurf

Fünf Fahrer konnte KTM in Sepang aufbieten. Neben den Werksfahrern Johann Zarco und Pol Espargaro war auch Testpilot Mika Kallio nach seiner Verletzung endlich wieder mit dabei. Beim neuen Kundenteam konnten Miguel Oliveira und Hafizh Syahrin Erfahrung auf dem Werksmaterial sammeln. Der Test zeigte, dass KTM im Winter noch kein großer Schritt gelungen ist.

Zarco, Espargaro und Oliveira reihten sich im Gesamtklassement dieser Testfahrten nur auf den Plätzen 17 bis 19 ein und konnten damit nur Vorjahresbikes, Testfahrer oder Aprilia-Motorräder hinter sich lassen. "Wir müssen in eigentlich allen Bereichen noch zulegen", sagte Zarco. Der Franzose kam bei diesem Test aber schon besser mit der RC16 zurecht als im November.

Der Franzose hatte von allen KTM-Piloten die beste Pace und bestätigte somit die in ihn gesetzten Hoffnungen, die neue Nummer eins im Team zu werden. Pol Espargaro hat sich im Winter von den unzähligen Blessuren des Vorjahres erholt, musste in Sepang aber erneut zwei Stürze - wenn auch keine schlimmen - verkraften.

Da KTM im Gegensatz zu Suzuki, Ducati, Honda und Yamaha seinen Motor auch nach Saisonstart weiterentwickeln darf, besteht bei den Österreichern keine Eile, bis zum kommenden Test in Katar finale Lösungen für die unzähligen Baustellen zu finden.

Aprilia: Totalausfall Iannone

Aprilia reiste mit dem kleinsten Aufgebot aller Hersteller nach Sepang. Neben den beiden Einsatzfahrern Aleix Espargaro und Andrea Iannone war Testpilot Bradley Smith zwar dabei, hatte aber kein eigenes Test-Motorrad. Espargaro spulte an jedem der drei Tage über 50 Runden ab und kam am Ende auf 161 Laps und eine Bestzeit von 1:59,022. Das war die siebtschnellste Zeit aller Fahrer. Vielversprechend verlief auch eine volle Rennsimulation am Donnerstagmittag.

Espargaro zeigte sich mit der Entwicklung zufrieden, die er als eine Evolution des Motorrads von 2017 bezeichnete. Das verkorkste 2018er-Motorrad wurde also komplett eingemottet. Für den kommenden Test hat der Spanier allerdings noch einen Wunsch: "Wir brauchen mehr Power."

Bei Iannone hingegen lief nicht viel zusammen: Der Italiener reiste mit einer Kieferinfektion an, stützte gleich in seinem ersten Stint und zog dabei das Motorrad so weit in Mitleidenschaft, dass die Aprilia-Truppe den halben Tag mit Reparaturarbeiten beschäftigt war. Nach zwei Tagen und lediglich 75 Runden war für Iannone endgültig Endstation. Aufgrund seiner Medikamente fühlte er sich nicht fit genug, um am Finaltag zu fahren. Bradley Smith sprang ein und drehte auf Iannones Maschine 56 Runden.