Jorge Lorenzo und Marc Marquez lieferten sich beim MotoGP-Rennen in Spielberg ein spektakuläres Duell um den Sieg. Nach 28 Runden hatte Lorenzo letztlich um exakt 13 Hundertstelsekunden die Nase vorne. Das siegbringende Manöver setzte er dabei erst in der letzten Runde. Nach Brünn wurden die MotoGP-Fans also auch in Österreich mit einem Herzschlag-Finale verwöhnt.

"Das war einer meiner besten Siege", gestand ein stolzer Lorenzo nach dem Rennen. "Ich musste bis zum Ende gegen ein Monster wie Marquez kämpfen, hart bremsen und die Vorteile aus meinen Stärken ziehen." Der amtierende MotoGP-Weltmeister war über seinen Gegenspieler um den Sieg überrascht: "Ich habe zu Beginn das Tempo angezogen, denn ich wollte nur gegen eine Ducati kämpfen. Ich hatte Dovizioso erwartet, aber dann war es Lorenzo."

Dovizioso lange dabei

Zehn Runden vor dem Ende war noch alles offen: Bei der 18. von 28 Zieldurchfahrten lagen Marquez, Lorenzo und Dovizioso innerhalb von nur 0,175 Sekunden. Doch dann attackierte Lorenzo und Dovizioso musste abreißen lassen. Ab Runde 21 war der Italiener aus dem Kampf um den Sieg und es hieß nur noch Marc Marquez gegen Jorge Lorenzo.

Den Zuschauern bot sich in den letzten Runden ein aufregendes Spektakel, da die beiden Duellanten an unterschiedlichen Stellen der Strecke glänzen konnten. Marc Marquez erklärte: "Ich habe sofort gemerkt, dass er mich auf jeder noch so kurzen Geraden überholen konnte. Daher musse ich teilweise sehr hart verteidigen. In Kurve 3 musste ich dann ein Manöver setzen, bei dem ich fast gestürzt wäre, weil plötzlich beide Reifen gerutscht sind. Da konnte mich Jorge beim Beschleunigen überholen, da er mit mehr Geschwindigkeit ankam."

Marquez muss auf letzte Attacke verzichten

Danach war Marquez geschlagen. Eine finale Attacke - wie im Vorjahr gegen Dovizioso - konnte er in den letzten Kurven nicht mehr setzen. Der Grund war aber nicht etwa Zurückhaltung im Hinblick auf die WM-Gesamtwertung, sondern ein kleiner Fahrfehler, wie der Drittplatzierte Dovizioso in der Pressekonferenz nach dem Rennen ausplauderte.

"Marc wollte sich wieder alles für die letzte Kurve vorbereiten, aber dann hat er in die vorletzte zu spät gebremst, hat die Linie ein wenig verloren und konnte daher kein Manöver mehr setzen. Stimmt's?", stellte der MotoGP-Vizeweltmeister in den Raum und bekam von Marquez dafür einen Daumen nach oben signalisiert. Der hatte schon zuvor zugegeben: "Heute wollte ich es probieren. In Brünn habe ich mich nicht so stark gefühlt, deswegen habe ich dort nicht alles riskiert. Da erschien mir das Risiko zu groß. Heute habe ich aber gleich zu Beginn Gas gegeben."

Diese Strategie verwunderte sogar Lorenzo: "Marc ist normalerweise nicht der Fahrer, der gleich von Beginn an das Tempo so stark anzieht. Heute hat er das aber getan und ich wusste, dass er eine starke Pace hat und sich sehr stark fühlt. Nach dem Moto2-Rennen war der Grip ein bisschen schlechter, deshalb konnte er seine 1:24,2 nicht so lange halten. Dadurch konnte ich an ihm dran bleiben und sowohl Energie als auch Reifen sparen."

Ducati holt in der WM auf

Eine Soloflucht des MotoGP-Champions mussten die Ducatisti nur zu Beginn des zweiten Renndrittels befürchten. In Runde 12 hatte sich Marquez um 0,970 Sekunden von seinen Verfolgern gelöst - größer sollte sein Vorsprung in diesem Rennen aber nicht mehr werden. "Ich habe alles gegeben und die Strategie war auch richtig", analysierte Marquez. "Ich habe zwar den Kampf verloren, aber meinen Vorteil in der Meisterschaft weiter ausgebaut."

Denn Valentino Rossi - in der WM immer noch erster Verfolger von Marquez - kam nur als Sechster ins Ziel und hält nun bereits bei einem Rückstand von 59 Punkten. Die zuletzt so starken Ducati-Asse liegen nach dem Doppel-Podium von Spielberg mit 71 (Lorenzo) bzw. 72 Punkten (Dovizioso) Rückstand auf Marquez nun bereits in Schlagdistanz zu Platz zwei.

So wird die WM-Gesamtwertung plötzlich wieder Thema in den Aussagen der Ducatisti. "Natürlich wäre es besser gewesen, wenn Marc heute Fünfter oder Sechster geworden wäre. Aber er ist immer da und landet auf dem Podium, wenn er nicht ohnehin gewinnt. Daher ist es extrem schwer, Punkte auf ihn aufzuholen. Nun sieht es aber so aus, als wäre Platz zwei in der WM möglich. Ich kämpfe jedenfalls weiter um Podien und Siege", sagte Lorenzo.

Der sammelte in den letzten sechs Rennen tatsächlich die meisten Punkte aller MotoGP-Fahrer. Mit seinen drei Siegen kommt Lorenzo auf 114 Zähler und damit um acht mehr als Marquez. Angesichts dessen großen Vorsprung bleibt der aber noch gelassen: "Ich freue mich über meinen Vorsprung. Beide Ducati sind sehr stark, aber trotzdem liege ich in der WM voran. Die Saison ist noch lang, aber wir haben es geschafft, auch auf Strecken, die uns nicht so liegen, vorne dabei zu sein. Es kommen aber auch bessere Strecken für uns und dann wird es wieder Zeit für 25 Punkte."