Eine derart rasante Talfahrt wie von Yamaha in der MotoGP-Saison 2017 hat man selten gesehen. Die ersten Rennen dominierte Maverick Vinales, gewann bis Le Mans drei von fünf Grands Prix. Doch dann ging es für Yamaha steil bergab, von den letzten 13 Saisonrennen gewann man nur noch eines, durch Valentino Rossi in Assen. Vinales blieb in dieser Phase also völlig sieglos.

Den Grundfehler hatte man bei Yamaha freilich schon vor Saisonbeginn gemacht. Die 2017er-Yamaha unterschied sich, vor allem im Bereich des Chassis, gravierend von ihren Vorgängerinnen. So wollte man den in Vergangenheit stets zu hohen Reifenverschleiß in den Griff bekommen und den Piloten in der Schlussphase der Rennen so eine bessere Performance ermöglichen. Das Problem: Funktionieren konnte das immer nur, wenn die Streckenbedingungen für die M1 ideal waren. Lag der Grip unter dem benötigen Niveau, waren Rossi und Vinales chancenlos. Das zeigte sich bereits beim Hitzerennen Anfang Mai in Jerez zum ersten Mal.

Massiv verschlimmert wurde die Situation für Yamaha ab Mugello, wo sich Michelin nach einer Abstimmung unter den 23 MotoGP-Piloten der überwältigenden Mehrheit beugte und eine neue Konstruktion des Vorderreifens brachte. Dieser verstärkte Yamahas Probleme, worauf Fahrer und Team etwas in Panik gerieten, sah man die Felle im WM-Kampf gegen Honda und Ducati doch davonschwimmen.

Yamaha verfällt in Panik, Rossi und Vinales verloren

Was folgte, war eine wahre Flut an Updates, ständig folgten weitere Chassis-Varianten. Anstatt damit die vorhandenen Probleme zu beheben, stürzte man allerdings in ein regelrechtes Chaos. Vor allem Yamaha-Neuzugang Maverick Vinales verirrte sich im Chassis-Dschungel völlig. Schnell kamen Gerüchte auf, er habe sich teamintern Superstar Valentino Rossi beugen und auf eine Version der M1 setzen müssen, die ihm nicht behagte. Wie in der modernen MotoGP schon fast üblich, ließen die Verschwörungstheoretiker nicht lange auf sich warten. Rossi habe Yamaha bewusst in eine Entwicklungsrichtung gelenkt, die Vinales' Erfolgslauf bremsen würde, so dass 'Il Dottore' weiterhin Chef im Rennstall bleiben konnte.

Vermutungen, gegen die sich Vinales nun entschieden wehrt. "Ich kann mir das nicht vorstellen. Wenn man für Yamaha arbeitet, dann merkt man, dass diese Marke unbedingt gewinnen will. Ich glaube also nicht, dass sie irgendetwas zulassen würden, dass den Erfolg verhindert", stellt sich Vinales im Gespräch mit 'Marca' auf die Seite seines Teamkollegen Valentino Rossi und Arbeitgebers Yamaha. "Sie haben einen super Job gemacht und immer versucht, die beste Lösung für mich und Valentino zu finden. Es war für uns alle schwierig, den richtigen Weg einzuschlagen, aber das Team hat alles dafür gegeben. Ich durfte stets das Chassis und das Bike wählen, das ich wollte." Die Tatsache, dass Vinales nach teils heftiger Kritik am Motorrad und einigen eher ungeschickten Aussagen von Yamaha verboten wurde, mit Medien über die unterschiedlichen Chassis-Varianten zu sprechen, befeuerte die Spekulationen über teaminterne Streitigkeiten damals zusätzlich.

Kämpfe zwischen Rossi und Vinales beschränken sich bislang auf die Strecke, Foto: Yamaha
Kämpfe zwischen Rossi und Vinales beschränken sich bislang auf die Strecke, Foto: Yamaha

Vinales gesteht aber ein, dass er sich in seiner ersten MotoGP-Saison als Titelanwärter zu sehr von außen beeinflussen ließ: "Ich war immer ein Fahrer, der sich auf seine eigene Arbeit konzentriert und dabei nicht zu sehr nach links und rechts geblickt hat. Ich muss meinem Gefühl vertrauen. Bei Suzuki habe ich zwei Jahren aus nichts ein siegreiches Motorrad gemacht. Zu dieser Arbeitsweise muss ich wieder zurückkehren."

Yamaha startet konservativer in MotoGP-Saison 2018

Läuft alles nach Plan, wird Vinales 2018 natürlich gar nie mit einer derart großen Verwirrung wie in der abgelaufenen Saison konfrontiert sein. Aus diesem Zweck wird bei Yamaha als Basis für die Entwicklung der nächstjährigen Maschine das Motorrad aus 2016 dienen, mit dem Tech3-Super-Rookie Johann Zarco in diesem Jahr die Werks-Konkurrenz regelmäßig schlagen konnte.