Motorsport-Magazin.com: Alex, wir haben bisher ein extrem enges Wochenende hier erlebt. Wer ist dein Favorit auf den Rennsieg am Sonntag?
Alex Hofmann: Valentino! Aus mehreren Gründen: Er hat etwas gutzumachen aus Le Mans. Und aus dem Vorjahr, wo der Motor seiner M1 der große Party-Crasher war. Außerdem hat er für mich den besten Grundspeed und das Setup passt. Und natürlich weil es einfach diese magischen Tage gibt, wo alles zusammenkommt. Genau so einer könnte der Sonntag für ihn werden.

Wie wichtig wäre er ein Sieg hier für ihn auch im Kampf um die Weltmeisterschaft?
Alex Hofmann: Wenn Valentino wirklich den zehnten WM-Titel holen will, muss er definitiv mal einen raushauen. Er muss seinem Teamkollegen Vinales zeigen, dass er noch nicht weg ist. Der Doktor muss da das Skalpell mal wo ansetzen, wo es so richtig wehtut.

Apropos wehtun. Denkst du, dass Rossi im Rennen die Schmerzen nach seinem Motocross-Sturz ausblenden kann?
Alex Hofmann: Ja, das glaube ich schon. Wenn Valentino am Sonntag in die Startaufstellung fährt, dann ist der in seinem Tunnel und dann wird er nichts mehr spüren. Der Wohlfühlfaktor wird bei ihm sicher nicht bei 100 Prozent sein, aber das ist nichts Außergewöhnliches. Wir sind jetzt in einer Phase der Saison, wo fast das ganze Fahrerlager schon ein wenig über körperliche Dinge klagt.

Vinales hat in der Weltmeisterschaft vor diesem Rennen 23 Punkte Vorsprung auf Rossi. Kannst du dir vorstellen, dass er hier in Mugello schon etwas verwaltet?
Alex Hofmann: Gute Frage! Ich denke, dass es tendenziell noch zu früh ist. Maverick ist ja auch so vollgepumpt mit Selbstbewusstsein und Adrenalin. Der genießt das unglaublich, dass er endlich dort angekommen ist, wo er sich sein ganzes Leben lang hingeträumt hat. Sollte er im Rennen aber sehen, dass er wirklich extrem aus seiner Komfortzone kommen muss, um an Valentino dranzubleiben, dann kann ich mehr vorstellen, dass er nicht um jeden Preis auf den Sieg losgeht. Es muss ja nicht sein. Er will am Ende des Jahres den WM-Titel haben. Das ist also wohl ein bisschen vom Rennverlauf abhängig.

Kann Valentino Rossi am Sonntag jubeln?, Foto: Yamaha
Kann Valentino Rossi am Sonntag jubeln?, Foto: Yamaha

Neben den beiden Yamahas zählen sicher auch die Ducatis zu den Topfavoriten. Im Qualifying waren sie auf der langen Geraden rund zehn Stundenkilometer schneller als Pole-Mann Vinales. Kann das im Rennen ein Joker sein?
Alex Hofmann: Ja, und ein sehr unangenehmer noch dazu. Wenn du auf einer Ducati sitzt, weißt du, dass du nur an deinen Gegnern dranbleiben musst und dann auf der Geraden relativ locker vorbeifahren kannst. Alle anderen hingegen müssen viel Risiko eingehen, um dann in den Kurvenkombinationen irgendwo reinzustechen. Und dann müssen sie weiterhin viel riskieren, um sich den Rücken freizuhalten. Dieses Spiel kann sich dann über zwei, drei, fünf oder gar zehn Runden ziehen. Das ist wahnsinnig unangenehm und reibt dich mental richtig auf. Wenn du ein halbwegs ruhiges Rennen haben willst, musst du dieses Risiko aber eingehen, um dich absetzen zu können. Denn in der letzten Runde willst du definitiv nicht mit einer Ducati am Heck in die Zielgerade einbiegen. Dovi oder auch Jorge können also sicherlich unangenehme Komponenten sein, den Sieg werden sich aber meiner Meinung nach die Yamaha-Teamkollegen ausmachen.

Wissenswertes über den Italien GP (01:10 Min.)

Warum?
Alex Hofmann: Die Yamaha ist dieses Jahr, wie auch schon in der Vergangenheit, aus technischer Sicht einfach das beste Bike hier. Sie haben zwar nicht den größten Topspeed, aber dafür eine sehr gute Balance, das ausgeglichenste Paket. Dazu sitzen zwei wahnsinnig starke Fahrer auf diesem Motorrad. Und Rossi hat ja hier auch noch 100.000 Verrückte in Gelb auf seiner Seite. Es wird auf jeden Fall ein geiles Rennen. Ich freu mich drauf!