Es war der wohl emotionalste Sieg des Jahres: Beim chaotischen 24-Stunden-Rennen in Daytona setzte sich das BMW-Quartett Augusto Farfus/Philipp Eng/Connor De Philippi/Colton Herta in der GTLM-Klasse durch. In Gedanken immer dabei: der am vergangenen Donnerstag verstorbene langjährige Schnitzer-Teamchef Charly Lamm.

"Mit Charly hatten wir einen besonderen Co-Piloten", sagte der Brasilianer Farfus nach dem Rennen, das nach 23:50 Stunden wegen starker Regenfälle vorzeitig abgebrochen wurde, sichtlich gerührt. "Charly war mehr als ein Freund für mich. Heute saß er bei mir im Auto. Er wäre der Erste, der mit uns gefeiert hätte."

Die Nachricht über Lamms tragischen Tod nach kurzer, aber schwerer Krankheit hatte in Daytona für tiefe Trauer bei Farfus und vielen seiner BMW-Kollegen gesorgt. Vor allem beim früheren DTM-Piloten saß der Schmerz tief, hatten er und Lamm noch im November vergangenen Jahres überraschend den FIA GT World Cup in Macau gewonnen. Genau zehn Jahre nach Farfus' erstem Macau-Sieg 2009, ebenfalls mit Charly Lamm am Schnitzer-Kommandostand.

Kurios: Eigentlich war Farfus, der BMW letztendlich in Daytona zum Triumph führte, gar nicht für das 24h-Rennen eingeplant gewesen. Der 35-Jährige sprang kurzfristig für den ursprünglich nominierten BMW-Werksfahrer Tom Blomqvist ein, der aufgrund von Visa-Problemen den Trip in die USA absagen musste. Und so war es schließlich Farfus, der in der regnerischen Schlussphase die Nerven behielt und den BMW M8 GTE zum Sieg steuerte.

"Was Augusto in den letzten Stunden geleistet hat, war außergewöhnlich", lobte BMW Team RLL-Teamkollege Philipp Eng dessen starke Leistung unter schwierigsten Streckenbedingungen. "Wie er zum Schluss den Ferrari überholt hat - so etwas habe ich noch nie zuvor gesehen." Genau eine Runde vor der zweiten und finalen Rennunterbrechung übernahm Farfus die Führung - es war das entscheidende Manöver in der GTLM-Klasse.

BMW feiert den GTLM-Klassensieg in Daytona mit dem BMW M8 GTE, Foto: LAT Images
BMW feiert den GTLM-Klassensieg in Daytona mit dem BMW M8 GTE, Foto: LAT Images

Der Österreicher weiter: "Ein besonderer Sieg für uns alle, den wir Charly widmen möchten. Das war sehr emotional. Er hat uns immer sehr unterstützt und ich bin froh, ein Jahr für ihn gefahren zu sein. Er hat uns heute von da oben die Daumen gedrückt."

Eng, der absichtlich seine eigene Armbanduhr zuhause gelassen hatte und nun mit einer der begehrten Rolex-Zeitmesser aus Daytona abreist, startete 2017 für Schnitzer Motorsport unter Lamm im ADAC GT Masters und kämpfte lange um die Meisterschaft.

Auch De Philippi war voll des Lobes für Farfus' Husarenritt in der Schlussphase auf dem Daytona International Speedway. "Augusto ist in den letzten Stunden unglaubliche Runden gefahren", sagte der US-Amerikaner. "Wir haben einen Regentanz aufgeführt, als wir sahen, wie schnell er im Regen unterwegs ist."

Weniger glücklich lief es für das BMW-Schwesterauto um Superstar Alex Zanardi. Der beinamputierte Italiener und seine Teamkollegen John Edwards, Jesse Krohn und Chaz Mostert lagen zum Zeitpunkt des ersten Rennabbruchs am frühen Sonntagmorgen nach mehreren Reparaturstopps viele Runden hinter der GTLM-Spitze.

Als Zanardi, der bei einem Unfall 2001 beide Beine verloren hatte, für seinen ersten Stint auf die Strecke ging, gab es Probleme beim notwendigen Wechsel des Lenkrads. Das Auto wurde genau in dem Moment heruntergelassen, als der BMW-Werksfahrer das Lenkrad auf die Lenksäule stecken wollte. Der harte Schlag sorgte dafür, dass er das Lenkrad nicht korrekt aufsetzen konnte. Dabei wurde die Lenksäule beschädigt und musste anschließend lange repariert werden. Das BMW-Quartett musste sich schlussendlich mit dem neunten Platz in der GTLM-Klasse begnügen.

Zanardi in Daytona im Interview mit Motorsport-Magazin.com für die kommende Print-Ausgabe, Foto: Motorsport-Magazin.com
Zanardi in Daytona im Interview mit Motorsport-Magazin.com für die kommende Print-Ausgabe, Foto: Motorsport-Magazin.com

"Was für ein Rennen, was für ein emotionaler Triumph - und das in diesen für die ganze BMW Motorsport Familie schwierigen Tagen", sagte BMW Motorsport Direktor Jens Marquardt. "Diesen Erfolg widmen wir Charly Lamm. Sein Verlust schmerzt auch heute noch genauso wie am Donnerstag, als wir die Nachricht von seinem Tod erhalten haben. Er hätte gewollt, dass wir hier für ihn bis zur letzten Runde kämpfen. Das haben wir getan - und für ihn gewonnen."

In Gedenken an den im Alter von nur 63 Jahren verstorbenen Lamm fuhr das BMW Team RLL bei der 57. Ausgabe des 24h-Rennens in Daytona mit der Aufschrift 'Godspeed, Charly' (Gute Reise, Charly) auf dem Heck der beiden BMW M8 GTE.