Die Ex-Aequo-Meisterschaftsführung zusammen Davide Valsecchi hat Luiz Razia nach dem Sprintrennen der GP2 in Spa zwar behalten - diesen Fakt verdankte er letzten Endes aber nur dem für ihn mehr als glücklichen Umstand, dass es ausgerechnet sein italienischer Titelrivale war, den er nach seiner Wahnsinnsaktion mit James Calado auf der Kemmel-Geraden in die Leitplanke und somit ebenso ans Ende des Feldes schickte. Punkte konnten die beiden Top-Piloten der Saison 2012 so am Sonntag natürlich nicht mitnehmen. Angesichts dessen, was zuvor auf der Strecke vorgefallen war, war dies aber noch das geringste Übel - das alle Fahrer aus der haarsträubenden Szene wenige Meter nach dem Start heil herauskamen, war das eigentliche Wunder.

Hinter Blitzstarter Josef Kral hatten sich gleich zu Beginn Calado und Razia einsortiert. Ihnen folgte durch die Eau Rouge das DAMS-Gespann um Felipe Nasr und Valsecchi. Raus aus Radillon setzte sich Razia dann in den Windschatten den zweitplatzierten Lotus-Rookies und versuchte im Rechtsknick auf die längste Vollgaspassage des Kurses die Außenbahn zu übernehmen. Calado spielte jedoch nicht mit, blieb mit einer halben Wagenlänge Vorsprung voll auf der Ideallinie und schickte den von hinten angreifenden Arden-Piloten bei über 250 Kilometern auf die Wiese und in Richtung Leitplanke. Der Brasilianer versuchte seinen Boliden abzufangen, drehte sich dann aber bei voller Höchstgeschwindigkeit in die andere Richtung und somit ins Feld zurück.

Der nachfolgende Nasr konnte geistesgegenwärtig gegen die Richtung Razias ausweichen. Sein dahinter fahrender Stallgefährte Valsecchi hatte weniger Glück, entschied sich für die falsche Seite und wurde vom über die Piste schießenden Razia ebenso in die Leitschienen befördert. Zwar konnten beide Meisterschaftsrivalen nach dem Crash und einem Boxenbesuch zu Reparaturzwecken weiterfahren, den Zorn Razias über den Ablauf der Kollision milderte das nach dem Rennen aber wenig. Für ihn war der Schuldige schnell ausgemacht: Seiner Meinung nach hieß der Calado. "Ich hatte einen guten Start und war mir sicher, dass ich auf dem Weg hin zu Les Combes den zweiten Platz übernehmen könnte", so der Brasilianer.

"Ich hatte schon das Gefühl, dass eine kleine Lücke da war und um die habe ich mich bemüht - dann zog Calado aber rüber und ich fand mich auf dem Gras wieder", schüttelte Razia den Kopf. "Eigentlich kam ich mit einem Geschwindigkeitsüberschuss aus Raidillon heraus... aber einige Fahrer benützen meiner Meinung nach einfach nicht ihre Rückspiegel", kritisierte er den Briten, den die Rennleitung für das Manöver aber straffrei davonkommen ließ. Brisante Randnotiz: Calado, der das Rennen schlussendlich auf dem dritten Rang beendete, konnte in Belgien in der Meisterschaft somit weiter aufholen. Zwei Rennwochenenden vor Schluss hat er 44 Punkte Rückstand auf das Spitzen-Duo und damit wieder Außenseiterchancen auf den Titel.