Die beste Nachricht in der GP2 gab es am Sonntag bereits vor dem Start des Sprintrennens: Aus der Uniklinik in Lüttich wurde Entwarnung vermeldet - Nigel Melker, der im Hauptrennen einen heftigen Abflug am Ausgang der Eau Rouge überstand, befindet sich zwar nach wie vor zu genaueren Untersuchungen im Hospital, außer Prellungen soll der Ocean-Pilot aber nichts abbekommen haben. Bei besten äußeren Bedingungen ging es so in den Sprint. Während die beiden punktgleichen Meisterschaftsaspiranten Davide Valsecchi und Luiz Razia von den Plätzen sechs respektive drei ins Rennen gingen, starteten ganz vorne in Reihe eins Julian Leal und Felipe Nasr. Zum wahren Gewinner des Starts wurde jedoch Josef Kral, der sich mit bester Traktion an seinen Gegnern vorbeischob.

Esteban Gutierrez zerstörte seine tolle Aufholjagd mit einer ungestümen Aktion, Foto: Sutton
Esteban Gutierrez zerstörte seine tolle Aufholjagd mit einer ungestümen Aktion, Foto: Sutton

Bereits nach wenigen Metern hatte er seine fünfte Startposition mit seinem Raketenstart in die Führung umgemünzt. Dahinter sortierte sich James Calado ein - der Lotus-Rookie erwischte ebeneso einen brillanten Start. Razia reihte sich auf P3 ein. Während die Spitze in Richtung Eau Rouge schoss, gab es dahinter in La Source bereits Schrott. Giedo van der Garde wurde zwischen zwei Fahrzeugen eingeklemmt, wodurch der Niederländer kurz in die Luft aufstieg und sich, obwohl er noch weiterfahren konnte, sein Fahrzeug beschädigte. Johnny Cecotto sorgte derweil mit einer übermotivierten Aktion auf der Innenseite für einen Dreher von Max Chilton, in den dann zu allem Überfluss auch noch Nathanael Berthon hineinfuhr.

Der eigentliche Hammer spielte sich dann aber nur Sekunden später auf der Kemmel-Geraden ab. Mit allen vier Rädern auf dem Gras versuchte Razia außenherum an Calado vorbeizugehen - dabei drehte er sich bei voller Geschwindigkeit um die eigene Achse und ins Feld zurück. Während der nachfolgende Nasr noch schnell genug reagieren konnte, musste sein DAMS-Teamkollege Valsecchi auf Grund des über die Bahn und in die Leitplanken schießenden Razia ebenso ins Gras und beschädigte sich dabei bei einem Mauerkontakt sein Auto. Die beiden in der Meisterschaft punktgleich an der Spitze liegenden Titelaspiranten gingen nach diesem Vorfall im Sprint natürlich leer aus, auch wenn beide ihr Rennen nach Reparaturarbeiten an der Box zunächst am Ende des Feldes fortsetzten.

Lotus-Duo bringt Pfeffer rein

Nach Runde eins lautete die Reihung schließlich Kral vor Calado, Nasr, Leal, Richelmi und Haryanto. Calado machte anschließend mächtig Druck auf Kral - selbst nach fünf Runden lag der Brite immer noch in sieben Zehnteln Reichweite des Tschechen. Weiter hinten sorgte derweil der andere Lotus für Spannung. Esteban Gutierrez war mit einer starken Pace auf dem Vormarsch, schnappte sich in Le Combes erst Haryanto, später dann auch Richelmi. Die beiden verunfallten Titelanwärter mussten ganz hinten hingegen erkennen, dass für sie der Tag verloren war. Während Razia zu einem Zusatzstopp an die Box kam, um zu Testzwecken die weicheren Reifen aufziehen zu lassen, entschied sich Valsecchi acht Runden vor Schluss ganz zur Aufgabe, um sein Material zu schonen.

James Calado verlor P2 noch auf den letzten Metern und musste sich auf dem Podium mit Rang drei zufriedengeben, Foto: Sutton
James Calado verlor P2 noch auf den letzten Metern und musste sich auf dem Podium mit Rang drei zufriedengeben, Foto: Sutton

Zwei Rennwochenenden vor Schluss reisen die zwei Streithähne damit beide mit 204 Punkten im Gepäck zu den finalen Showdowns nach Monza und Singapur. Auf der Piste sorgte am Sonntag dafür Gutierrez weiter für Action. Beim Versuch, noch weiter nach vorne und in Richtung Podium zu stürmen, stolperte der Mexikaner jedoch über Leal - mit einem zu optimistischen Überholversuch beförderte er beide Autos in den Kies. Profiteur des Durcheinanders war Marcus Ericsson, der Sieger vom Samstag - er ging parallel auch noch an Richelmi vorbei und schob sich damit auf P4 vor. Ebenso einen Positionsgewinn verbuchen konnte Fabio Leimer, der sich an Fabio Onidi vorbeidrängte, auf der Außenseite der Blanchimont dabei aber alle Grenzen der Physik ausreizte. Spannend wurde es dann auch noch einmal an der Spitze. Calado bekam zusehends Probleme mit seinen Reifen, wodurch Nasr vor hinten schnell aufschließen konnte und den Druck auf den Briten so merklich erhöhte.

Die beiden Top-Rookies 2012 lieferten sich anschließend ein famoses Duell um den zweiten Platz - inklusive leichter Berührung in La Source eingangs der letzten Runde. Am Ende erwischte der Brasilianer das bessere Ende. Noch auf den allerletzten Metern konnte er besser aus der Zielkurve herausbeschleunigen und Calado P2 noch abtrünnig machen. Vierter wurde Ericsson, vor Leimer und einer Kampfgruppe um Richelmi, Haryanto und Stefano Coletti, die die Top-8 abrundete. Kral, der sich nach einer Seuchen-Saison am Samstag erst noch seine allerersten Punkte 2012 gesichert hatte, zeigte sich von alledem unbeeindruckt und fuhr ganz vorne souverän seinen ersten GP2-Sieg ein.