Bahnt sich die nächste kleine Sensation in der Formel E an? Wieder einmal befindet sich ein Kundenteam auf gutem Wege, dem Lieferanten auf der Nase rumzutanzen. Nachdem in der vergangenen Saison Techeetah mit seinen gekauften Renault-Motoren das französische Werksteam deutlich hinter sich ließ, ärgert diesmal Virgin Racing die Großen.

Seit dieser Saison setzt das britische Team auf Antriebstränge von Audi - und führt mit Power aus Ingolstadt die Meisterschaft in der Elektro-Rennserie an! Nach bislang drei Rennen liegt der langjährige Virgin-Pilot Sam Bird an der Spitze. Der Brite erzielte zuletzt in Chile den achten Sieg seiner Formel-E-Karriere und hat nun 43 Punkte auf dem Konto.

Auch Virgin-Teamkollege und Formel-E-Rückkehrer Robin Frijns kommt nach der Nullrunde des Teams beim Auftakt in Saudi-Arabien immer besser in Fahrt. Der Audi-Werksfahrer, der 2019 parallel in der DTM antreten wird, ist geteilter Gesamtvierter mit 28 Zählern. Frijns fuhr beim zweiten Saisonlauf in Marrakesch als Zweiter auf das Podium und sammelte in Chile mit Platz fünf weitere Punkte für die Meisterschaft.

Audi startet mit Problemen

Bei Motorenlieferant Audi sieht es bislang nicht so rosig aus. Der amtierende Team-Meister erwischte wie schon in der Vor-Saison einen unbefriedigenden Auftakt. Daniel Abt und Lucas di Grassi sammelten in den ersten beiden Rennen zusammen nur 14 Punkte.

Während der Brasilianer und amtierende Vize-Meister auch in Chile leer ausging - di Grassi verlor die Pole Position zuvor wegen eines Regelverstoßes - gelang Abt ein wichtiger Befreiungsschlag. Der Audi-Werksfahrer sicherte sich den dritten Platz hinter Sieger Bird und dem Zweitplatzierten Pascal Wehrlein. Abt belegt nach 3 von 13 Saisonrennen mit 21 Punkten den siebten Platz in der Gesamtwertung.

Sam Bird auf dem Weg zum Sieg in Santiago, Foto: LAT Images
Sam Bird auf dem Weg zum Sieg in Santiago, Foto: LAT Images

Virgin mischt die Formel E auf

Der bislang deutliche Unterschied zwischen Virgin und Audi spiegelt sich auch in der Team-Meisterschaft wider. Bird und Frijns führten das Team aus dem Imperium von Sir Richard Branson mit 71 Punkten an die Spitze. Audi belegt vor dem vierten Rennen in Mexiko (16. Februar) den fünften Rang mit 30 Zählern.

"Santiago war ein fantastisches Ergebnis für uns, und in Mexiko ist es das Ziel, die Meisterschaftsführung auszubauen", sagt Virgin Managing Director Sylvain Filippi. "Aber ich bin seit Anfang an in der Formel E engagiert. Ich weiß, dass in dieser Meisterschaft alles möglich ist und natürlich, wie wettbewerbsfähig das derzeitige Feld der Teams und Fahrer ist. Wir müssen also konzentriert bleiben. Wenn wir das tun, gibt es keinen Grund, warum wir kein weiteres starkes Ergebnis erzielen können."

Virgin baut eigenen Simulator

Technische Entwicklungen während der laufenden Saison sind in der Formel E seit jeher verboten. Trotzdem gibt es - besonders mit den neuen Gen2-Rennwagen - Verbesserungspotenzial bei organisatorischen Abläufen und Software-Abstimmungen. Und natürlich auch in der wichtigen Vorbereitung im Simulator.

Virgin nutzt aktuell die Einrichtungen von Audi Sport in Neuburg, nachdem das Team zuvor auf den Simulator des ehemaligen Motoren-Lieferanten DS Automobiles zurückgegriffen hatte. Derzeit baut Virgin in Silverstone ein eigenes Simulatorzentrum auf, das vor dem Start in die sechste Formel-E-Saison Ende 2019 in Betrieb genommen werden soll.

Abt und Audi im Aufwind

Trotz des schwachen Saisonauftakts zweifelt unterdessen kaum jemand daran, dass das Audi-Werksteam auch in diesem Jahr wieder um die Meisterschaft kämpfen wird.

Mit Platz 3 durch Daniel Abt konnte Audi in Santiago ein versöhnliches Ergebnis einfahren, Foto: LAT Images
Mit Platz 3 durch Daniel Abt konnte Audi in Santiago ein versöhnliches Ergebnis einfahren, Foto: LAT Images

Für die Aufholjagd kommt Mexiko gerade recht: Im vergangenen Jahr gelang Daniel Abt an gleicher Stelle sein Premierensieg in der Formel E. Der 26-Jährige: "Wir haben gezeigt, dass wir Fortschritte machen und auf dem richtigen Weg sind. Und wir werden weiterkämpfen."

Teamkollege di Grassi erlebte im Autodromo Hermanos Rodriguez ebenfalls immer wieder spannende Rennen. 2016 verlor er nachträglich den Sieg, weil sein Auto leichter war als im Reglement vorgesehen. Im darauffolgenden Jahr rächte sich di Grassi und siegte nach einer fulminanten Aufholjagd.