Das erste Rennen mit den neuen Gen2-Rennautos in der Formel E hat noch nicht begonnen - und schon gibt es riesigen Wirbel beim Saisonauftakt in Riad. Im Fokus der heftigen Kritik: Der neue Attack Mode, der einem Fahrer während des Rennens für einen bestimmten Zeitraum mehr Leistung bringt (225 statt 200 kW).

"Das hatte ich nicht erwartet", sagt Felipe Massa nach der Streckenbegehung am Freitag zu Motorsport-Magazin.com. "Das ist ein sehr gefährlicher Ort! Mit Blick auf die Sicherheit können dort viele gefährliche Dinge passieren. Darüber müssen wir im Fahrer-Briefing vor dem Rennen noch sprechen."

Bei der neuen Regel mit dem Namen Attack Mode muss ein Fahrer drei definierte Stellen auf der Strecke abseits der Ideallinie überfahren, um für rund acht Minuten im 45-minütigen Rennen Extra-Leistung im Vergleich zu den anderen Autos abrufen zu können. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com muss der Attack Mode beim ersten Saisonrennen in Saudi-Arabien zweimal für vier Minuten eingesetzt werden.

Viele Diskussionen bei der Streckenbegehung am Freitag, Foto: Motorsport-Magazin.com
Viele Diskussionen bei der Streckenbegehung am Freitag, Foto: Motorsport-Magazin.com

Dass die Fahrer die Ideallinie verlassen müssen und dadurch Zeit verlieren, war angekündigt und wäre an sich kein Problem. Aber: Hier in Riad sind die Aktivierungslinien (farbig auf der Strecke markiert) derart nah an der Mauer, dass die Fahrer direkt nach dem Ausgang von Kurve 17 extrem abbremsen müssen, um mit dem Auto drüberfahren zu können.

"Das ist eine Kurve, nach der du eigentlich für die Gerade beschleunigst", sagt Audi-Pilot Lucas di Grassi zu Motorsport-Magazin.com. "Wenn du also jemandem folgst, willst du da so schnell wie möglich beschleunigen. Wenn der Fahrer vor dir dann entscheidet, den Attack Mode zu nutzen und bremst, während du beschleunigst, könnte das zu einem Unfall führen."

Neues Auto, Strecken & Teams - Alles zur Formel E Saison 2019 (15:34 Min.)

Schon während des Track Walks auf der 2,4 Kilometer langen, neuen Rennstrecke herrschten unter allen Fahrern und Teammitgliedern große Diskussionen, als sie die Stelle für den Attack Mode erreicht hatten. Nicht nur die erfahrenen Piloten der Formel E zeigten Zweifel an den Abläufen, die das Wochenende in Saudi-Arabien wesentlich beeinflussen können.

"Das ist ziemlich extrem", sagt der amtierende DTM-Champion und Formel-E-Rookie Gary Paffett zu Motorsport-Magazin.com. "Aus dem Simulator wussten wir zwar, dass die Zone dort ist. Wir hatten aber nicht erwartet, dass sie so nah an der Mauer liegt. Eigentlich musst du die Wand berühren, wenn du die Linien richtig treffen willst. Wenn da einer vor dir stark abbremst, weiß ich nicht, was passieren wird. Das könnte ein ziemliches Chaos werden."

Die Attack Mode Aktivierung liegt nach dem Ausgang von Kurve 17, Foto: Motorsport-Magazin.com
Die Attack Mode Aktivierung liegt nach dem Ausgang von Kurve 17, Foto: Motorsport-Magazin.com

Wesentliche Änderungen vor dem Renntag am Samstag (Trainings, Qualifying und Rennen zusammen an einem Tag) sind nicht zu erwarten. Auch wegen der Technik: Die drei Sensoren, die den Attack Mode aktivieren, sind unter der Strecke eingelassen. "Wir werden nichts daran ändern", sagt ein Formel-E-Sprecher zu Motorsport-Magazin.com.

An sich wurde die Einführung des Attack Mode - ein strategisches Element nach dem Wegfall des Autowechsels zur Rennmitte - von den Fahrern begrüßt. Nur die Umsetzung in Riad sorgt für Unmut unter den Fahrern. "Die Position ist einfach nicht klug gewählt", sagt Audi-Fahrer Daniel Abt zu Motorsport-Magazin.com. "Grundsätzlich ist der Ansatz, dass man Zeit beim Aktivieren verliert, gut. Aber hier ist es sehr extrem."