Max, wie sehen deine Erwartungen vor deiner ersten Saison als Stammfahrer bei Dragon in der Formel E aus?
Maximilian Günther: Ich freue mich wahnsinnig auf den Saisonstart. Vor einem Start ist die Spannung ohnehin immer besonders. Und speziell, weil mein erstes Rennen als Profi-Rennfahrer bevorsteht. Ich kenne die Formel E zwar als Test- und Ersatzfahrer von Dragon, aber jetzt wartet eine neue Herausforderung auf mich und natürlich möchte ich gute Ergebnisse einfahren!

Gehst du im Vergleich zu deinem ersten Formel-2-Rennen in diesem Jahr anders an die Formel E heran?
Maximilian Günther: Nicht unbedingt. Natürlich habe ich auch in der Formel 2 an Erfahrung dazugewonnen und mich als Fahrer weiterentwickelt. Deshalb fühle ich mich mit jeder weiteren Saison besser vorbereitet. Jetzt in der Formel E gibt es ein ganz anderes Anforderungsprofil als in der Formel 2 oder Formel 3. Es geht viel um das Thema Technik, Energie-Management und cleveres Fahren - aber natürlich auch darum, voll zu pushen und alles aus dem Auto herauszuholen.

Mit der Formel 2 bist du im Rahmenprogramm der Formel 1 gefahren. Die Formel E bedeutet eine 'neue Welt'. Wie gehst du damit um?
Maximilian Günther: Als junger Formelfahrer willst du natürlich in die Königsklasse. Es hat sich im Motorsport aber einiges getan, vor allem in den letzten Jahren. Der Weg in die Formel 1 ist mit vielen Hürden verbunden. Es ist zwar gut, wenn man die nötigen Superlizenzpunkte hat, aber mit denen kannst du dir im wahrsten Sinne des Wortes nichts kaufen. In der Formel E werden die Fahrer aufgrund ihrer Qualität ausgesucht. Das Fahrerfeld ist enorm stark und die Entwicklung der Formel E ist ohnehin gigantisch. Ich bin mir sicher, dass die Serie noch größer wird und weiter wächst.

Neues Auto, Strecken & Teams - Alles zur Formel E Saison 2019 (15:34 Min.)

Ist mit dem Einstieg in die Formel E für dich die Tür zur Formel 1 zu?
Maximilian Günther: Mein voller Fokus liegt jetzt erst einmal auf der Formel E. Aber natürlich ist nicht ausgeschlossen, dass ein Fahrer durch sehr gute Arbeit in der Formel E auch in der Formel 1 auf sich aufmerksam machen kann. Für mich ist es aber ein Traum, in der Formel E zu fahren. Ich kann mir auch gut vorstellen, hier mehrere Jahre zu bleiben.

Es gibt noch immer Kritiker, die die Formel E nicht als richtigen Motorsport ansehen. Deine Antwort darauf?
Maximilian Günther: Natürlich gibt es Skeptiker. Und ich muss sagen, dass ich zunächst auch nicht ganz überzeugt war. Aber dann bin ich zu Beginn des Jahres den offiziellen Test in Marrakesch gefahren und muss sagen: Es hat mir mega Spaß gemacht, das Auto zu fahren. Es ist ein verdammt schnelles Fahrzeug, gerade, wenn man sich die Beschleunigung auf den Stadtkursen anschaut. Und der erste Antritt ist unvergleichbar zu jedem anderen Rennfahrzeug.

Inwiefern lässt sich die Formel E mit anderen Formelserien vergleichen?
Maximilian Günther: Natürlich ist es eine andere Art des Racings und man muss viele Dinge managen. Aber ob du in der Formel 1 oder Formel 2 deine Reifen genau im Griff haben musst, weil sie sonst für die Distanz nicht reichen, oder ob es die Energieeffizienz ist, ist für mich persönlich egal. Beides ist sehr herausfordernd. Und am Ende des Tages geht es doch darum, dass die Fans geile Renn-Action, tolle Überholmanöver und Spannung bis zum Schluss geboten bekommen. Das ist in der Formel E mehr als in jeder anderen Vierradserie vorhanden.

Dein Team Dragon hat sich in der Vergangenheit nicht immer leicht getan und ist häufiger im hinteren Feld gefahren. Wie gehst du damit um?
Maximilian Günther: Ich als Rennfahrer möchte natürlich immer gewinnen und Top-Platzierungen einfahren. Ich weiß aber auch, dass dafür viele Bestandteile nötig sind. Ich glaube, dass die Karten zu dieser Saison noch mal neu gemischt werden. Ich bin aber auch realistisch und weiß, dass die großen Werksteams die Favoriten sind. Das Reglement in der Formel E ist clever durchdacht, sodass auch die kleineren Teams Chancen haben. Vor allem im Qualifying, wo allen die gleiche Leistung zur Verfügung steht und es viel auf den Fahrer und das richtige Setup ankommt. Im Rennen trennt sich dann schon die Spreu vom Weizen und dann zeigt sich, wer ein gutes Energiemanagement hat.

Bei den offiziellen Testfahrten war BMW sehr schnell unterwegs. Wie ist das einzuordnen?
Maximilian Günther: Eine gewisse Bedeutung hat diese Leistung von BMW schon. Wenn man an allen drei Tagen Bestzeit fährt und das auf beeindruckende Art und Weise, kann man schon davon ausgehen, dass das Paket nicht schlecht ist. BMW ist auf jeden Fall sehr ernst zu nehmen. Aber natürlich lässt sich kein Team bei den Testfahrten genau in die Karten schauen.

Wo siehst du euer Team in der Rangordnung?
Maximilian Günther: Unser Ziel ist, Punkte in Riad zu holen. Aber es ist wirklich sehr schwierig, einzuordnen, wo wir genau stehen.

Günther bei den offiziellen Testfahrten in Valencia, Foto: LAT Images
Günther bei den offiziellen Testfahrten in Valencia, Foto: LAT Images

Und wie siehst du dich im Vergleich zu deinem erfahrenen Teamkollegen und mehrfachen WTCC-Weltmeister Jose Maria Lopez?
Maximilian Günther: Klar, der Teamkollege ist immer der erste Gegner. Für mich ist es eine super Erfahrung, mit Pechito einen so erfahrenen und schnellen Teamkollegen an meiner Seite zu haben. Der weiß auch, wie in der Formel E der Hase läuft. Ich denke, dass wir einen sehr coolen Mix im Team haben und wir versuchen, uns gegenseitig zu pushen.

Wer sind für dich die Titelkandidaten in der kommenden Saison?
Maximilian Günther: Sicherlich die Champions der letzten beiden Saisons, Lucas di Grassi und Jean-Eric Vergne. Die werden von Anfang an vorne dabei sein. Ich denke auch, dass Sam Bird wieder stark sein wird. Ich schätze auch die beiden BMW-Fahrer, Antonio Felix da Costa und Alexander Sims, sehr hoch ein und vermute, dass sie ein gutes Auto haben. Ich denke auch, dass wir deutschen Fahrer allesamt ein gutes Paket haben und immer wieder vorne zu sehen sein werden. Der eine mehr als der andere, aber vieles hängt auch vom Gesamtpaket ab.

Wie sieht dein persönliches Ziel für deine erste Saison in der Formel E aus?
Maximilian Günther: Ich werde mich auf mich selbst konzentrieren und versuchen, meine bestmögliche Leistung abzuliefern - was auch immer damit möglich ist. Einfach alles aus dem Paket rausholen und möglichst viele Punkte sammeln. Aktuell gehe ich sehr offen an die Sache ran.