Das Debüt von Felipe Massa in der Formel E wird mit großer Spannung erwartet. Zur kommenden Saison, die im Dezember 2018 in Riad beginnt, steigt der ehemalige Formel-1-Pilot mit Venturi in die Serie ein. Massa war zuletzt beim Zürich ePrix sowie beim anstehenden Finale in New York vor Ort, um sich ein besseres Bild von seiner neuen Arbeitsumgebung zu machen.

In New York trifft Massa außerdem auf seine neue Teamchefin. Susie Wolff - man kennt sich aus gemeinsamen Williams-Zeiten - übernimmt ab sofort das Ruder beim Rennstall aus Monaco. "Wir wollen vorne mitfahren und um Siege kämpfen", kündigt Wolff an. "Und ich muss sicherstellen, dass das passiert. Felipe ist sehr motiviert und gespannt. Wir stehen vor einer großen Herausforderung, aber das gefällt uns beiden."

In der Tat steht das prominente Duo vor keiner einfachen Aufgabe. Mit einem Massa am Steuer ist die Erwartungshaltung groß - sein Team hingegen eher klein. Venturi ist im Gegensatz zu den großen Herstellern wie Audi, Renault, Jaguar oder BMW ab kommender Saison mit begrenzten finanziellen Mittel ausgestattet, auch, wenn Teambesitzer Gildo Pastor ein Milliardenerbe verwaltet.

Venturi mäßig erfolgreich

Bislang hatte Gründungsmitglied Venturi in der Formel E mäßigen Erfolg gehabt. Vor dem diesjährigen Saisonfinale belegt das Team mit seinen Fahrern Maro Engel und Edo Mortara den siebten von zehn Plätzen in der Teamwertung. Auch in den drei vorangegangenen Saisons hielt sich der Erfolg mit Ausnahme vereinzelter Highlights in Grenzen.

Offensichtlich ist Massa allerdings der Meinung, dass Venturi in der kommenden Saison weiter vorne mitmischen kann. "Das ist der Unterschied zur Formel 1: In der Formel E ist vieles unvorhersehbarer", glaubt der Brasilianer. "Natürlich weiß man nie, was passiert, wenn alles neu ist. Also schauen wir einfach mal."

Formel E: Susie Wolff und Felipe Massa im Doppel-Talk (03:22 Min.)

Massa fleißig am Testen

Alles neu, damit meint Massa das neue Rennauto, das ab Ende 2018 in der Elektro-Serie zum Einsatz kommt. Das Generation-2-Auto löst den bisherigen Boliden ab, derzeit testen sämtliche Hersteller fleißig ihre neuen Boliden, die im März ausgeliefert wurden. Auch Massa saß schon einige Male bei privaten Testfahrten am Steuer des neuen Venturi-Rennwagens.

"Venturi hat sich sehr bemüht, mich zu holen", erklärt Massa. "Als sie mir ihre Ideen präsentiert haben, wie sie das neue Auto entwickeln wollen, war ich sehr interessiert. Die großen Teams haben sicherlich auch eine gute Vorstellung davon, wie man ein neues Auto entwickeln muss. Aber die Ideen, die Venturi auf den Tisch gelegt hat mit Blick auf die technische Seite, haben mich sehr zufrieden gemacht. Das war einer der wichtigsten Punkte für meine Entscheidung."

HWA als Hoffnungsträger

Damit dürfte Massa vor allem einen wichtigen Aspekt meinen: Erstmals stattet Venturi ein anderes Team mit Kundenautos aus. Neueinsteiger HWA, bekannt aus der Zusammenarbeit mit Mercedes in der DTM, vertraut auf die Rennwagen beziehungsweise die Antriebsstränge aus Monaco. Beim Motorenbau soll das Unternehmen ZF zudem ein viel wichtigere Rolle einnehmen als bisher - Knowhow, das Massa Zuversicht bereitet.

Dass Venturi dank der HWA-Kollaboration praktisch auf die Daten von vier statt zwei Autos zurückgreifen kann, ist gerade mit Blick auf das Generation-2-Auto Gold wert. Trotz Einheits-Chassis sind Elektronik und Software in der Formel E eine hochkomplexe Angelegenheit, bei der jeder zurückgelegte Kilometer hilfreich ist.

Mit dem Fahrrad zur Arbeit

Auch ein kleiner Nebensatz, den Massa zwar mit einem Lachen anfügte, dürfte eine gewisse Rolle bei seiner Entscheidung pro Venturi gespielt haben: "Der Teamsitz befindet sich ziemlich nah an meiner Wohnung..." In der Tat hat der im Fürstentum lebende Massa bald einen ziemlich kurzen Anreiseweg. Flüge, beispielsweise zu Simulator-Sessions, kann sich der 37-Jährige sparen. Das Fahrrad reicht aus, um ins Venturi-Hauptquartier zu reisen.

Dabei standen die Chancen nicht schlecht, dass Massa sein Formel-E-Debüt bei einem großen Hersteller gibt. Nach dem Ende seiner ersten Formel-1-Zeit testete er einen Rennwagen von Jaguar, nachdem die britische Traditionsmarke frisch in die E-Serie eingestiegen war. Massa bestätigt, dass die Verhandlungen mit Jaguar schon weit fortgeschritten waren.

"Als ich aus der Formel 1 ausgestiegen bin, war die Formel-E-Saison schon am laufen", blickt Massa zurück. "Da habe ich gesagt: 'Wenn ich komme, dann nach einem Jahr Auszeit, um mich ein bisschen vorzubereiten und dann zu entscheiden. Dann bin ich einen Test für Jaguar gefahren, hatte aber schon für Williams unterschrieben."

Inzwischen ist Massas Zeit in der Formel 1 nach 269 Grands Prix, 11 Siegen und 41 Podestplätzen endgültig beendet und er kann sich voll auf seine neue Elektro-Karriere fokussieren.