Der Fanboost ist seit jeher eine heikle Angelegenheit in der Formel E. Die im Motorsport einzigartige Möglichkeit, den Fan aktiv ins Renngeschehen einzubinden, stand in den letzten drei Saisons immer wieder in der Kritik. Manipulationsvorwürfe machten die Runde und auch Fahrer äußerten öffentlich ihre Bedenken. Jetzt hat Daniel Abt das Fass erneut aufgemacht und dürfte damit eine neuerliche Debatte in Gang gebracht haben.

In einem seiner letzten Youtube-Vlog, in denen Abt auf lockere Art und Weise seine Erlebnisse während der Formel-E-Rennwochenenden erzählt, äußerte er scharfe Kritik am Fanboost-Voting. Seinen Zuschauern sagte der Audi-Pilot mit Bezug auf den Fanboost: "Ich reiße mir den Arsch auf, um euch zu aktivieren. Und dann gibt es leider Fahrer, die dort ein bisschen bescheißen. Und das sage ich nicht, weil ich ein schlechter Verlierer bin, sondern weil ich das weiß."

Abt in Chile erstmals ohne Fanboost

Beim letzten Rennen in Santiago de Chile zählte Abt erstmals in dieser Saison nicht zu den drei Fahrern mit den meisten Stimmen, die im Rennen den zusätzlichen Leistungs-Boost einsetzen dürfen. Stattdessen ging der Fanboost an seinen Teamkollegen und Champion Lucas di Grassi, Jose Maria Lopez von Dragon Racing sowie Renault-Pilot Sebastien Buemi. Zuvor bei beiden Rennen in Hongkong sowie in Marrakesch war Abt einer der jeweils drei Fanboost-Sieger gewesen.

Abt weiter in seinem Video: "Da ist definitiv was faul und auf einmal über Nacht kommen Fahrer aus dem Nichts heraus und kriegen mega viele Votes. Komischerweise sind die alle aus zwölf verschiedenen Städten in China. Also da haben die eine richtig geile Fanbase..."

Gerüchte über Fanboost-Manipulation

Es gab in der Vergangenheit Gerüchte über gekaufte Stimmen, um Fahrer im Voting nach vorne zu bringen. Nachweisen ließ sich dies offiziell nicht. Die Formel E hat reagiert und arbeitet seit geraumer Zeit mit dem unabhängigen Unternehmen Telescope zusammen, um einen rechtmäßigen Ablauf zu gewährleisten. Telescope ist erfahren auf diesem Gebiet und betreut die Real-Time-Votings bei zahlreichen TV-Shows im US-amerikanischen Fernsehen.

Laut Abt wisse die Formel E aber, dass auch heute bei den Votings nicht immer alles rechtmäßig abläuft. "Die Formel E weiß das, kann aber nichts machen, weil sie es nicht ordentlich beweisen können", behauptete der Kemptener. "Das ist eine Katastrophe und ich habe mich richtig darüber aufgeregt." Abt war überzeugt: Wenn alles fair ablaufen würde, würde er jedes Mal gewinnen.

In der Tat gehört Abt zu den Fahrern in der Formel E, die sich seit längerer Zeit mit am aktivsten für den Gewinn des Fanboost einsetzen. Sowohl in seinen Youtube-Vlogs (130.000 Abonnenten), als auch bei Twitter (22.700 Fans), Facebook (31.300 Fans) und Instagram (87.000 Fans) aktiviert er seine Fans.

Fanboost-Gewinner Gesamtübersicht

FahrerTeamFanboost gesamtRennen gesamt
1Lucas di GrassiAudi2137
2Sebastien BuemiRenault1935
3Daniel AbtAudi1237
4Jean-Eric VergneVirgin / Techeetah1135
5Nick HeidfeldVenturi / Mahindra836
Nelson Piquet JuniorNIO / Jaguar837
7Sam BirdVirgin 437
Oliver TurveyNIO 428
Bruno SennaMahindra421
Salvador DuranAguri412
Stephane SarrazinVenturi / Techeetah433
12Katherine LeggeAguri22
Jose Maria LopezVirgin / Dragon212
weitere mit 1 Fanboost

Di Grassi, Buemi und Co. mit riesigen Reichweiten

Einige seiner Kontrahenten in der Formel E haben allerdings zumindest theoretisch wesentlich größere Reichweiten, die sie zur Aktivierung nutzen können. Etwa der frühere Formel-1-Pilot Nelson Piquet Junior (Twitter: 527.000 Fans / Instagram: 117.000 Fans / Facebook: 64.000 Fans) oder sein brasilianischer Landsmann Lucas di Grassi (Twitter: 199.000 Fans / Instagram: 115.000 Fans / Facebook: 51.000 Fans) oder Sebastien Buemi (Twitter: 129.000 Fans / Instagram: 53.000 Fans / Facebook: 102.000 Fans).

Beim Saisonauftakt in Hongkong gewannen neben Abt auch Kamui Kobayashi bei seinem Debüt und Luca Filippi vom chinesischen Team NIO die Fanboosts. In Marrakesch waren es Abt, di Grassi und Buemi. Beim letzten Rennen in Santiago setzten sich di Grassi, Buemi und der Argentinier Jose Maria Lopez durch.

Fanboost-Gewinner Saison 2017/18

Rennen 2017/18Fanboost 1Fanboost 2Fanboost 3
Hongkong, Rennen 1Daniel AbtKamui KobayashiLuca Filippi
Hongkong, Rennen 2Daniel AbtKamui KobayashiLuca Filippi
MarrakeschDaniel AbtLucas di GrassiSebastien Buemi
Santiago de ChileJose Maria LopezLucas di GrassiSebastien Buemi

Aktuell bislang sicherstes Voting-System

Nachzuweisen sind Manipulationen nicht. Fans können auf der offiziellen Webseite der Formel E, der Formel E App und auch bei Twitter voten. Bei Twitter muss ein User die Hashtags #Fanboost und den jeweiligen Namen des Fahrers angeben. Während auf Twitter öffentlich sichtbar ist, wer für einen Fahrer abstimmt, ist das auf der FE-Website und in der App kniffliger. Zwar werden die Zwischenstände regelmäßig aktualisiert. Aber wer wirklich gewählt hat, ist nicht zu sehen.

Die Formel E versichert, dass das aktuelle Voting-System in Saison 4 das bislang sicherste sei. Das System der Stimmabgabe wurde mit der Zeit immer wieder angepasst, um mögliche Manipulationen auszuschließen. Inzwischen öffnet das Voting 6 Tage vor einem Rennen. Fans können bis 6 Minuten nach Rennbeginn abstimmen, welcher Fahrer den Fanboost erhalten soll. Die Rennleitung muss den Fahrer bis spätestens 15 Minuten nach Rennstart informieren, ob er Fanboost einsetzen darf.

Formel E - Daniel Abt: Kritik an Techeetah-Strafe und Fanboost (12:42 Min.)

Abt: Schnauze voll, fühle mich verarscht

Abt bleibt bei seiner Kritik und erwägt, Konsequenzen für sich zu ziehen: "Ich habe den Jungs (der Formel E;d.Red.) auch ganz klipp und klar gesagt: Wenn da nicht jemand endlich mal was tut, dann werde ich auch nichts mehr dafür tun und euch auch nicht mehr darum bitten. Dann habe ich die Schnauze voll und fühle mich verarscht."

Insgesamt 37 Rennen hat die Formel E seit ihrem Beginn ausgetragen. Der amtierende Champion di Grassi bekam 21 Mal den Fanboost zugesprochen. Damit ist er der Fahrer mit den meisten Boosts in der jungen Geschichte der Formel E. Auf dem zweiten Platz folgt Buemi. In 35 Rennen - 2016/17 verpasste er den Double-Header in New York - erhielt der Schweizer 19 Mal Fanboost. Abt liegt mit 12 Fanboosts in seinen 37 Rennen an dritter Stelle in der Gesamtübersicht - alle gewann er im Verlauf der letzten beiden Saisons.