Ferrari ist Massa-Terrain

von Kerstin Hasenbichler

Felipe Massa hatte als Teamkollegen immer die besten der Welt. Egal, ob Michael Schumacher oder Kimi Räikkönen. Deshalb fangen beim Brasilianer sicher nicht die Knie an zu schlottern, weil er jetzt mit Fernando Alonso einen zweifachen Champion vorgesetzt bekommt. "Ein guter Teamkollege ist auch gut für einen selbst. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich nie ein einfaches Leben in der Formel 1 hatte. Ich hatte immer starke Teamkollegen. Ich fühle mich aber in einer guten Position, um zu kämpfen", sagte Massa.

Und dazu hat der Brasilianer auch allen Grund. Schließlich ist er schon seit Jahren ein Mitglied der Ferrari-Familie. Die Scuderia hat Massa von "klein auf" herangezogen, in die Formel 1 gebracht und zum Spitzenfahrer geformt. Zusammen hat man viele Höhen, aber auch Tiefen wie den schweren Unfall in Ungarn 2009 erlebt. Aber Letzteres hat Massa und Ferrari noch enger zusammengeschweißt. "Meine Beziehung zum Team war schon immer fantastisch. Der Unfall hat aber noch eine freundschaftlichere Verbindung hergestellt. Man konnte von Herzen fühlen, dass jeder bei Ferrari einen mag. Das war wirklich positiv für mich und das Team", verriet Massa.

Massa hatte Schumacher als Lehrer, Foto: Sutton
Massa hatte Schumacher als Lehrer, Foto: Sutton

Auf der Strecke hat Massa einiges von seinem langjährigen Lehrmeister Michael Schumacher gelernt. In der Saison 2008 begegnete der Brasilianer seinen Kritikern mit einer kampfstarken Leistung und lieferte sich mit McLaren Mercedes-Pilot Lewis Hamilton in Brasilien ein Herzschlagfinale, das in die Geschichte der Formel 1 einging. Massa verpasste zwar um einen Punkt den Titel, war aber für viele der Weltmeister der Herzen.

Er hätte vermutlich auch 2009 um den Titel mitkämpfen könne, wäre der Ferrari keine lahme Krücke gewesen und der Unfall in Ungarn nicht passiert. Dass er das Zeug zu einem Weltmeister hat, bestätigt einer, der es wissen muss: Michael Schumacher. "Er weiß, wie man gewinnt, er weiß, wie man fährt, und er ist großartig: Es war die beste Entscheidung, das Auto einem so fantastischen Menschen zu geben", sagte Schumacher. Laut dem siebenfachen Champion war Massa bereits 2009 der Nummer-eins-Fahrer bei Ferrari. Das wird sich auch mit Fernando Alonso nicht ändern. Der Spanier sollte sich schon einmal warm anziehen, denn schließlich ist Ferrari Massa-Terrain und er ist der Neuling im Team.

Alonso als Schumacher-Nachfolger

von Stephan Heublein

Ferrari plant den Neuanfang. Die Zeit nach der Ära Michael Schumacher war durchwachsen, ein WM-Titel, ein Vizetitel und eine verkorkste Saison 2009 entsprachen nicht ganz den hohen Ansprüchen. Jetzt soll ein neues Team aufgebaut werden - rund um Fernando Alonso, so wie einst bei Schumacher. Der Spanier ist der neue Mittelpunkt der Scuderia und hat diese Rolle bereits vor seiner offiziellen Verpflichtung eingenommen: Er sprach von der Ferrari-Familie und schloss sich bei allen Themen der offiziellen Meinung der Scuderia an.

Als Spanier sollte er sich bei den Italienern wohl fühlen und diese auch etwas mehr mitreißen können, als Kimi Räikkönen es vielleicht wollte. Der Finne möchte einfach nur Rennen fahren (und gewinnen), Alonso wird auch das Ferrari PR-Drumherum erfüllen. Felipe Massa machte sich zuletzt als ehemaliger Teamliebling unbeliebt: Ein forderte ein frühes Comeback noch 2009 und sagte Alonso ein Mitwissen bei Crashgate nach - alles entgegen dem Rat von Teamchef Stefano Domenicali. Das hilft nicht, wenn man sich nach einer Verletzungspause zurückarbeiten möchte und der Neue mit Vorschusslorbeeren, zwei WM-Titeln und den Zukunftshoffnungen eintrifft.

Alonso gewann auch im schwachen Renault, Foto: Sutton
Alonso gewann auch im schwachen Renault, Foto: Sutton

Aber wirklich wichtig ist bekanntlich das auf der Rennstrecke - und da mag Massa noch so viel von Michael Schumacher gelernt und teilweise noch so gut gegen Kimi Räikkönen mitgehalten haben, zu einem WM-Titel hat es bei ihm nicht gereicht. Alonso hat zwei davon. Dass er selbst mit einem unterlegenen Auto gut sein kann, bewies er bei Renault, wo er alles herausholte und 2008 immerhin zwei Rennen gewann, wenn auch eines mit der viel diskutierten Hilfe seines Teamkollegen. Aber von Platz 15 musste er erst einmal mit einem schwachen Renault gegen die Konkurrenz siegen und fehlerlos um den neuen Stadtkurs fahren.

Das macht er normalerweise immer. Fehler sind bei Alonso selten, Massa hat sich auf diesem Gebiet zwar stark verbessert, aber manchmal kommt trotzdem das aggressive, südländische Temperament durch. Alonsos Speed ist unumstritten und jenem von Massa überlegen. So wie Lewis Hamilton 2010 Kreise um Jenson Button fahren wird, dürfte auch Massa einen neuen Meister in seinem Teamkollegen finden.

Schlussendlich mag Massa laut Stefano Domenicali Teil der Ferrari-Familie sein, den man von "klein auf" herangezogen, in die Formel 1 gebracht und zum Spitzenfahrer geformt hat, mit dem man viele Höhen, aber auch Tiefen wie den Titelverlust 2008 in Brasilien und den schweren Unfall in Ungarn erlebt hat, aber die Zukunft von Ferrari heißt ganz klar Fernando Alonso. Sonst hätte man ihn nicht für viel Geld vorzeitig nach Maranello geholt und noch mehr Geld auf den Tisch gelegt, um Räikkönen vorzeitig zu verabschieden. Ferrari plant eine neue rote Ära, statt Michael Schumacher soll Alonso das Lenkrad in der Hand halten. Da ist für Massa nur noch Platz in der brasilianischen Barrichello-Rolle.