Es war klar, dass es nicht lange dauern würde, bis diese Schlagzeile auf der Internetseite einer großen deutschen Boulevardzeitung erschien: "Dieser Motorradunfall stoppt Schumis Comeback." Im Februar dieses Jahres zog sich Schumacher bei Testfahrten bislang unbenannte Verletzungen zu. Zunächst wurde der Sturz heruntergespielt und schwere Verletzungen dementiert, danach musste Schumacher jedoch den IDM-Saisonstart absagen und gab nun erstmals öffentlich zu, dass die Verletzungen so schlimm waren, dass er nicht wie geplant Felipe Massa im Ferrari ersetzen kann.

"Die Verletzungsfolgen vom Motorrad-Unfall im Februar, als ich mir Brüche im Bereich Kopf und Hals zugezogen habe, sind leider noch immer zu schwer", gestand Schumacher am Dienstag auf seiner Website. "Daher kann mein Nacken den extremen Belastungen der Formel 1 nicht standhalten."

Den Testunfall auf der spanischen Strecke in Cartagena beschrieb Schumacher nach dem Zwischenfall so: "Ich bin die Start-/Zielgerade runter gefahren, bin beim Anbremsen für die erste Kurve auf Bodenwellen gekommen und wegen der Wellen gestürzt." Ganz so harmlos, wie es sich hier anhört, war es also nicht. "Der Motorradunfall im Februar war der schwerste Unfall, den Michael in seiner Motorsportkarriere hatte", bestätigte Manager Willi Weber.

Bereits vorher fragten einige Beobachter, Rennfahrer und Wegbegleiter des Deutschen, darunter Jean Todt, warum der Rekordchampion überhaupt seine Gesundheit auf zwei Rädern riskierte. "Was hat er sich dabei gedacht? Er muss ein Brett vor dem Kopf gehabt haben", wiederholte Eddie Jordan diese Kritik nach der Comeback-Absage. Schumachers Antwort lautete bislang immer: Es mache Spaß! Das Motorrad fahren versteht sich, nicht das Risiko. Für Schumacher begann der Zweiradspaß bereits im Jahr 2005.

Schumachers Chronologie auf zwei Rädern

Michael Schumacher durfte auf einer Ducati mitfahren., Foto: Ducati
Michael Schumacher durfte auf einer Ducati mitfahren., Foto: Ducati

Oktober 2005, Mugello Für 40 Runden stieg Michael Schumacher auf der ihm bekannten Ferrari-Teststrecke in Mugello auf eine Ducati GP5. Seine schnellste Zeit soll rund 2:10 Minuten betragen haben. Damit war er rund 20 Sekunden langsamer die die damilige Pole-Zeit - bei kalter und feuchter Strecke. "Ich habe mich gefreut, einmal etwas anderes auszuprobieren. Etwas, das ich schon seit langer Zeit ausprobieren wollte - ein Bike aus der MotoGP-Serie zu testen! Es hat sich wirklich ausgezahlt. Das war wirklich sehr interessant und es hat mir großen Spaß bereitet."

Juni 2006, Mugello Am gleichen Tag wie die damalige Miss Italien erhält Michael Schumacher eine besondere Sichtweise des Mugello Circuit: auf der Ducati-Zweisitzermaschine. Zusammen mit Randy Mamola drehte er zwei Runden. "Beeindruckend ist das einzige Wort, das mir momentan dazu einfällt", sagte Schumacher. "Das war eine sehr schöne Erfahrung. Es war natürlich anders, als alles was ich gewohnt bin - selbst anders als meine Fahrt auf einer Desmosedici im letzten Winter. Auf einem Bike fühlt man den Speed mehr, man rutscht mehr herum und das ist eben anders als in einem Auto - darin fühlt man sich sicherer."

November 2007, Valencia Der zweite Test mit Ducati, diesmal nach dem WM-Finale in Valencia. Für 58 Runden nahm Schumacher auf dem Weltmeisterbike von Casey Stoner Platz; und schlug sich mehr als nur beachtlich. Es hagelte Lob von Experten und Fahrerkollegen. Mit seiner besten Rundenzeit von 1:37.89 Minuten blieb er nur fünf Sekunden unter dem Rundenrekord von Dani Pedrosa beim Rennen tags zuvor. Auch Ex-500-ccm-Weltmeister Kevin Schwantz, der am gleichen Tag für Suzuki testen durfte, war nur eine Sekunde schneller als der Formel 1-Rekordweltmeister.

März 2008, Pannonia-Ring Nach dem viel beachteten Test der MotoGP-Ducati saß Schumacher im März wieder auf zwei Rädern. Dieses Mal stellte er sich der Konkurrenz in einem Wettkampf. Auf dem Pannonia-Ring fuhr er auf einer 1000cc-Honda in einem Zehn-Runden-Rennen mit und stand am Ende auf Platz drei. Vor ihm fanden sich nur die IDM-Größen Martin Bauer und Andreas Meklau. Im Qualifying hatte sich Schumacher sogar Platz eins geholt, da wurden Bauer und Meklau allerdings nicht gewertet. Statt seine Pole zu nutzen startete er vom Ende des Feldes. Worauf er dann ebenfalls verzichtete, war ein Auftritt auf dem Podest.

Schumacher testete unter anderem ein Honda Superbike., Foto: Ten Kate Racing
Schumacher testete unter anderem ein Honda Superbike., Foto: Ten Kate Racing

März 2008, Barcelona, Misano Der Zweirad-Virus hat Schumacher endgültig gepackt. "Ich habe einfach Spaß am Motorrad-Fahren", sagt er. "Ich habe aber keine speziellen Ambitionen, in irgendeine Rennserie einzusteigen. Wenn ich ab und zu mal ein Rennen fahre, dann aus Spaß an der Freud' und Lust am Wettbewerb. Ich bin auch nicht so vermessen anzunehmen, dass ich heute noch in eine professionelle Serie einsteigen könnte." Er nimmt an zwei semi-professionellen Rennen teil und gewinnt. Danach geht es zur Trofeo KTM in Misano, wo er am Sonntag auf Platz 4 fährt. "Am Start war ich etwas vorsichtig, aber auch das hat nicht sehr gut geklappt und ich fiel auf Platz 14 zurück." Danach startete er eine Aufholjagd. "Das hat viel Spaß gemacht und die Überholmanöver waren fantastisch."

April 2008, Lausitzring Schumacher stürzt bei einem IDM-Test auf dem Lausitzring. Bei Testrunden rutschte er mit seiner Honda Fireblade weg, verletzte sich aber nicht. Sein folgender F1-Test in Barcelona, die seitdem letzte, offizielle F1-Ausfahrt des Deutschen, konnte ohne Probleme stattfinden.

September, November 2008 Schumacher probiert weitere Zweiräder aus. In Magny Cours testete er im September ein Superbike von Ten Kate Honda. Im November folgen Ausfahrten mit den Superbike-Maschinen von Ducati und Yamaha in Portimao.

Saison 2008, IDM Den meisten Spaß hatte Schumacher wohl mit der Honda CBR 1000RR des Holzhauer Racing Promotion Rennstalls. So entschied er sich mit diesem Team fünf Rennwochenenden der Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft (IDM) zu bestreiten. Schumachers Management meldete ihn zunächst unter dem Namen "Marcel Niederhausen" und mit der Startnummer 77 für den zweiten Saisonlauf in der Motorsport Arena Oschersleben an. Aber die Deckung hielt nicht lange. Schon im Vorfeld hatten verschiedene Medien herausgefunden, dass es sich dabei um die lebende Legende handelte. Es brach Chaos aus.

Obwohl er ein paar Mal unfreiwilligen Bodenkontakt hatte und stürzte, war die wahre Fachwelt von seinen Leistungen begeistert und angetan. Denn dass er sich von seinem ersten IDM-Einsatz zum letzten immens steigerte, verschwiegen viele in ihren Berichten. In Sachsen-Anhalt wurde in der Motorsport-Arena Oschersleben in der vergangenen Saison zwei Mal gefahren - im Mai und im August. Schnellste Zeit Schumacher bei seinem ersten IDM-Einsatz: 1:31,318 Minuten. Als er das zweite Mal in Oschersleben an den Start ging, schaffte er schon eine Zeit von 1:29,002. Das heißt, dass er innerhalb von nur drei Monaten über zwei Sekunden gefunden hatte.

Michael Schumacher nahm manchmal Bodenkontakt auf, war aber auch schnell., Foto: PanPhoto
Michael Schumacher nahm manchmal Bodenkontakt auf, war aber auch schnell., Foto: PanPhoto

Februar 2009, Cartagena Schumacher zieht sich bei einem schweren Sturz bei Motorrad-Testfahrten im spanischen Cartagena schlimme Verletzungen zu, die noch Monate danach sein geplantes F1-Comeback verhindern. Über die genaue Art der Verletzungen wird nichts bekannt gegeben.

April 2009, Lausitzring Schumacher wollte auch 2009 in der IDM mitfahren, muss den Saisonstart und alle weiteren Rennen aber absagen, da die Nachwirkungen des Cartagena-Sturzes zu stark sind. "Ich muss leider absagen, weil ich gesundheitlich noch nicht so weit bin", teilte er mit. "Mein Sturz vor einiger Zeit hat gewisse Partien schon ein bisschen mitgenommen. Ich kann zurzeit gerade mal Radfahren. In dem Moment, wo ich den Nacken schnell bewegen muss, bin ich dort eingeschränkt."

Juni 2009, Sachsenring Schumacher sitzt wieder auf einem Motorrad: Bei Testfahrten auf dem Sachsenring steigt er wieder auf ein Superbike und ist optisch flott unterwegs. Allerdings sind die Bedingungen suboptimal. Die Strecke ist zum Zeitpunkt seines ersten Trainingsdurchgangs trocken, doch es fängt schon bald an zu tröpfeln. Es ist Michael Schumacher letzter Motorrad-Auftritt vor dem Beginn seiner F1-Comeback-Vorbereitungen.