Eine Woche vor dem ersten Formel-1-Rennen 2019 in Australien stimmte Netflix die Fans mit dem Release von 'Drive to Survive' auf die neue Saison ein. Da Ferrari und Mercedes ihre heiligen Hallen nicht öffneten, drehte sich die Doku-Serie zwangsläufig um den Kampf der Mittelfeldteams. Dabei rückte vor allem Günther Steiner ins Rampenlicht. Der Haas-Teamchef erfreute sich aufgrund seiner direkten Art und seines trockenen Humors bei den Fans großer Beliebtheit. Steiner als Leinwandstar? Er hält sich eher nicht für den nächsten DiCaprio.

"Ich habe es gar nicht gesehen! Ich habe es mir nicht angeschaut und es glaubt mir keiner" lacht Steiner, als er am Donnerstag in Melbourne auf seinen Ruhm als Serienheld angesprochen wird. Schon in der ersten Folge der zehnteiligen Netflix-Serie steht sein Team im Mittelpunkt, als die Piloten Kevin Magnussen und Romain Grosjean beim Auftakt in Australien durch Boxenstopp-Pannen das beste Resultat der Teamgeschichte verlieren.

Steiner wird begleitet, als er Teameigner Gene Haas anruft und ihm von dem Debakel berichtet - authentisch und nur bis zu einem gewissen Grad jugendfrei. Im weiteren Verlauf der Serie spielen Haas und Steiner immer wieder eine Rolle, bekommen aufgrund des Formtiefs bei Grosjean sogar eine eigene Folge gewidmet.

Alles echt in Netflix' Formel-1-Serie: Steiner kein Schauspieler

Dem Publikumsliebling ist die viele Aufmerksamkeit unangenehm. "Ich wollte es mir nicht anschauen. Das ist so eine Sache. Manche Menschen schauen sich gerne selbst zu, ich nicht", erklärt er. Sein neuer Ruhm in den sozialen Netzwerken blieb ihm deshalb aber nicht verborgen. Er nimmt es gelassen: "Ich habe davon gehört, aber ich verstehe nicht wirklich, warum das so ist. Es gibt natürlich unterschiedliche Gründe, bekannt zu sein. Ich hoffe, bei mir ist es aus den richtigen der Fall."

Was das angeht, verlässt er sich aber ohnehin auf die Kritik seiner Familie. "Sie haben mir ihre Meinungen gesagt und fanden es in Ordnung, also vertraue ich ihnen da", grinst er. "So muss ich es mir nicht selbst anschauen. Das ist eine gute Sache. Ich habe meine Frau, die es für mich anschaut. Für meine Wortwahl wurde ich nicht gelobt, aber egal, damit muss ich rechnen."

Letzteres ist ihm allerdings nicht unwichtig, denn die Zuschauer erleben in 'Drive to Survive' in jedem Fall den echten Günther Steiner. "Ich denke nicht, dass ich schauspielern kann. Wenn ich es versuche, wird das nichts. Und das ist auch nicht das, was wir den Leuten zeigen wollen", versichert er.

"Wir müssen komplett echt sein, das ist meine persönliche Meinung dazu. Ich mache das nicht, um ein Schauspieler zu werden. Ich mache Motorsport und wenn es jemand filmen will und es interessant findet, gut. Aber ich bin nicht der Typ, der die Show macht. Ich sehe dafür zu schlecht aus und bin als Schauspieler nicht talentiert genug."

Haas: Formel-1-Saisonvorschau 2019: (12:36 Min.)

Serien-Held wider Willen: Steiner wusste nichts von Netflix-Plänen

Letztendlich war für die Netflix-Produktion für ihn nur Beiwerk zu dem Job, den er als Formel-1-Teamchef an den 21 Rennstrecken rund um den Globus zu erledigen hat. Um das Ergebnis der Filmarbeiten scherte er sich dementsprechend nicht. "Ich dachte mir: in Ordnung, das ist es, was ihr von mir bekommt. Wenn es euch gefällt, schön. Wenn nicht, bringt es als Netflix nicht ins Fernsehen und schaltet als Zuschauer nicht ein."

Eine entscheidende Rolle für den Fokus auf Steiners Person spielte die Tatsache, dass die sportlichen Hauptdarsteller Mercedes und Ferrari sich aus unterschiedlichen Gründen vollständig aus der Serie heraushielten. Dadurch erlebten die Zuschauer den Kampf der Mittelfeldteams hautnah. Auf einer Plattform wie Netflix ein aus kommerzieller Sicht durchaus wünschenswerter Fall, sollte man meinen.

"Wir wussten doch gar nicht, was sie machen", antwortet Steiner gegenüber Motorsport-Magazin.com, dass das Rampenlicht für sein Team so gar nicht abzusehen war. "Sie haben uns gefilmt und es zusammengeschnitten, und das haben wir nicht fürs Rampenlicht gemacht. Das war nicht die Absicht dahinter, denn wenn du es so machst, versuchst du wieder, ein Schauspieler zu sein."

Steiner versteht Ferrari und Mercedes, Haas ohne Angst vor lernfähigen Gegnern

Für die Fans tut es ihm sogar ein bisschen leid, dass Lewis Hamilton und Sebastian Vettel keine Hauptrollen spielten. "Es ist unglücklich, denn die Fans hätten sicherlich gerne mehr von ihnen gesehen, schließlich sind es die stärksten Teams." Dass die Top-Teams sich gegen die Serie entschieden, kann er nachvollziehen.

"Wenn Ferrari und Mercedes mitgemacht hätten, hätten sie sicher selbst entschieden, welches Material von ihnen gezeigt worden wäre", glaubt er. Etwas, das bei Haas nicht der Fall war. Günther Steiner und sein Team gab es völlig ungefiltert. Dass sich die Konkurrenz dadurch etwas abschauen könnte, fürchtet er nicht.

"Es ist ein Jahr her. Das ist in der Formel 1 eine lange Zeit. Natürlich, wenn du anderen Leuten bei etwas über die Schulter schaust, lernst du dabei immer etwas. Aber ob das einen Unterschied macht? Ich denke nicht. Ein Jahr später ist das alles nicht mehr wichtig. Die F1 bewegt sich so schnell, was Entwicklung, Prozesse und Denkweisen angeht. Ich glaube nicht, dass das ein Problem ist", so Steiner.

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