Red Bull ist schon ein wenig gemein: Nach Jahren der schwächeren Saisonstarts konnte die Führungsetage Star-Designer Adrian Newey endlich davon überzeugen, das Fahrzeug früher fertigzustellen. Vor dem offiziellen Teststart sollte unbedingt ein Shakedown abgespult werden. Doch besonders viel haben wir davon auch nicht.

Red Bull spulte in Silverstone die ersten Runden mit dem RB15 ab - allerdings in Tarn-Lackierung. Fotos gab es ausschließlich von Red Bull selbst. Dabei hat man eine gute Selektion getroffen: Das neue Auto zeigen, aber nicht zu viele Details verraten. Trotzdem lassen sich für einen ersten Technik-Check schon einige Dinge erkennen.

Für viele die schlechte Nachricht zuerst: Es wird der einzige Auftritt des Red Bull RB15 in dieser Lackierung bleiben. Schon beim Test in Barcelona erwarten wir wieder die übliche Red-Bull-Lackierung. Die gute Nachricht: Beim ersten Shakedown lief alles nach Plan, der neue Honda-Motor bereitete keine Probleme.

Formel-1-Autos 2019 im Technik-Check: Mercedes F1 W10: (14:42 Min.)

Red Bull: Honda ist besser als Renault

Red Bull ist das einzige Team, das über den Winter den Motorpartner wechselte. Die Österreicher sind nun das Werksteam von Honda. Der ungeliebte Renault-Motor konnte endlich eingetauscht werden. Laut Red Bull sind die Zahlen aus Sakura nicht nur vielversprechend, sondern schon besser als jene aus Viry.

Doch das sieht man auf den Bildern freilich nicht. Dafür aber den neuen Frontflügel. Bei der Endplatte überrascht Red Bull nicht wie Mercedes, die Ingenieure in Milton Keynes leiten die Luft nach außen.

Die Flügel-Flaps stehen an der Endplatte steil, Foto: Red Bull Content Pool
Die Flügel-Flaps stehen an der Endplatte steil, Foto: Red Bull Content Pool

Interessant ist jedoch, dass der Flügel in der Horizontale zweigeteilt ist. Das Einstellungselement trennt die beiden Teile voneinander. Zur Innenseite hin sind die Flaps flacher, zur Endplatte hin stehen sie steiler. Hier haben die Teams unter den neuen Frontflügelregeln schon andere Lösungsansätze gezeigt.

Bei der Nase gibt es wenig Überraschungen. Der Knoll bleibt, auch 2019 wird er als Schnorchel verwendet, der Luft ins Chassis saugt. Unter der Nase wachsen dem RB15 Turning Vanes. Sie sind eine Mischung aus Mercedes' extremer Schneeschaufel und den alten vertikalen Leitblechen.

RB15 Querlenker ohne Knick am Chassis

An der Vorderachse wurden die oberen Querlenker sichtbar überarbeitet. Die Aerodynamiker wollen die störenden Querlenker immer so hoch wie möglich installieren - was allerdings den Fahrwerksingenieuren Kopfzerbrechen bereitet. Weil das Chassis bei den modernen Formel-1-Autos recht tief sitzt, kann der obere Querlenker nicht beliebig nach oben geschoben werden.

In der Vergangenheit hatte der Red Bull einen Knick im Querlenker, Foto: Red Bull Content Pool
In der Vergangenheit hatte der Red Bull einen Knick im Querlenker, Foto: Red Bull Content Pool

Red Bull löste dieses Problem in der Vergangenheit mit einem kleinen Knick. Der Querlenker machte auf der Chassis-Seite einen kleinen Knick, so dass der Anlenkpunkt weiter oben lag. Mercedes hingegen legt den Punkt auf Radträgerseite außerhalb des Radträgers. Red Bull bemüht 2019 keine dieser Lösungen. Die Faserverbundwerkstoffabteilung hat offenbar gute Arbeit geleistet, den auftretenden Kräften auch so Herr zu werden.

Die Bargeboards sehen ihren Vorgängern in der Philosophie ähnlich. Reglementbedingt wurden sie etwas nach unten gestutzt. Der Bumerangflügel bleibt und spannt eine ganze horizontale Ebene zwischen Chassis und Seitenkastenflügel.

Red Bull treibt Seitenkasten-Tuning auf die Spitze

Seitenkasten ist ein gutes Stichwort: Die ohnehin schon aggressiven Seitenkästen wurden noch einmal überarbeitet. Die Öffnung scheint nun noch ein kleines Stück weiter oben zu liegen. Davon profitiert der Unterbau der Seitenkästen. Erneut zieht der Red Bull sein Karbonkleid nach hinten extrem ein.

Die Seitenkästen sind an Aggressivität kaum zu überbieten, Foto: Red Bull Content Pool
Die Seitenkästen sind an Aggressivität kaum zu überbieten, Foto: Red Bull Content Pool

Größere Änderungen am Kühl-Arrangement sind nicht zu erkennen - das verwundert ob des Motorwechsels. Interessant wäre an dieser Stelle auch der Radstand, allerdings lässt sich der anhand der bereitgestellten Bilder nicht wirklich vergleich.

Die Motorabdeckung hat sich stark geändert. Die Öffnung geht hinten nicht mehr so sehr in die Breite, dafür mehr in die Höhe. Das lässt sich auf der einzigen Heck-Aufnahme erkennen, die es bislang von einem 2019er Formel-1-Auto gibt.

Honda-Heck aufgeräumt: Red Bull verstaut die Wastegate-Pipes

Darauf lässt sich ebenfalls erkennen, dass Red Bull die Wastegate-Pipes nach unten verlegt hat. Normalerweise sind die beiden kleinen dünnen Auspuffrohre für energiereiche Abgase recht nah am Hauptrohr. Red Bull jedoch hat die Rohe relativ weit getrennt und die Wastegate-Pipes unter die oberen Querlenker verlegt.

Red Bull zieht die Wastegatepipes nach unten, Foto: Red Bull Content Pool
Red Bull zieht die Wastegatepipes nach unten, Foto: Red Bull Content Pool

Weil das Hauptrohr dadurch tiefer sitzt und der Heckflügel reglementbedingt höher ist, wirkt der Bereich sehr aufgeräumt. Red Bull setzt weiterhin auf eine zentrale Flügelstrebe, einen T-Flügel oder einen kleinen Monkey-Seat gibt es nicht. Der Diffusor ist seinem Vorgänger sehr ähnlich, lediglich direkt unter der Crash-Struktur gibt es eine kleine Änderung.

Dr. Helmut Marko: Gott sei Dank sind diese Zeiten vorbei: (55:58 Min.)