In der Formel 1 geht es meist um viel, oft um alles - und der Platz für Fehler ist verschwindend klein. Sebastian Vettel kann nach 2018 ein Lied davon singen. In Hockenheim parkte er seinen Ferrari im Rennen im Kiesbett und schmiss so einen möglichen Sieg weg. WM-Rivale Lewis Hamilton gewann, und verlieh so seiner Jagd auf den da noch WM-Führenden Vettel neuen Schwung. Vettel konnte Hamilton nicht länger hinter sich halten, und am Ende war es der Brite, der sich zum fünffachen Weltmeister krönte.

Vettels erster Fehltritt seiner Formel-1-Karriere war das aber nicht. Auch ein vierfacher Weltmeister ist nicht gegen Missgeschicke gefeit. Motorsport-Magazin.com hat die fünf größten davon zusammengetragen.

5: Japan 2007 - Ein ganz bitterer Beigeschmack

Sebastian Vettel kam 2007 beim US GP unerwartet zu seinem Formel-1-Debüt, als er bei BMW Sauber für den verletzten Robert Kubica einsprang. Seine beeindruckende Vorstellung führte dazu, dass er von seinen Förderern Red Bull wenig später ein Cockpit bei Toro Rosso erhielt. Vettel zeigte auch dort mit starker Pace auf, doch sein Übereifer mündete bald im ersten verhängnisvollen Fehltritt. In Japan roch es bei monsunartigem Regen zunächst nach einer Sensation. Vettel lag nach Rennhälfte an dritter Stelle, hatte kurz zuvor als zu diesem Zeitpunkt jüngster Pilot der Geschichte einen Grand Prix angeführt.

Webber vor Vettel: Da war die Welt in Fuji noch in Ordnung, Foto: Sutton
Webber vor Vettel: Da war die Welt in Fuji noch in Ordnung, Foto: Sutton

Zusammen mit Red-Bull-Pilot Mark Webber auf Platz zwei lag ein Doppelpodium der beiden Red-Bull-Teams in der Luft - bis Vettel dem Arbeitskollegen ausgerechnet während einer Safety-Car-Phase ins Heck krachte. Statt doppeltem Edelmetall gab es eine doppelte Nullnummer. Besonders übel: Webber hatte sich aufgrund einer Lebensmittelvergiftung schon gegen Rennbeginn in seinen Helm übergeben. Der Verlust des Top-Resultats war dadurch noch bitterer.

4: Türkei 2010 - Kampf der Alpha-Bullen

Zwei Jahre später wurden Webber und Vettel bei Red Bull Teamkollegen. Das nach dem Vorfall in Fuji bereits angesäuerte Verhältnis zwischen den beiden sollte im Machtkampf innerhalb des Teams endgültig eskalieren - auch, weil Vettel den nächsten Bock schoss. Mit dem RB6 kämpften 2010 beide erstmals um die WM. Beim siebten Rennen in Istanbul waren Webber und Vettel auf Doppelsieg-Kurs. Dahinter kamen die WM-Rivalen Lewis Hamilton und Jenson Button in ihren McLaren dem Duo immer näher, weshalb Vettel begann, zu Webber aufzuschließen.

Webber vs. Vettel in der Türkei - da war die Welt gar nicht mehr in Ordnung, Foto: Bridgestone
Webber vs. Vettel in der Türkei - da war die Welt gar nicht mehr in Ordnung, Foto: Bridgestone

Webber bat das Team, Vettel einzubremsen, doch der Antrag wurde abgelehnt. Anders als Vettel war Webber in der 40. von 58 Runden in den Spritsparmodus gewechselt. Es kam wie es kommen musste: Vettel attackierte beim Run auf Kurve 13. In der Anbremsphase zog er plötzlich rüber, obwohl Webber außen auf gleicher Höhe neben ihm fuhr. Vettels Rennen war nach dem Crash an Ort und Stelle vorbei. Einsicht? Fehlanzeige. Gleich nach dem Aussteigen zeigte Vettel dem Teamkollegen für alle Welt sichtbar den Vogel.

3: Belgien 2010 - Vettel schießt sich einen Weltmeister

Istanbul war noch nicht vergessen, da knallte es schon wieder. Diesmal aber nicht mit Webber. In Spa-Francorchamps kämpfte Vettel mit Button um die zweite Position. In der 16. Runde attackierte Vettel bei der Anfahrt auf die Bus Stop mit einem ungestümen Manöver. Button verteidigte die Innenbahn konsequent, doch Vettel schien es zunächst trotzdem innen versuchen zu wollen.

Der Zweikampf Vettel/Button ging in Belgien 2010 schief, Foto: Bridgestone
Der Zweikampf Vettel/Button ging in Belgien 2010 schief, Foto: Bridgestone

Just in diesem Moment erreichten beide den Bremspunkt für die Passage. Vettel realisierte dass kein Platz war und versuchte nach außen auszuweichen, verlor auf der Bremse jedoch die Kontrolle. Der dabei entstandene Gegenpendler schickte ihn geradewegs in die linke Flanke des McLaren, womit er Button aus dem WM-Kampf schoss. Wies dieser vor dem Rennen nur 14 Punkte Rückstand auf die WM-Führung auf, waren es danach 35. Vettel konnte weiterfahren, wurde von der Rennleitung aber mit einer Durchfahrtsstrafe belegt - mal wieder. Schon ein Rennen zuvor in Budapest wurde Vettel bestraft, weil er während einer Safety-Car-Phase über zehn Autolängen auf das Führungsfahrzeug hatte abreißen lassen.

2: Deutschland 2018 - Albtraum vor heimischer Traumkulisse

Die Rückkehr der Formel 1 auf den Hockenheimring schien 2018 ein wahres Märchen zu werden. Erstmals seit der Ära Michael Schumachers war das Motodrom wieder ausverkauft und Sebastian Vettel im Begriff, in die Fußstapfen seines Freundes und Jugend-Idols zu treten. Am Samstag stellte er den Ferrari auf die Pole, während Titelrivale Lewis Hamilton aus den Untiefen des Mittelfeldes starten musste.

In Hockenheim 2018 musste Vettel vor Heimpublikum aufgeben, Foto: Sutton
In Hockenheim 2018 musste Vettel vor Heimpublikum aufgeben, Foto: Sutton

Die Geschichte vom ersten Vettel-Sieg in Hockenheim war mit dem gewonnenen Start beinahe schon geschrieben - bis 20 Runden vor der Zielflagge der Regen kam. Vettel führte zunächst noch komfortabel, doch in der 51. Runde der Schock: Die TV-Kameras zeigen ihn im Kiesbett. Sofort ist klar: Vettels Rennen ist vorbei. Der Traum vom Heimsieg endete, weil er sich auf der feuchten Strecke im falschen Moment einen kleinen Fehler erlaubte. Für den in jeder anderen Kurve kleinen und unbedeutenden Rutscher gab es in der Sachskurve keine Vergebung. Es war der bisher wohl bitterste Fehler in Vettels Karriere.

1: Baku 2017 - Der Schatten auf Vettels Erfolgsstory

Es war sicher nicht der folgenschwerste Fehler, doch zweifelsohne seine schwerste Missetat in der Formel 1: Der Skandal-Rammstoß gegen Hamilton beim Großen Preis von Aserbaidschan 2017. In einer Kurzschlussreaktion war Vettel seinem WM-Rivalen nach einem vermeintlichen Bremstest während einer Safety-Car-Phase längsseits ins Auto gefahren. Die Rennleitung sprach für das Revanchefoul lediglich eine Stop-and-Go-Strafe aus - eine äußerst milde Strafe.

Zwischen Hamilton und Vettel kam es in Baku 2017 zur Konfrontation, Foto: Sutton
Zwischen Hamilton und Vettel kam es in Baku 2017 zur Konfrontation, Foto: Sutton

Durch Hamiltons Technik-Pech kam Vettel am Ende sogar noch einen Platz vor seinem Rivalen ins Ziel. Sportlich hatte dieser Fehltritt keine Konsequenzen für Vettel. Dafür wird er auch lange nach seinem Karriereende der Schatten auf seiner Erfolgsgeschichte sein. Senna wurde sein Racheakt gegen Prost 1990 in Japan nie vergessen. Auch Schumachers Karriere war durch seine Manöver gegen Hill 1994 in Adelaide und gegen Villeneuve drei Jahre später in Jerez befleckt. Vettel wird kaum das Glück haben, dass die Welt seinen größten Fehler vergisst.

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