Eigentlich wollte die FIA bis zum Formel-1-Rennen in Brasilien Klarheit schaffen, doch der Streit zwischen Ferrari und Mercedes geht auch in Sao Paulo weiter. Erneut geht es um die Legalität der Mercedes-Felgen, genauer gesagt um die Distanzscheiben dahinter.

In die Distanzscheiben wurden kleine Löcher gebohrt, um die Wärme besser abzuleiten. Durch die vergrößerte Oberfläche entsteht eine bessere Kühlung, ein einfaches Prinzip. Mercedes geht es darum, die Felge durch die heiße Bremse nicht zu stark aufzuheizen.

Über die Felge wird auch der Reifen erhitzt, was auf den meisten Kursen nicht erwünscht ist, weil dann das Reifenmanagement zu einem Problem wird. Die Pirelli-Pneus reagieren sehr sensibel auf Überhitzung.

Ferrari vs. Mercedes: Aero oder Kühlung?

Ferrari allerdings stört sich an der Distanzscheibe. Sie sehen die primäre Aufgabe der Löcher nicht in der Kühlung, sondern werfen Mercedes vor, die Löcher aus aerodynamischen Gründen angebracht zu haben. Weil die Distanzscheibe zusammen mit dem Rad rotiert, würde es sich dabei um ein aerodynamisch bewegliches Teil handeln, was laut Artikel 3.8 des Technischen Reglements verboten wäre.

Schon vor dem USA GP beschäftigte sich die Technik-Abteilung der FIA mit der Felgen-Thematik. Der Automobilweltverband sah kein Problem darin, was Ferrari aber nicht davon abhielt, die Lösung weiter anzuzweifeln.

Weil die FIA-Interpretation keine bindende Entscheidung ist, ging Mercedes in Mexiko auf Nummer Sicher und fragte bei den zuständigen Stewards nach ihrer Meinung. Die schlossen sich der Meinung der Technik-Abteilung der FIA an, machten aber zwei Einschränkungen: Erstens beziehe sich ihre Interpretation auf das exakt vorliegende Design, schon minimale Änderungen müssten noch einmal gesondert betrachtet werden, zweitens müsse der Sachverhalt an jedem Wochenende von den zuständigen Stewards erneut entschieden werden.

Legt Ferrari Protest wegen Mercedes-Felge ein?

Keine Einfache Situation für Mercedes: Theoretisch könnte Ferrari nach dem Rennen noch immer Protest einlegen. Dann könnte die Sache wie der Haas-Unterboden von Monza vor dem FIA-Gericht entschieden werden. Die Erfolgschancen eines Protests wären gering, aber Mercedes wäre nicht auf der sicheren Seite. Mercedes verzichtete in Austin und Mexiko deshalb auf den Einsatz des fraglichen Bauteils.

Um Klarheit in der Sache zu schaffen, wollte die FIA nach dem Mexiko GP eigentlich an einer Technischen Direktive arbeiten. Eine solche Technische Direktive gibt es immer dann, wenn das Reglement Interpretationsspielraum lässt. Die Direktive gilt dann als bindende Vorschrift.

Doch die Teams bekamen vor dem Brasilien GP keine Post von Rennleiter Charlie Whiting. Weil die Agenda der Technsichen Arbeitsgruppe zwischen den Rennen gut gefüllt war, gab es keine Zeit mehr, das Felgen-Problem zu bearbeiten. Die Diskussionen wurden auf die nächste Saison vertagt.

FIA verspricht: Technisches Reglement 2019 wird genauer

Doch die FIA sieht darin kein Problem, auch weil lediglich ein Team - Ferrari - ihrer Interpretation widerspricht. Für 2019 soll deshalb das Technische Reglement noch einmal ergänzt werden, um Klarheit zu schaffen. Die Position der FIA für die beiden verbleibenden Rennen 2018 ist klar, deshalb hält man die Situation für tragbar.

Neben den unfassbar komplexen Regeln für die neuen Frontflügel droht das Technische Reglement 2019 damit weiter zu wachsen. Die Löcher sind nicht das einzige Thema bei den Felgen. Auch über die Symmetrie wird diskutiert. Eigentlich sollen Felgen auf der linken und rechten Seite identisch sein. Allerdings drehen sich die Räder in unterschiedliche Richtungen, weshalb aerodynamische Elemente teilweise gespiegelt werden.

Für Mercedes bedeutet die Verschiebung der Klarstellung trotzdem, dass man weiterhin nicht ganz auf der sicheren Seite ist und etwas in der Luft hängt. Eine nicht optimale Situation. Ob die Distanzscheiben zum Einsatz kommt, ist nicht klar.