Lewis Hamilton begeisterte mit seiner Runde zur Pole Position im Qualifying der Formel 1 in Singapur die Massen. Eine 1:36.015 Minuten brannte der amtierende Weltmeister auf den Asphalt. Sektorenbestzeiten in allen Abschnitten. Dass diese Bereiche gerade für Mercedes auf deren jahrelanger Angststrecke möglich sein würden, damit hatte niemand gerechnet.

Nicht einmal die Silberpfeile selbst. "Wir wussten genau, zu welchen Zeiten dieses Auto in den Sektoren in der Lage war", erinnert sich Toto Wolff an einen heute ganz besonderen Moment am Kommandostand. "Als dann diese lilafarbenen Zeiten aufgetaucht sind, war es surreal. Das waren seine Fähigkeiten."

Wolff fassungslos: Zum ersten Mal selbst am Hamilton-Funk

Für den Teamchef purer Magie. "In der Formel 1 funktioniert der Mensch nicht ohne Maschine und die Maschine nicht ohne Mensch. Aber heute war es Teamwork", sagt Wolff zwar noch. Doch weiß der Österreicher ganz genau, wer in der Stadt des Löwen den Löwenanteil beitrug: der Weltmeister. Lewis Hamilton.

"Ich denke, dass es heute von Lewis' Seite die epischste Runde war, die ich je von ihm gesehen habe", schwärmt Wolff. Und das soll was heißen. Bei nun schon 79 Pole Positions in der Formel 1 für den Briten. Wolff war derart aus dem Häuschen, dass er zum ersten Mal überhaupt höchstpersönlich seinem Star ins Cockpit funkte, nicht Peter Bonnington, nicht James Vowles. "Ich melde mich nie am Funk, aber heute habe ich es getan. Denn so etwas habe ich noch nie gesehen", erklärt Wolff.

Bottas-Pace bestätigt besonderen Hamilton-Faktor

Dass es am Ende einmal mehr der Faktor Hamilton war, der das Mercedes-Wunder in Singapur endlich möglich machte, führt auch die Performance des zweiten Silberpfeil vor Augen. Für Valtteri Bottas reichte es nur zu Platz vier. Mit fast sieben Zehnteln Rückstand auf Hamilton. Eine Demontage.

Doch Bottas bestreitet, wirklich so viel langsamer gewesen zu sein. Seine Runde sei durchaus konkurrenzfähig gewesen. "Ich denke, meiner Runde fehlte vielleicht etwas, aber nicht sechs oder sieben Zehntel", meint der Finne. "Ich muss erst noch verstehen, warum die Lücke derart groß war. Denn im dritten Training, im Q1 und auch im Q2 war es noch eng zwischen uns und dann konnte er sich plötzlich viel mehr verbessern", sagt Bottas. "Aber es war auch eine großartige Runde von Lewis."

Bottas grübelt: Runde nicht so schlecht, muss das verstehen

Einen Verdacht führte Bottas zwar an, doch hatte den zuvor auch Lewis Hamilton schon für sich beansprucht: Mangelnde Möglichkeiten, sich mit dem Hypersoft einzuschießen, weil Mercedes in Singapur sehr konservativ gewählt hatte. "Das wichtigste auf dieser Strecke ist - wie auf jedem Straßenkurs - Vertrauen. Je mehr Runden du mit dem Quali-Reifen fahren kannst, desto besser. Die Reifenvorbereitung hätte etwas besser sein können", sagt Bottas. "Aber das war auch nicht der Schlüssel", relativiert der Finne gleich wieder. "Es war bei vielen anderen ziemlich ähnlich."

Am Ende bleibt Bottas damit wie so oft in der letzten Zeit; nur die Freude über den Teamerfolg insgesamt. Gerade in Singapur. "Es ist auf jeden Fall besser als letztes Jahr. In den langsamen Kurven ist es noch immer knifflig auf der Hinterachse, aber besser als im letzten Jahr. Die Pole zeigt, dass auch wir hier ein konkurrenzfähiges Auto hinstellen können."

Wolff lobt Team: Richtige Schlüsse aus harter Zeit

Auch diese Leistung lobte Toto Wolff nach seinem Jubelsturm über Hamilton. "Ich muss auch den Hut ziehen vor der Arbeit in Brackley und Brixworth, das Auto und den Moto für dieses Rennen vorzubereiten. Es ist mit Monaco unsere schwächste Strecke, hier waren wir in der Vergangenheit nicht konkurrenzfähig. Aber jetzt haben wir die richtigen Schlüsse gezogen", lobt Wolff.

"Das Team hat auf jeden Fall schon einmal für das Qualifying einen entscheidenden Schritt gemacht. Wieder haben uns harte Erfahrungen der Vergangenheit den Weg gewiesen."