Lewis Hamilton war bei seinem Sieg im elften Rennen zur Formel-1-Weltmeisterschaft 2018 auf dem Hockenheimring mehr als glücklich. Beim vierten Saisonsieg spielten dem Weltmeister selbst die widrigsten Umstände in die Karten. Die Geschenke vom Wettergott und von WM-Rivale Sebastian Vettel nahm Hamilton danken an. Am Ende wurde es für ihn aber doch noch einmal eng. Ein Regelverstoß hätte ihm am grünen Tisch um ein Haar noch den Sieg gekostet.

Hamilton war in der Safety-Car-Phase nach Sebastian Vettels Fahrfehler von den Mercedes-Strategen angewiesen worden zum Reifenwechsel an die Box zu kommen. Der Brite befand sich bereits in der Boxeneinfahrt, als er sich dazu entschloss der Anweisung nicht Folge zu leisten. Hamilton steuerte seinen Boliden über die durchgezogene Linie und den Grünstreifen am Boxeneingang zurück auf die Strecke.

"Es waren die konfusesten eineinhalb Sekunden. Es hieß: 'fahr links, fahr rechts'. Ich bin einfach langsam geworden, über das Gras gefahren und so langsam wie möglich auf die Strecke zurück", erklärte Hamilton die Situation im Nachhinein. "Ich dachte ich würde draußen bleiben, denn ich war mit meinen Reifen glücklich. Dann riefen sich mich rein."

Hamilton begeht klaren Regelverstoß in der Boxeneinfahrt

Obwohl die Szene bereits im Rennen Fragen aufwarf, leitete die Rennleitung erst nach der Zielflagge die Untersuchung ein. Hamilton wurde von den Offiziellen der Bruch von Appendix L Kapitel IV Artikel 4 (d) des Internationalen Sporting Code der FIA vorgeworfen. 2016 in Baku war Kimi Räikkönen hierfür mit einer Zeitstrafe von fünf Sekunden belegt worden. Angesichts von nur viereinhalb Sekunden Vorsprung auf Valtteri Bottas drohte somit der Verlust des Sieges.

Anders als im Fall des Iceman entschieden die Stewards bei Hamilton jedoch nur auf eine Verwarnung. Zwar bestand kein Zweifel daran, dass der Silberpfeil-Pilot die Regelwidrigkeit begangen hat - die Umstände machten in den Augen der Stewards Shetty, Stringwell und Salo jedoch den Unterschied. Nach Sichtung des Videomaterials befanden sie, dass Hamiltons Manöver aus folgenden Gründen nicht mit einer Strafe zu belegen ist.

FIA spricht Hamilton frei: Keine Gefährdung dargestellt

Erstens erläuterte Mercedes nachvollziehbar die Gründe für die Situation: "Der Fahrer und das Team räumten offen den Fehler und die Tatsache ein, dass es Verwirrung darüber gab, ob man draußen bleibt oder an die Box kommt, welche zum Regelbruch führten."

Des Weiteren spielte es ein Rolle, dass Hamiltons Aktion während einer Safety-Car-Phase und nicht unter Rennbedingungen stattfand. Dies sorgte für mildernde Umstände. Für den unter dem Strich entscheidenden Faktor sorgte Hamilton aber mit der Art und Weise wie er sein Auto in dem Moment bewegte selbst.

"Es bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung für einen der anderen Teilnehmer und der Richtungswechsel wurde auf eine sichere Art und Weise durchgeführt", befanden die Stewards. "Ich war mit ihnen zu 100 Prozent ehrlich", so Hamilton über die Anhörung, die er sich gerne gespart hätte: "Es war wirklich ein emotionaler Tag. Niemand geht gerne zu den Stewards, sie haben wirklich einen schwierigen Job."

Formel-1-Rennleiter Charlie Whiting erklärt Unterschiede im Hamilton-Fall

Die Entscheidung gegen eine Strafe konnte nicht jeder nachvollziehen. Dass die Linie am Boxenausgang laut Reglement eigentlich in keine Richtung überfahren werden darf, steht eigentlich außer Frage. Rennleiter Charlie Whiting klärte die Sachlage gegenüber Motorsport-Magazin.com auf: "Wir wollen sicherstellen, dass die Fahrer nicht auf eine gefährliche Art und Weise in die Boxengasse rein- oder rausfahren."

"Wenn sie in die Box fahren wollen wir vermeiden, dass sie erst in letzter Minute abbiegen. Deshalb gibt es den Poller", so Whiting weiter. Was das anging machte Hamilton nichts falsch. Er fuhr regelkonform auf der rechten Seite am Poller vorbei in die Boxeneinfahrt. "Es ist aber weniger klar, ob es gefährlich ist wenn ein Fahrer sich dazu entscheidet abzubrechen nachdem er am Poller vorbei ist und die Linie in die andere Richtung kreuzt", fügt Whiting an.

Auch dafür, dass die Rennleitung den Fall erst so spät nach dem Rennen behandelte und die Anhörung mit Mercedes und Hamilton einberief, hatte Whiting eine Erklärung: "Wir wollten uns die Zeit einfach nehmen, denn wenn du ein Team einberufst solltest du dafür einen guten Grund haben. Deshalb wollten wir bis nach dem Rennen warten, um es uns im Detail anschauen zu können."

Während des Rennens war dafür schlichtweg keine Zeit mehr. "Wir waren ziemlich nah am Rennende und mit all dem Regen und dem Gewitter konnten wir uns es erst anschauen, als sich alles etwas beruhigt hatte", sagte Whiting.

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